Prüfung mit Knopf im Ohr: Lernen für die Ortskunde scheint bei manchen Dortmunder Taxifahrern nicht nötig gewesen zu sein. 500 Euro und eine entsprechende Ausrüstung halfen auch ohne Wissen durch die Prüfung.
So zumindest will es die Zeitung „Ruhr Nachrichten“ herausgefunden haben. Sie beschreibt in ihrer Ausgabe vom 4. Juni 2019 ausführlich die Methodik, nach der sich angehende Taxifahrer durch die Dortmunder Ortskundeprüfung gemogelt haben: Der Prüfling hat nach außen hin einen unsichtbaren Funkkopfhörer tief im Ohr, mit dem er via Bluetooth mit einem Helfer von außen verbunden ist.
Bei der Prüfung muss der angehende Taxifahrer nun bestimmte Fahrtstrecken von einem Startpunkt A zu einem Zielpunkt Z beschreiben. Die Stadt als Prüfungsstelle greift dazu auf ein Repertoire von 100 definierten Strecken zurück. Dieser Pool an Fragen existiert seit Jahren und ist frei zugänglich.
Hat die Prüfung begonnen, liest der Komplize draußen alle Startpunkte vor. Steht eine vorgelesene Startstraße auf dem Prüfungsbogen, gibt der Prüfling ein vorher vereinbartes Signal (kurzes Husten oder auf den Tisch klopfen). Daraufhin liest der Hintermann die komplette Streckenfolge dieser Aufgabe vor. 500 Euro soll die Lesestunde angeblich kosten.
Etwas unternehmen könne man gegen diese Tricks nicht, gesteht ein Sprecher der Stadt Dortmund gegenüber den Ruhrnachrichten. Weder dürfe man im öffentlichen Raum Störsender nutzen noch Leibesvisitationen durchführen. Und selbst wenn man einen Prüfling bei einem Täuschungsversuch erwische, gelte das rechtlich nicht einmal als Ordnungswidrigkeit, geschweige denn als Straftat. Der Kandidat würde zwar aus der aktuellen Prüfung ausgeschlossen werden, dürfe sich aber sofort wieder zum nächsten Versuch anmelden.
Im Beitrag der Ruhrnachrichten kommt dazu auch die Dortmunder Taxigenossenschaft zu Wort. Man führe bei allen Funkteilnehmern eigene Ortskundeprüfungen durch, bei denen 40 Prozent derer durchfallen würden, die zuvor noch die Prüfung bei der Stadt bestanden hätten, berichtet eG-Vorstand Dieter Zillmann der Zeitung. Wer die Prüfung zweimal nicht schaffe, dürfe nicht für die Genossenschaft an der Funkvermittlung teilnehmen. Das wären dann die Kollegen, die als Alternative am Bahnhof oder Plätzen mit hoher Einsteigefrequenz warten würden. Und wo es dann zu jener Situation kommen kann, die in den Ruhrnachrichten ganz zu Beginn beschrieben wird: „Du Navi eingeben, ich fahren.“ jh
Anmerkung der Redaktion: Mag ja sein, dass es rechtliche Hürden hinsichtlich der Kontrollen für eine Behörde gibt. Aber niemand verbietet dem Amt, nach vielen Jahren einfach mal neue Strecken zu erarbeiten. Oder auch den Pool an Fragen zu verdreifachen. Dann dauert schon das Vorlesen der Startpunkte länger als die Prüfung selbst.
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