Die Kündigung dreier Landesverbände hatte Ende Juni für Aufregung gesorgt. In einem Infobrief an alle Mitglieder haben fünf der sechs Vorstandsmitglieder des Bundesverbands nun zu den einzelnen Kritikpunkten Stellung bezogen.
Der Streit um bestimmte inhaltliche Positionen schwelte schon länger. In erster Linie ging es dabei um unterschiedliche Ansichten zur Forderung einer Vorbestellfrist sowie zur gemeinsamen Erklärung des Bundesverbands Taxi und Mietwagen (BVTM) mit Moia, CleverShuttle und ViaVan. Diese habe bei der Fachvereinigung Taxi und Mietwagen des Niedersächsischen Gesamtverbands das „Fass zum Überlaufen gebracht“ und letztlich zur Kündigung geführt, wie man in einer Presseerklärung schilderte.
Der Vorwurf an den Verbandsvorstand lautete, dass man mit Wettbewerbern gemeinsame Sache gemacht hatte, indem man sich als Bundesverband für eine eigenständige Regelung des Poolingverkehrs ausgesprochen hatte, während Moia und Co im Gegenzug die geforderte Vorbestellfrist begrüßten. An letzterer kritisierte man, dass sie der Höhepunkt einer Gewerbepolitik gewesen sei, die sich „einseitig und teilweise bewusst gegen die Belange der Unternehmen in den Flächenländern“ richten würde. Der Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer sowie die Fachvereinigung Personenverkehr haben bei ihrer Kündigung ähnliche Gründe geäußert, allerdings ohne damit an die Presse zu gehen.
Der mit diesen Vorwürfen konfrontierte Vorstand will das so nicht stehen lassen und hat im besagten Mitgliederschreiben die Entwicklung der Verbandsposition sowohl zur Vorbestellfrist als auch zum privaten Pooling nachskizziert.
Erstere habe bereits im Frühjahr 2019 begonnen, als der Erweiterte Vorstand während der Frühjahrstagung des BVTM in Hamburg (damals hieß er noch BZP) mehrheitlich beschlossen hatte, dass der Verband die Einführung einer Karenzzeit für Mietwagenbestellungen gegenüber der Politik fordern solle. Ergänzend zur Karenzforderung wurde in Hamburg in einem weiteren Beschluss festgehalten, „dass der Vorstand darüber befinden möge, wann der geeignete Zeitpunkt gekommen sei, dies [also die Forderung nach einer Karenzzeit für Mietwagen] in die politische Debatte einzuführen.“
Man habe sich mit der Ausgestaltung dieser Forderung mehrfach innerhalb des Vorstands befasst, schildern fünf von sechs Vorstandsmitglieder in deren heutigen Brief. Dabei habe der Vorstand inklusive des Präsidenten zunächst im Juli 2019 die Einschätzung vertreten, dass man die Forderung nach einer Karenzeit noch zurückhalte, um keinen zusätzlichen Zündstoff in die damalige Diskussion um die Aufhebung der Rückkehrpflicht zu bringen. [Anmerkung der Redaktion: Zu diesem Zeitpunkt gab es klare Anzeichen, dass Verkehrsminister Scheuer die geplante Aufhebung der Rückkehrpflicht nicht würde durchsetzen können.] Wäre die Streichung der Rückkehrpflicht von der damals installierten Findungskommission allerdings wieder auf die Agenda gesetzt worden, hätte man postwendend die Forderung nach einer Karenzzeit formuliert.
Somit sei die Positionierung pro Karenzeit schon damals innerhalb des Vorstands einstimmig beschlossen worden, fassen die fünf Vorstände das damalige Procedere zusammen und belegen es durch Zitate aus den entsprechenden Sitzungsprotokollen. Auch der Ausschuss „Gewerbepolitik“ hatte dies in seiner Zusammenkunft im Dezember 2019 noch einmal bestätigt und empfohlen, „die Karenzzeit proaktiv in einem vom Vorstand zu bestimmenden, geeigneten Zeitpunkt in die politische Diskussion einzubringen.“ (Auszug aus dem Sitzungsprotokoll).
Jene Einführung in die politische Debatte erfolgte dann im März 2020. „Die Forderung nach Einführung einer Vorbestellfrist ist also kein Alleingang des Vorstands, sondern vielmehr die Umsetzung des satzungsgemäß zustande gekommenen Beschlusses des Erweiterten Vorstands und der Empfehlung des Ausschusses für Gewerbepolitik“, stellt der Vorstand zusammenfassend in seinem Brief klar.
