Der Amerikaner Bruce Schaller ist bekannt für seine Studie, die vor einigen Jahren die Heile-Welt-Theorie von Uber & Co zerstört hat. Während der heutigen Veranstaltung Taxi Driving Innovation des Taxi-Bundesverbands stand er für ein Interview zur Verfügung. Es bildete die Grundlage für eine anschließende Expertendiskussion.
Schaller ist ehemaliger stellvertretender Kommissar der New Yorker Verkehrsbehörde und Autor der vielzitierten Studie „The New Automobility“. Ganz besonders hat er sich mit den Auswirkungen von sogenannten TNC (Transportation Network Company) wie Lyft und Uber auseinandergesetzt. Im Rahmen einer Studie kam er zu dem Schluss, dass diese neuen Mietwagenverkehre allein in Boston, Chicago, Los Angeles, Miami, New York, Philadelphia, San Francisco, Seattle und Washington DC für zusätzlich über 5,7 Milliarden gefahrene Meilen verantwortlich sind. Für die Städte, die trotz steigender Einwohnerzahlen verzweifelt versuchen, die Luftqualität zu optimieren, ist das eine enorme Belastung.
Bruce Schallers Studie „The New Automobility“ bewies, dass Uber & Co massiv die Umwelt belasten. Foto: Schaller
Schaller ist der Meinung, dass der Erfolg der TNC‘s für Amerika überraschend kam. Speziell in New York hatte man nicht damit gerechnet, denn während in San Francisco die Taxidichte immer zu gering und die Uber Fahrten sehr günstig waren, war in New York das Gegenteil der Fall. Als Uber in den Jahren 2012-2014 startete, gab es in New York keinen Taximangel und die Tarife für die Fahrten mit Uber und CO. lagen auf dem Niveau des Taxis. Daraus zieht Schaller den Schluss, dass der Erfolg von Uber und Co. ganz besonders auf den komfortablen Bestell- und Bezahlvorgang via App fußt. Auch bei den Fahrzeugen sowie den Fahrern konnte Schaller keine relevanten Unterschiede feststellen.
Als Verfasser der Studie hat Schaller auch immer den Einfluss von neuen Mobilitätsdienstleistern auf die Umwelt im Blick. Die bereits oben genannten 5,7 Milliarden Meilen, die zusätzlich von Uber und Co. in Amerika zurückgelegt wurden, kann nicht dadurch relativiert werden, dass die Fahrgäste auf das eigene Auto verzichten würden. Schaller konnte beobachten, dass Uber und Lyft häufig nicht anstelle des eigenen Autos, sonders als Alternative zum ÖPNV genutzt wurden.
Mit seiner vom amerikanischen Markt geprägten Sichtweise empfiehlt Schaller, die Regulierung von den TNCs den Kommunen zu überlassen, denn die Situation ist nicht überall gleich. Weiterhin rät er dazu, Taxi und Mietwagen auf eine Ebene zu stellen und vor allem mit Hinblick auf den Verbraucherschutz mit den gleichen Rechten und Pflichten auszustatten. Letztlich müssten Gebühren, so genannte Trip Fees eingeführt werden, die in den Ausbau des ÖPNV zurückfließen.
Last but not least plädiert Schaller dafür, den Wettbewerb zu reduzieren, der in den USA dazu geführt hat, dass viel zu viele Fahrzeuge um die Fahrgäste kämpfen. Dies führt zwar für die Verbraucher zu kurzen Wartezeiten, bei den Fahrzeugen aber zu vielen Leerkilometern (ca. 40 Prozent). Weiterhin sollen E-Taxis eingesetzt werden und unnötiges ‚cruisen‘ vermieden werden.
Unter dem Stichwort „Mehr Mobilität oder mehr Verkehr“ startete im Anschluss eine virtuellen Podiumsdiskussion, an der neben Justyna Wladarz vom Naturschutzbund (NABU) und Professor Andreas Knie (WBZ) auch Hermann Waldner vom Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. am virtuellen Tisch saßen.
Professor Andreas Knie ist Politikwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Foto: David Ausserhofer
Eine sehr deutliche Meinung vertrat dabei Professor Knie, für den die allgemeine Diskussion viel zu kleinteilig einhergeht. Letztlich sei das Hauptproblem in den vielen privaten Fahrzeugen zu suchen, die einerseits den öffentlichen Raum okkupieren und zudem auch die Umwelt belasten. Für Knie ist jeder neue Mobilitätsdienstleister ein Schritt in die richtige Richtung. Natürlich würde eine Öffnung für neue Mobilitätsdienste eine völlige Neuorganisation der entsprechenden gesetzlichen Regulierung voraussetzen. Für Professor Knie muss die Frage lauten: „Wie bekommt man die Menschen aus den privaten Autos raus?
Hermann Waldner ist Vizepräsident des Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. Foto: Taxi Times
Hermann Waldner vom Bundesverband Taxi und Mietwagen vertritt die Meinung, dass die Regulierung von taxiähnlichem Verkehr durch Mietwagen ein sehr wichtiger Punkt ist, denn der aktuelle Wildwuchs, wie man ihn derzeit in ganz Deutschland beobachten kann, führt in der Konsequenz zu Problemen für die gesamte Gesellschaft. Sei es durch die zusätzlich entstehende Umweltbelastung durch herumfahrende Mietwagen oder das dadurch bedingte erhöhte Verkehrsaufkommen, was in der Konsequenz zu verstopften Straßen führt, bis hin zu den prekären Arbeitsverhältnissen, welche die Fahrer langfristig gesehen in das Netz des Sozialstaates treiben.
Die bestehenden Regeln, wie beispielsweise die Rückkehrpflicht, stammen aus einer Zeit, in der es noch kein Internet oder Handy gab. Sie sind nach wie vor wichtig, reichen aber nicht mehr aus. Sollte in Zukunft eine sinnvolle Trennung der beiden Verkehrsarten aufrechterhalten werden, dann sind zusätzliche Instrumente nötig, welche den Behörden leicht nachvollziehbare Kontrollen ermöglichen müssen. Eine Option wäre dabei die Einführung einer Vorbestellfrist für die Beförderung durch einen Mietwagen.
Waldner betonte, dass einer Zusammenarbeit mit anderen Verkehrsdienstleistern nichts im Wege stehe und diese auch bereits seit Jahren so umgesetzt würde. Als Beispiel nannte Waldner unter anderem die Integration des Taxis in der App der Berliner Verkehrsgesellschaft. Auch, so betonte Waldner, gäbe es beim deutschen Taxigewerbe keinen Technologierückstand. Bereits seit Jahren könne ein Taxi per App bestellt werden und die Taxivermittlung habe im Gegensatz zur USA eine lange Historie.
Beim deutschen Naturschutzbund NABU) ist Justyna Wladarz Expertin für Verkehrspolitik. Foto: NABU
Für Justyna Wladarz (NABU) liegt die Lösung für eine saubere Umwelt nicht allein in der Technologie. Allerdings könnten auch die neuen Mobilitätsanbieter eine Rolle spielen, allerdings nicht in den Innenstädten. Mit Blick auf Europa falle auf, dass die Abkehr vom Verbrennungsmotor besonders in Deutschland schwerfällt. Während woanders bereits Ziele gesetzt sind, wann die Innenstädte autofrei beziehungsweise emissionsfrei werden. In Deutschland gäbe es diesbezüglich noch Nachholbedarf. Die Gesetzgeber sollten zudem entsprechendes Know-how aufbauen und gegebenenfalls aus den Daten der Mobilitätsanbieter Erkenntnisse ziehen und lernen. sg
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