Mit den nun wieder schärferen Corona-Bestimmungen bricht für die Taxibranche der Umsatz erneut massiv ein. Die Politik muss das Taxigewerbe daher endlich effektiv unterstützen. Dazu braucht es allerdings relevante Zahlen – die wiederum von den Taxibetrieben nicht zur Verfügung gestellt werden. Eine Geschichte vom Feind im eigenen Lager.
Plötzlich gibt es sie wieder: Sperrstunden, nächtliches Alkoholverbot, Fußball-Geisterspiele, Reisebeschränkungen etc. Über die davon mittelbar betroffenen Branchen wird medial viel berichtet, Corona-Sondersendungen portraitieren verzweifelte Restaurant-Besitzer und wütende Hoteliers.
Über diejenigen, die von dem abermaligen „Lockdown Light“ zwar nur unmittelbar, aber deswegen nicht weniger heftig betroffen sind, spricht keiner. Es ist unter anderem die Taxibranche, von deren Umsätzen direkt oder indirekt eine halbe Million Menschen leben.
Denen geht es wie einem Restaurant-Besitzer oder Hotelier: Sie haben weniger Umsatz, aber deutlich mehr organisatorischen Aufwand. Eine immer größere Anzahl an Taxis hat Trennschutz-Einrichtungen eingebaut, sie desinfizieren sorgfältig ihre Taxis, tragen Mundschutz und stellen diesen als Service auch noch ihren Fahrgästen zur Verfügung.
Im Vergleich zur Gastronomie und Beherbungsbranche ist die Tätigkeit der Taxifahrer*Innen sogar noch höher einzuschätzen, denn diese sind systemrelevant. Wie schon während des völligen Lockdowns im Frühjahr sind sie auch diesmal wieder dafür zuständig, dass die Mobilität sichergestellt bleibt. Man denke nur an die Millionen von lebenserhaltenden Dialyse- und Bestrahlungsfahrten, die zahlreichen Schülerbeförderungen, die Inklusionsfahrten etc.
Die Taxiunternehmer*Innen und deren angestellten Fahrer rufen derzeit wieder verstärkt nach finanzieller Unterstützung zum Ausgleich für einen Umsatzeinbruch, den sie selber nicht zu verantworten haben. Sie fordern ihre Gewerbevertretung dazu auf, Druck auf die Politik auszuüben. Doch allein mit diesen Appellen ist es nicht getan. Politik muss ihr Handeln rechtfertigen, dazu braucht sie Zahlen. Die pauschalisierende Aussage, dass man x-Prozent Umsatzverlust habe, ist nicht ausreichend und sie verkommt zur stumpfen Waffe, wenn sich diese Zahlen dann auch noch in einer Spanne zwischen 50 und 90 Prozent bewegen.
Wenn Taxiverbände wirksame und gerecht aufgeteilte finanzielle Unterstützung bei der Politik erreichen wollen, müssen sie dezidiert aufschlüsseln können, wie hoch die Umsatzeinbußen bei Mehrwagenbetrieben und bei Einzelunternehmen sind, sie müssen zwischen den ländlichen und den (groß-)städtischen Strukturen unterscheiden, zwischen Tag- und Nachtschicht. Dazu brauchen die Verbände verlässliche Zahlen aus den Reihen ihrer Mitglieder.
Genau darin scheint das große Problem zu liegen. Zum einen, weil es durch die Kleinteiligkeit des Gewerbes sehr aufwändig ist, diese Zahlen zu eruieren und die dafür notwenige Manpower in vielen Verbandsstrukturen gar nicht vorhanden ist. Zum anderen aber auch deshalb, weil die Unternehmen oftmals gar nicht gewillt sind, Ihre Gewerbevertreter dabei zu unterstützen.
Beispielhaft dafür sei das Verhalten einer Mehrheit der Niedersächsischen Taxiunternehmen zu nennen. Deren Gewerbevertretung, die „Fachvereinigung Taxi und Mietwagen“ innerhalb des GVN, hatte schon vor einem Monat politische Gespräche mit der Landesregierung angekündigt, bei denen über branchespezifische Hilfen verhandelt werden sollte. Das Ministerium hatte dafür bereits im Vorfeld seine Bereitschaft angedeutet, verlangte aber verlässliches Zahlenmaterial, um die Höhe der Unterstützung definieren zu können.
Der GVN hatte daraufhin eine anonymisierte Online-Umfrage entwickelt und seine Mitglieder gebeten, dort ihre Umsatzentwicklungen anzugeben. Der Rücklauf ist allerdings so spärlich ausgefallen, dass man damit „kaum jemanden für eine gezielte Förderung für die Taxi- und Mietwagenbranche überzeugen kann“, teilte der GVN letzten Freitag in einer Info an die Mitglieder mit.
Ob der letztmalige und eindringliche Appell zur Teilnahme an der Umfrage nun endlich Wirkung zeigt? Was hält Taxiunternehmer davon ab, die Umsatzveränderungen zu erfassen und anonymisiert zur Verfügung zu stellen? Uber-Chef Dara Khosrowshahi hat erst dieses Wochenende in der „Welt“ eine mediale Plattform erhalten, um ein „Ende des Taxischutzes“ in Deutschland zu fordern. Dafür könnte die Branche durch die mehrheitliche Ignoranz ihrer Taxiunternehmer*Innen selbst sorgen.
Der größte Feind der Taxibranche ist der Taxiunternehmer selbst, lautet ein gerne zitierter Spruch. In diesem Fall trifft es den Nagel auf den Kopf. jh
Grafik: Taxi Times