Ähnlich ausführlich wie zur Karenzzeit beschreiben die fünf Vorstände auch die Entwicklung der Verbandspositionierung zum Thema Pooling. Auch hier habe sich der Vorstand innerhalb der Leitlinien des erweiterten Vorstands bewegt. Schon bei der Verbandstagung im Frühjahr 2017 sei dort die Position festgelegt worden, dass Sammelverkehre besondere Regelungen erfordern. Dies wurde zwei Jahre später in Hamburg in einem Positionspapier noch einmal bekräftigt. Ride-Sharing müsse zukünftig im Personenbeförderungsgesetz explizit geregelt werden, lautete vor gut eineinhalb Jahren der Beschluss des Erweiterten Vorstands.
„Dass Pooling ein eigener Tatbestand im PBefG wird, entspricht der Beschlusslage des Erweiterten Vorstands und stellt keinen Alleingang des Vorstands dar“, lautet daher die Klarstellung im heutigen Mitgliederschreiben. „Dass im Gemeinsamen Appell mit den Pooling-Anbietern kommunal gesteuertes privates Pooling anerkannt wird, bewegt sich klar innerhalb der Leitlinien des Erweiterten Vorstands und folgt den Empfehlungen des Ausschusses für Gewerbepolitik. Auch dies stellt insoweit keinen Alleingang und auch keine Positionsverschiebung dar.“
Der Vorstand beruft sich in diesem Zusammenhang zudem auf ein Protokoll einer Sitzung im Juli 2019, in dem schon damals die Idee formuliert wurde, dass die Forderung nach einer Karenzzeit für Mietwagen am besten „von anderen Beteiligten wie zum Beispiel CleverShuttle geschehen würde.“ Genau dies sei mit dem gemeinsamen Appell umgesetzt worden.
Im dritten Punkt geht der Brief auf die personellen wie auch strukturellen Fragen ein, die im Streit neben den inhaltlichen Aspekten aufgerufen wurden. Die fünf Vorstände zeigen sich hier gesprächsbereit: „Wir werden auf die Kritiker zugehen und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen suchen. Wenn wir uns gemeinsam besser aufstellen können, dann sollten wir das tun.“
Den vermeintlichen Gegensatz von „den“ Landesverbänden und „den“ Großzentralen sehe man allerdings nicht. „Dies ist in unseren Augen eine unzutreffende Vereinfachung, die mit der Absicht vorgetragen wird, den Verband zu trennen statt zu einen. In nahezu jeder Debatte und in nahezu jeder (offenen) Abstimmung zu inhaltlichen Fragen finden sich Zentralen und Landesverbände auf beiden Seiten.“
Man gehe deshalb davon aus, dass es gemeinsam gelingen kann, gemeinsame Interessen auch gemeinsam zu vertreten. „Voraussetzung dafür ist in vielen Fällen ein Kompromiss in der Sache, aber auch das Anerkennen von Mehrheitsbeschlüssen, wo sie getroffen sind oder werden.“
Im Schlussabsatz des Briefes geben sich die fünf Vorstände kompromiss- und kampfbereit im Sinne der Sache: „Dieses Schreiben dient dazu, sie möglichst umfassend aufzuklären über das, was war und sie gleichzeitig zu informieren über die Schritte, die wir nun unternehmen, um wieder zurückzufinden zu einer gemeinsamen starken Stimme für unser Gewerbe. Den Dialog, der nun nötig ist, können wir als unterzeichnende Vorstände nur anbieten. Es ist unsere gemeinsame Herausforderung, dem Bundesverband wieder die Kraft zu geben, die es braucht um für unser Gewerbe zu kämpfen. Jeder einzelne ist dabei gefragt. Wir sind bereit, unseren Beitrag hierzu zu leisten.“ jh
Zur Erklärung: Der Erweiterte Vorstand des BVTM setzt sich aus den Vertretern der über 50 Mitgliedsorganisationen zusammen. Dies sind sowohl Taxizentralen als auch Landesverbände. Die Stimmanzahl der einzelnen Mitgliedsorganisationen ist unterschiedlich und bemisst sich – wie auch die Höhe des Mitgliedsbeitrags – anhand der Mitgliederstärke, die jeder Landesverband bzw. jede Taxizentrale einbringt. Laut Verbandssatzung erarbeitet der Erweiterte Vorstand die Leitlinien der Gewerbe- und Verkehrspolitik.
