Das „Future of Mobility Lab“ der Unternehmensberatung Arthur D. Little brachte Mitte Januar einen Bericht mit dem Titel „On-Demand Mobilität überdenken“ heraus, in dem nicht nur dem Taxigewerbe geraten wird, wie es sich zu verhalten hätte, um „relevant“ zu bleiben. Auch der Politik wird geraten, dass eine „angemessene“ Regulierung zu beachten sei.
Über 24 Seiten beleuchtet der Bericht, in dem sich die im Februar 2019 vom BMVI herausgegebenen Eckpunkte fast ausnahmslos wiederfinden, was sich – aus Interessensicht der Konzerne – alles verändern müsse. Für das Jahr 2017 schätzte man das Marktvolumen des E-Hailing, also der appbasierten Vermittlung von Beförderung auf 61 Milliarden US-Dollar, für 2030 prognostiziert man eine Steigerung auf 281 Milliarden US-Dollar.
Der weiteren Ausbreitung von E-Hail-Plattformen stünden z.B. die lokal unterschiedlichen Strukturen und Gesetzgebungen im Wege und ein profitables Wirtschaften würde beispielsweise durch hohe Kosten für Markteroberung verhindert.
Grundannahme des Berichtes, der die Lage weltweit betrachtet, auch wenn er von „Arthur D. Little Germany“ herausgegeben wurde, ist es, dass „On-Demand“-Plattformen die städtische Mobilitätslandschaft bereits für immer verändert hätten und sich nun alles vorher schon Dagewesene anzupassen hätte, sei es die Politik oder die Taxibranche.
Der Taxibranche wird geraten, sich „neu zu erfinden“, um im Geschäft zu bleiben. Das wird auch konkretisiert: Entweder solle man eine „interne“ Lösung anstreben und sich an den E-Hail-Plattformen orientieren, also eine App an den Start bringen, in welche dann alles, was MaaS (gemeint sind Mobilitätslösungen als einheitlichen Service) zu bieten hat, zu integrieren sei: Car-Sharing, E-Scooter, E-Bikes etc..
Natürlich sollten auch die Tarife freigegeben werden, um den Kunden attraktive Angebote machen zu können und somit die Kundenbindung zu stärken. Der Einfachheit halber könne man sich als Taxiunternehmer auch gleich einer E-Hail-Plattform anschließen.
Einige Seiten vorher wird erwähnt, dass die E-Hail Plattformen, die an Taxis Aufträge vermitteln, nicht so gut verdienen würden, da hier Provisionen in Höhe von 10-15 Prozent üblich seien im Gegensatz zu 20-30 Prozent bei Mietwagen, TNC‘s, VTC‘s.
Die Behörden werden „dringend aufgefordert, die geeigneten rechtlichen Rahmenbedingungen zu ermitteln“, und zwar um „diese neue Welle von Mobilitätslösungen auf Abruf zu ermöglichen“. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, klingt eine Drohung an: Werden „Störungen in der hochgradig regulierten Welt der Mobilität nicht angemessen gehandhabt, könnte dies zu einem allumfassenden Krieg führen“, wohingegen eine kluge Handhabung „zu einer neuen Art von Frieden“ führen würde.
Eine brennende Frage sei auch, inwieweit „Mobilität auf Abruf“ den öffentlichen Verkehr positiv ergänzen oder ersetzen könne. Als positives Beispiel wird der BerlKönig erwähnt, der „die weltweit größte öffentliche On-Demand-Flotte (185 Fahrzeuge) mit mehr als 50% Elektrofahrzeugen“ betreiben würde. ys
Anmerkung der Redaktion: Gerade das Beispiel Berlkönig zeigt, dass die Studie ein argumentatives Rosinenpicken betreibt. Berlkönig ist rein rechtlich gesehen ein Verkehr, der für einen begrenzten Zeitraum erprobt wird. Bei Arthur D. Little wird er jedoch als öffentliches Verkehrsmittel gepriesen.
Auch die Nähe zu den Scheuerschen Eckpunkten wirkt befremdlich, konnte die Aufklärungsarbeit des letzten Jahres doch mehr als deutlich machen, dass es aus „Bürgersicht“ dringend geboten ist, das bestehende PBefG zu erhalten, für dessen Umsetzung zu sorgen und auch den Grundgedanken der Trennung von Taxi und Mietwagen zu präzisieren.
Insgesamt darf man die Studie als eine „Fortführung“ des Ratsschlags der Unternehmensberatung Oliver Wyman ansehen. Diese hatte im Herbst letzten Jahres der Autoindustrie empfohlen, eine konsequente Transformation vom Produkt- zum Serviceanbieter anzustreben, etwa durch Aufbau einer Plattform, in die alle Verkehrsmittel einbezogen würden. Auch, so hieß es, müssten die Autohersteller die Kompetenzen aufbauen, die „andere Mietwagenfirmen“ schon mitbrächten.
