Das Taxigewerbe steht derzeit vor seiner wahrscheinlich größten Bewährungsprobe seit seinem Bestehen. Deshalb darf es nicht sein, dass die Politik im Beförderungsmarkt den Interessen von Großkonzernen folgt. Aber auch das Taxigewerbe muss seinen Teil beitragen, indem es sich von traditionellen Organisationsstrukturen löst.
Ein Leserkommentar von Ralph Brück, Bestways GmbH Frankfurt
Zu den bekannten, negativen Markteinflüssen in Form von Alternativangeboten im Personenbeförderungssektor fügen die Maßnahmen zur Eindämmung des Covid-19 Virus auch dem Taxigewerbe einen Schaden in bislang unbekanntem Ausmaß zu.
Sperrstunden, Home-Office usw. sowie der gesellschaftliche Wandel, der unter anderem das Konsumverhalten der Menschen neu definiert, tragen dazu bei, dass die Umsätze im Taxigewerbe um 80 bis 90 Prozent einbrechen.
Die offene Unterstützung der Politik von Geschäftsmodellen wie Uber & Co, im Glauben, damit der Wirtschaft und den Verbrauchern den Weg in die schöne neue Welt der New-Economy zu ebnen, stellt sich immer mehr als ein Irrtum heraus.
Diese Unterstützung produziert Pleiten im Taxigewerbe, prekäre Arbeitsplätze der Mietwagenfahrer, verhindert Steuereinnahmen der Kommunen, fördert massiv Konzerninteressen und vieles schlechte mehr.
So fordert die Vize-Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Digitales, Daniela Kluckert (FDP), die Abschaffung der Rückkehrpflicht für Mietwagen. Besonders die Förderung von Mobilitätsstrukturen, die auf der Nutzung von künstlicher Intelligenz basieren, soll die Wirtschaft stärken und die Mobilität der Bevölkerung in der Zukunft sichern.
Ein typisches Beispiel dafür, wie weit Politiker von der Alltagsrealität der Menschen entfernt sind.
Das Taxigewerbe steht mit Konzernen, die mit fremdem Geld einen schrumpfenden Markt bedienen, im Wettbewerb. So sind Verluste im Bereich von mehreren hundert Millionen Euro für diese Konzerne kein Problem.
Der einzelne Taxiunternehmer jedoch hat nur die Mittel zur Verfügung, die er durch seinen Arbeitseinsatz generieren kann. Es ist ein ungleicher Kampf, der von realitätsfremden Politikern gegen die Interessen der ansässigen, steuerzahlenden Dienstleistern zugunsten von Großkonzernen geführt wird.
Kurze Strecken werden von Uber & Co gegen Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgeltes geleistet. Taxibetriebe, die zur Mobilitätssicherung zur Anwendung festgelegter Tarife gesetzlich verpflichtet sind, werden mit immer mehr Zwängen und Abgaben belegt. Es werden sehenden Auges Arbeitsplätze vernichtet und Mietwagenfahrer erbarmungslos ausgebeutet.
Das Taxi leistet einen gesamtgesellschaftlichen Dienst, der nur im Rahmen einer Mischkalkulation realisierbar bleibt. Ohne die Aufträge von Normalnutzern der Taxisn sind Krankenfahrten nicht zu leisten.
Taxifahrten zu den Behandlungsstätten kranker Menschen, sind ein wichtiger Teil der Abläufe im Gesundheitssystem.
Der Schaden durch Minderumsatz und Pleiten im Taxigewerbe und den damit verbundenen Verlust von tausenden Arbeitsplätzen dürfte weitaus höher sein als der gesamtwirtschaftliche Nutzen einer den Interessen von Konzernen gehorchenden Politik.
Das Taxigewerbe befriedigt, als Teil des ÖPNV, die Mobilitätsbedürfnisse der Bürger. Durch entsprechende Gesetze und Vorschriften ist unter anderem sichergestellt, dass diese Mobilität ständig und zu einem festgelegten Preis zur Verfügung steht.
Ein wichtiger Punkt wäre an dieser Stelle, die Tarifordnungen für Festpreisfahrten zu öffnen, wie kürzlich in München gefordert wurde. Das gäbe dem Gewerbe die Möglichkeit, dem Kunden bereits vor Fahrtantritt ein fertiges Beförderungsangebot vorzulegen, auch per App.