Der Vorstand des BVTM besteht aus dem Präsidenten (Michael Müller vom GVN), zwei Vizepräsidenten (Hermann Waldner von Taxi Berlin und Herwig Kollar von der Taxi Frankfurt eG) sowie vier Mitgliedern des „engeren Vorstands“. Letztere sind Roland Böhm aus Münster, Dennis Klusmeier aus Düsseldorf und Wolfgang Oertel aus Chemnitz. Der siebte Posten ist seit dem Rücktritt von Frank Kuhle aus München im Dezember 2019 vakant. Den in diesem Beitrag zitierten Mitgliederbrief haben die Vorstände Waldner, Kollar, Böhm, Klusmeier und Oertel unterschrieben.
Der Fachausschuss Gewerbepolitik setzt sich aus denjenigen Vertretern zusammen, die von den einzelnen Mitgliedsorganisationen in diese Arbeitsgruppe entsandt werden. Die mehrheitlich gefassten Beschlüsse des Ausschusses werden dem engeren Vorstand als „Empfehlung“ vorgelegt.
Wenn ich schon das Bild der Sesselpuper sehe, geht mir der Hut hoch…, die sehen doch nur zu, das sie ihre eigenen Angelegenheiten vorteilhaft klar bekommen und sich selbst beweihräuchern . Sekt und Häppchen als Grundnahrungsmittel. Kein Wunder das da viele Landesverbände die Schnauze voll haben und ihr eigenes ding machen
Seitens der Redaktion ist zu diesen Schlussfolgerungen dieses Lesers zu sagen, dass keiner der Landesverbände wegen Sekt und Häppchen gekündigt hat. Der Streit geht unserer Einschätzung nach um die Sache und nicht um Sozialneid. Wer Taxifunktionäre anhand eines Fotos als Sesselpupser identifiziert, muss aufpassen, dass er nicht gegen den Wind pinkelt…
Wichtige Schnellmeldung war das von euch, ihr hoffentlich nicht nach RECHTS politisierenden !
Ansonsten: Mir ist es unbekannt, WARUM Frank Kuhle ratzeputz zurücktrat. Bitte mitteilen, zumindest mir.
Danke und Gsund bleiben, denn Corona schleicht ums Taxi.
Bruno
Was das mit „rechts“ zu tun haben soll, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Zur Fage, warum Frank Kuhle aufgehört hat, sind wir gerne bereit, unseren Wissensstand und den unserer aufmerksamen Leser mit Ihnen zu teilen: https://taxi-times.com/kuhles-rueckzug-bleibt-unerklaert/
Mir ist einfach völlig unverständlich das in Zeiten in denen das Taxi Gewerbe praktisch dem Tode geweiht ist hier ewig diskutiert wird.
Jedem einzelnen müsste doch klar sein das kein Unternehmen mit einem anderen konkurrieren kann das in Deutschland keine Steuern zahlt oder sein Gewinne mit den Verlusten seiner Mutter Firma aufrechnet (DB )in dem z.B. es zu Preisen fährt die nicht einmal die Mindestlohn Anforderungen erfüllen. Warum legt man das Taxi und Mietwagen Gewerbe nicht einfach zusammen ein Preis ein Fiskal Taxameter und bei Sonderwünschen ggf. ein Zuschlag., all das wäre transparent für das FA. nachvollziehbar und völlig einfach umsetzbar. Aber „Nein“ das muss erst wieder ein erneutes Mobilitätskonzept geschrieben werden. Weil unsere Volksvertreter das Rad Jahr um Jahr neu erfinden müssen. Gibt es denn nicht mittlerweile Weltweit zu Hauf Belegbare Nachweise welcher Schaden zu Lasten des Steuerzahlers der Sozialkassen und der Menschen damit angerichtet wird? Und meine lieben Verbände da gibt es auch nichts zu diskutieren legt doch mal die Fakten auf den Tisch. Und wenn unser gewählten Volksvertreter nicht sehen wollen weil es ja nicht um Ihrem Job geht an die Öffentlichkeit klebt das an jedes Taxi was hier umgesetzt werden soll ist nichts anderes als Scheinselbständigkeit zugunsten von Milliardenschweren Konzernen nicht mehr und nicht weniger!
Der Bundesverband gibt ein jämmerliches Bild ab,das haben unsere Kollegen nicht verdient. Uber lacht sich tot, mit und ohne einer sinnlosen Karenzzeit, die noch weniger überwacht wird wie die Rückkehrpflicht.Reicht der wirtschaftliche Zusammenbruch noch nicht aus um das Taxigewerbe zu ruinieren ? Hans Meißner
Sehr geehrter Herr Meißner,
UBER, FreeNow, Kurzarbeit, Elektromobiltät, Fiskaltaxameter, Mindestlohn und Scheuer sind alles aktuelle Herausforderungen für das Taxigewerbe, die es in dieser kummulierten Wucht in der Vergangenheit nicht gab.