Zur korrekten Einordnung der Studie sei auf die Firmenphilosophie des Unternehmens hingewiesen: Schwerpunktthemen von Arthur D. Little seien laut Wikipedia Strategie, Innovation und Transformation. Das Unternehmen veröffentlicht keinerlei Informationen über ihre Kunden, allerdings ist es kein Geheimnis, dass in Deutschland ein Großteil der DAX-Konzerne zum Kundenstamm gehört, möglicherweise also auch Daimler, BMW und VW.
Symbolfoto: José-Manuel Benitos via Wikimedia Commons
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Das klassische Taxigewerbe ist tot , verloddert ausgeblutet und den Konzernen per Ausnahmeregelungen zum Fraß vorgeworfen. Es ist erschreckend zu sehen, was sich hier alles tummelt . Ein reines Testfeld ohne Regeln und der Leidtragende ist der Kunde.
Was ist bitte schön „New Mobility“?
Ausser daß es Denglish oder auch genannt Neudeutsch ist.
Ein Fuß vor den anderen? Mit dem Auto zum Arzt? Mit Bus und U-Bahn, S-Bahn Trambahn zur Arbeit oder in den Sportverein?
Dieses ganze Wortgeklingel der Beraterbranche ist nichts als altbekannte Methode, das eigene Geschäft voranzubringen.
Schauen Sie einfach mal in die einschlägigen Untersuchungen zur Effektivität von Beraterfirmen.
Die „Big Four“ sind ja vor allem damit beschäftigt, sich gegenseitig auszubooten und weiter ihre neoliberale Ideologie zu verbreiten.
An die Unternehmensberatung Arthur D. Little:
Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, handelt es sich bei den meisten, von Unternehmensberatungen vorgeschlagenen Lösungen zur Veränderung und/oder Anpassung des beratenden Unternehmens an sich veränderte Märkte zu 90% leider nur um völlig belangloses Gesabber von Menschen, die der Meinung sind, nur Sie allein häten die Weisheit mit dem Schaumlöffel gefressen!
Selbst wenn sich die Beratung solcher Unternehmen auf die Beratung von rein innerbetrieblichen Problemen bezieht (Stichwort Rationalisierung), hat dies in der Vergangenheit nur dazu geführt, dass der Gewinn der von der Beratung betroffenen Unternehmen nur dadurch erhöht werden konnte, in dem Personal abgebaut wurde. Begonnen wurde dabei bei den am längsten sich im Betrieb befindenden Personal, weil die ja auch meist am längsten für den Betrieb tätig waren und somit die höchsten Lohnkosten erzeugten.
Nachdem dieser Prozess abgeschlossen war, wurde der Betrieb technisch „modernisiert“ und aufgerüstet, was aber nur mit zum Teil erheblichen finanziellen Mitteln möglich war. Um diesen Finanzaufwand dann aber wieder entsprechend den Gewinnvorgaben kompensieren zu können, wurde dann wiederum Personal entlassen, dass ja bedingt durch diese Rationalisierungsmaßnahmen jetzt nicht mehr benötigt wurde.
Nachdem man nun auch diese Maßnahmen abgeschlossen hatte, stellten dann einige Betrieb zu ihrer verwunderung fest, dass Sie schon mit der ersten Maßnahme fast ihr gesamtes Human Kapital und damit ihren jahrelang aufgebauten Erfahrungsschatz durch diese Entlassungen verloren hatten. Netzwerke, die sich zwischen Käufern und Verkäufern über Jahre hinweg aufgebaut und funktioniert hatten, waren plötzlich nicht mehr da. Es kam zu Lieferengpässen, Fehleinkäufen usw. So ein Scheiß aber auch.
Gleichzeitig sank aber durch die vorgenommenen technischen Rationalisierungsmaßnahmen und den damit verbundenen Entlassungen die Produktivität im Betrieb ganz allgemein, weil die Belastung für den einzelnen Arbeitnehmer nicht unerheblich gestiegen war. Das führte dazu, dass man wieder neues Personal einstellen musste, was wiederum erneut Kosten für den betroffenen Betrieb bedeutet hat. Mist aber auch.
Ergebnis: Die Investitionsgüterindustrie hat in dieser Zeit gutes Geld verdient, die Produktion der meisten Güter ist auf dem technisch aktuellen Stand, der Betreib aber selber hat durch die damit einhergehende Entlassungswelle nicht nur eine Menge an Know How und Human Kapital verloren, sondern auch an Produktivität und damit an Profitabilität verloren. Also ganz klar: Ziel zum größten Teil verfehlt, dafür aber eine Menge Arbeitslose produziert, für die die Allgemeinheit jetzt aufkommen muss.
Es gab einmal den Spruch: Willst Du einen Betrieb ruinieren, verkauf ihm SAP. Das sagt doch leider schon alles über den sogenannten Beratermarkt aus.
Unternehmensberater, und solche, die der Meinung sind, Sie wären welche, produzieren i.d.R. nur „heiße Luft“, denn Sie kochen auch nur mit Wasser. Eines muss man Ihnen aber dabei neidlos lassen: Sie verstehen es hervorragend, diese „heiße Luft“ sehr gut zu verkaufen.
Wirkliche Marktinnovationen und damit einhergehende -veränderungen liefert in allen Lebensbereichen nur einer und das ist die Forschung.