Update am 7.Dezember 2020:
Rémy Wyler, Anwalt des Fahrers, hat der Onlinezeitung infoticker.ch bestätigt, dass Uber auf einen Weiterzug ans Bundesgericht verzichtet hat und damit ist das Urteil rechtskräftig.
Dass aktives Handeln der Kantone der richtige Weg ist, zeigt auch ein weiteres Urteil des Genfer Kantonsgerichts, das am vergangenen Mittwoch veröffentlicht wurde. Es stützt einen Entscheid der Kantonsregierung, Uber generell als Arbeitgeber einzustufen und den Dienst zu verbieten, wenn Uber sich nicht an die Gesetze hält.
Meldung vom 16. September 2020:
Ein aktueller Richter-Spruch hat Uber gegenüber einem UberPOP-Fahrer als Arbeitgeber eingestuft. In der Bewertung dieses Einzelfall-Urteils klaffen die Meinungen erwartungsgemäß sehr weit auseinander.
Wie Schweizer Medien übereinstimmend berichten, hat das Waadtländer Obergericht der Klage eines ehemaligen UberPop-Fahrers aus Lausanne stattgegeben. Diesem war vom Fahrtenvermittler ohne Grund der Zugang zur App gesperrt worden – mit der Folge, dass er von einem Tag auf den anderen arbeitslos war. Der Fahrer betrachtete dies als ungerechtfertigte fristlose Kündigung und ging damit vor Gericht.
Dort bestätigte nun das Obergericht, was auch schon bei der erstinstanzlichen Verhandlung geurteilt worden war: Uber ist in diesem Fall als Arbeitgeber einzustufen. Der Fahrtenvermittler habe aufgrund der Struktur seiner Plattform den Fahrer in betrieblicher, persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht von Uber abhängig gemacht, weshalb dieser somit als Angestellter der Plattform zu betrachten sei, heißt es in der Urteilsbegründung.
Uber hatte den Standpunkt vertreten, nur als Vermittler zu agieren und deshalb keinerlei Verpflichtungen eines Arbeitgebers zu unterliegen.
Schweizer Rechtsprofessoren bewerten das Urteil als empfindliche Niederlage für den Tech-Konzern. „Das Urteil hat über diesen Einzelfall hinaus eine beachtliche Bedeutung“, sagte beispielsweise Kurt Pärli gegenüber dem Sender „SRF“. An ihm würden sich nun auch andere Gerichte orientieren. Zudem zeigen auch internationale Rechtsprechungen eine klare Tendenz, dass Uber als Arbeitgeber einzustufen sei.
Wenn Uber gerichtlich gezwungen wird, seine Fahrer wie Arbeitnehmer zu behandeln, müsste das Unternehmen seinen Fahrern Anspruch auf bezahlten Urlaub gewähren und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall leisten. Zudem hätten die Fahrer einen Kündigungsschutz. Von all dem will Uber nichts wissen und greift auch im aktuellen Einzelfall-Urteil auf das übliche Verhaltensmuster zurück: Man verweist auf eine mittlerweile geänderte Vermittlungspraxis (die wiederum von Experten als weitere Mogelpackung gesehen wird) und wählt den Weg in die nächste Instanz. Im konkreten Fall äußert man sich gegenüber dem SFR folgendermaßen: „Das Gerichtsurteil hat keine direkten Auswirkungen auf unsere heutige Tätigkeit in der Schweiz. Es kann weder generalisiert werden noch auf andere Fahrer angewendet werden. Im Laufe des nächsten Monats werden wir entscheiden, ob wir vor dem Bundesgericht Berufung einlegen.“
Für die Schweizer Gewerkschaft „Unia“ ist das Urteil dagegen eine Bestätigung der eigenen Position. „Das Urteil ist klar, Uber ist Arbeitgeber“ sagt dazu Unia-Mitarbeiter Philipp Zimmermann dem SRF. Er fordert die zuständigen Schweizer Kommunen auf, Uber endlich dazu zu zwingen, ihre Arbeitgeberpflichten wahrzunehmen. „Außer Genf hat bis jetzt kein Kanton gehandelt.“ jh