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Es ist einfach, dem Bundesverband in dieser Zeit ein jämmerliches Bild zu bescheinigen.
Allen aktiven und ehemaligen Vertretern unseres Gewerbes kann man nur empfehlen, gemeinsam sachlich und zielorientiert zur agieren, ansonsten lacht sich nicht nur UBER tot…
Von einem ehemaligen Vollblut-Taxi-Gewerbler in all seinen erfolgreichen Funktionen, wie Sie bekanntermaßen ja einer sind, würde ich mir deshalb konstruktive Vorschläge und Mitarbeit wünschen, falls Ihnen das Taxigewerbe tatsächlich noch am Herzen liegt.
Nicht Zerteilen, sondern Vereinen ist das Gebot der Stunde und der einzig richtige Weg.
Wird das bevorstehende Gesetz in seiner jetzigen Form (oder annähernd) beschlossen, wird man sich fragen müssen, ob ein Schulterschluß nicht doch die bessere Variante gewesen wäre.
Mit besten Grüßen aus Untergiesing, M. Pistorius
PS: Das Magazin Taxi Times wird nicht nur von Taxigewerblern gelesen, auch die andere Seite liest mit und lacht sich aufgrund der Zersplitterung des Gewerbes tot (wurde übrigens vom damaligen MyTaxi-Chef schon prognostiziert).
solange im vorstand leute sitzen die ihr eigenes wohl über das des verbands stellen um sich die taschen voll zu machen wird die sache weiter in sich bröckeln
Lieber Leser, wir in der Redaktion und sicherlich auch viele unserer Leser würden sich freuen, wenn Sie diese Unterstellung auch durch konkrete Fakten beweisen könnten. Bitte nutzten Sie dazu gerne dieses Kommentarfunktion oder mailen Sie uns direkt an: [email protected]
Die Verbände sollten die gegenseitigen Schuldzuweisungen beenden. Dass es zu diesen Meinungsverschiedenheiten kommen musste, liegt in der Natur der Sache. Die neuen Anbieter haben nur ein Interesse an den Großstädten. Die Lösungen, die sie vorschlagen, sind daher auch allein auf Großstädte gemünzt. Die Verbände haben sich zu sehr auf eine Abwehrstrategie konzentriert. Deshalb kamen auch seitens der Verbände Lösungsvorschläge heraus, die Großstädte mehr berücksichtigen, als den ländlichen Raum. Um Uber und den Uber-Kopien entgegentreten zu können, gibt es ein wirksames Mittel, das gleichzeitig keinen Unterschied zwischen Großstadt und ländlichem Raum macht: der Preis. Die Hoheit über diesen darf nicht beim Vermittler liegen. Der Vermittler hat die Funktion, Transaktionskosten zu senken indem er Suchkosten für den Fahrgast reduziert und für Preistransparenz sorgt. Den Preis zu setzen, liegt nicht in seinem Kompetenzbereich. Wenn die Forderung von Uber lautet, freien Wettbewerb zuzulassen, dann muss man Uber beim Wort nehmen. Das Angebot stellen die Beförderer, die Nachfrage stellen die Fahrgäste. In einem freien Wettbewerb sind sowohl Anbieter als auch Nachfrager nur Preisnehmer und keine Preisgeber. Ein Dritter kann daher erst recht kein Preisgeber in einem freien Wettbewerb sein. Uber schlägt keinen freien Wettbewerb vor, sondern die Tarifhoheit übertragen zu bekommen. Das ist keine De-Regulierung, sondern eine Re-Regulierung. Wenn das Taxi seine Privilegien verlieren soll, dann gibt es keinen legitimen Grund, warum eine andere Institution plötzlich ähnliche Privilegien erhalten sollte, insbesondere dann nicht, wenn das Kerngeschäft dieser Institution – wie sie selbst sagt – nicht die Personenbeförderung selbst ist. Hierauf müssen sich die Verbände in erster Linie konzentrieren und nicht auf die Rückkehrpflicht oder eine Karenzzeit.
Sehr gut erklärt! Ich würde als Beispiel Dänemark nehmen wo uber an einem nachmittag weg war da die Bediengungen der dänischen Behorden nicht gepasst hat! Warum bei uns unsere politiker das taxi vernichten wollen kann nicht verstehen!