Der Einsatz moderner Technik im Taxigewerbe war und ist schon immer ein hervorstechendes Merkmal, dass den rationellen Einsatz der Fahrzeuge zum Vorteil der Fahrgäste und Fahrer sicherstellt. So haben Kunden schon seit vielen Jahren die Möglichkeit, ein Taxi per App oder online am PC zu bestellen.
So sehr sich die Taxibetriebe auf der einen Seite moderner Technik bedienen, so sehr halten diese an veralteten Organisationsstrukturen fest.
Es sind meist diese Strukturen, die einem flexiblen Angebot an die Fahrgäste nur langsam oder gar nicht Rechnung tragen können. Lange Entscheidungsphasen und vor Allem fehlendes Gespür für die wesentlichen Fragen kundenorientierten Handelns sind die Ursachen für rückläufige Auftragszahlen schon vor der Krise.
So ist zum Beispiel die Festlegung der monatlichen Anschlusspauschale einer Taxizentrale in einer Vereins-oder Genossenschaftsstruktur nicht in erster Linie am Bedarf der Zentrale orientiert. Eine Anpassung der Anschlusspauschale wird per Abstimmung von denjenigen entschieden, die am Ende eben diese Kosten aufbringen müssen. Der Einzelne stimmt also darüber ab, ob er in Zukunft mehr bezahlt oder nicht.
Das hat zur Folge, dass aufgrund des dadurch eventuell entstehenden Investitionsstaus, den Fahrgästen ein modernisierter und damit kundenorientierter Service nur schwer bzw. gar nicht zur Verfügung gestellt werden kann.
Eine Anpassung der Statuten solcher Zusammenschlüsse an die aktuellen Anforderungen des Marktes wäre sicherlich der richtige Weg.
Hier muss sich das Taxigewerbe der Tatsache bewusst werden, dass die Bedürfnisse der Fahrgäste immer im Mittelpunkt jeglichen Handelns stehen müssen. Dass dies heutzutage kaum geleistet wird, kann jeder an den meist schlechten Online-Kundenbewertungen ablesen.
Fahrer, Unternehmer, Taxibetriebe und Zentralen, die eigene Interessen über die der Kunden stellen, werden in den heutigen Marktgegebenheiten nicht überleben.
Das Gewerbe muss sich, wie bereits erwähnt, mit dem Bedarf der Kunden auseinandersetzen und weniger mit den eigenen Befindlichkeiten. Es muss wichtiger sein, dass der Kunde sein bestelltes Taxi schnell bekommt, die Fahrt angenehm ist und der abschließende Bezahlvorgang reibungslos vonstatten geht, anstatt in ständiger Angst zu leben, dass ein „Kollege“ eine bessere Fahrt abbekommt als man selbst.
Die Taxiunternehmer müssen begreifen, dass es sich bei solchen „Kollegen“ eben nicht um solche handelt. Es sind Konkurrenten, die um die Gunst der Fahrgäste und deren Euros im Wettbewerb stehen.
Es muss das vordringliche Ziel des Taxigewerbes sein, sich erfolgreich den zukünftigen Herausforderungen zu stellen. Dies gelingt durch kundenorientiertes Handeln bei gleichzeitiger Optimierung von Kostenstrukturen. Zentralen und Unternehmer können sich z.B. die Dienstleistungen einer externen Auftragsannahme- und Vermittlung preiswert einkaufen, anstatt diese kostenintensiv selbst zu betreiben (Outsourcing). Die durch Kosteneinsparungen freiwerdenden Mittel können so z.B. umsatzsichernd in die Kundenbindung, Imagepflege und innerbetriebliche Modernisierungen investiert werden.
Die Verantwortlichen des Taxigewerbes müssen, um den anhaltenden negativen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, gemeinsam mit den Taxibetrieben ein Konzept verfolgen, dass die Interessen der Fahrgäste in den Mittelpunkt stellt – ein Konzept, dass auf regionaler Ebene die Stärken eines gemeinsamen Handelns und die Leistungsbereitschaft lokaler Taxibetriebe an deren Kunden kommuniziert.
Nur so kann es auch nach der Krise eine Perspektive für das Gewerbe geben.
Ralph Brück
Symbolfoto: Pixabay