Hinweis: Dieser Beitrag wurde am 24.4.2021 aktualisiert (siehe unten)
Mit der heute beschlossenen Änderung des Infektionsschutzgesetzes sind Taxis bei hohen Inzidenzzahlen künftig tagsüber noch weniger unterwegs, höchstens noch halb voll – und von 22 bis 5 Uhr wohl ganz leer.
Erwartungsgemäß ist heute im Bundestag der „Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (Bundestags-Drucksache 19/2844) mit einer Mehrheit aus CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen von AfD, FDP und Die Linke und bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen angenommen worden. Zahlreiche Änderungsanträge der Opposition waren zuvor abgelehnt worden.
Ziel des Entwurfes ist es, die bereits im Bund-Länder-Gipfel am 3. März 2021 verabredete „Notbremse“ Gesetz werden zu lassen. Wie der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) erläutert, bedeutet dies konkret, dass der Bund künftig regelt, was ab einer Sieben-Tages-Inzidenz von mindestens 100 positiv auf das Corona-SARS-CoV-2-Virus getesteten Personen je 10.000 Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen gilt. Die Länder können dann nur noch entscheiden, was unterhalb des Schwellenwertes von 100 gilt. Zur Umsetzung der „Notbremse“ enthielt der Entwurf einen neuen Paragraphen 28b im Infektionsschutzgesetz (IfSG). Gültig sei der Paragraph 28 b für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach Paragraph 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag.
Ausdrücklich betrifft dieser Paragraph 28b auch den Verkehr mit Taxis und die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen – damit auch mit Mietwagen. Konkret sieht die Regelung folgendes vor:
„bei der Beförderung von Personen im öffentlichen Personennah- oder fernverkehr einschließlich der entgeltlichen oder geschäftsmäßigen Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen samt Taxen und Schülerbeförderung besteht für Fahrgäste sowohl während der Beförderung als auch während des Aufenthalts in einer zu dem jeweiligen Verkehr gehörenden Einrichtung die Pflicht zum Tragen einer Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar); eine Höchstbesetzung der jeweiligen Verkehrsmittel mit der Hälfte der regulär zulässigen Fahrgastzahlen ist anzustreben; für das Kontroll- und Servicepersonal, soweit es in Kontakt mit Fahrgästen kommt, gilt die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske (Mund-Nase-Schutz).“
Der Präsident des BVTM, Herwig Kollar, hat sich nach Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs letzte Woche in einem ersten Pressestatement dazu wie folgt geäußert: „In der Debatte ist klar geworden, dass in Bussen, Bahnen und im Taxi Masken mit FFP2-Niveau Pflicht werden sollen. Viele Fahrzeuge im deutschen Taxi- und Mietwagengewerbe haben dies schon längst umgesetzt, auch Trennscheiben und regelmäßige Desinfektionen der Autos sind bei uns an der Tagesordnung. Das ist schon allein wegen der vielen ‚Impf-Taxis‘ Standard geworden.“
Der BVTM erwartet deshalb vom Gesetzgeber eine Klarstellung. „Wenn möglichst nur die Hälfte der regulär zulässigen Passagiere mitfahren soll, dann kann das in der Praxis bedeuten, dass sich z.B. ein Ehepaar mit Kind zwei Fahrzeuge für eine Fahrt bestellen muss, oder ein Großraumfahrzeug mit höherer Kapazität, was aber nicht überall und jederzeit verfügbar ist. Denn der Beifahrersitz ist aus Hygienegründen schon seit der ersten Welle im Frühjahr 2020 für Fahrgäste tabu. Bleibt nur die Rückbank. Hier erwarten wir, dass die Beschränkungen zumindest für Angehörige desselben Haushaltes nicht gelten. Diesbezüglich sollte der Bundestag in seiner Beratung dazu am 21. April sowie der Bundesrat am 23. April für die notwenige Klarheit im Sinne der Fahrgäste sorgen.“
Des weiteren legt der künftige Paragraph fest, welche bundesweit einheitlichen Schutzmaßnahmen die Verbreitung des Virus unterbinden sollen: „Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die nach § 28a Absatz 3 Satz 13 durch das Robert Koch-Institut veröffentlichte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag die folgenden Maßnahmen: […] Der Aufenthalt von Personen außerhalb einer Wohnung oder einer Unterkunft […] ist von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetags untersagt“, was – verkürzt zusammengefasst – nicht bei medizinischen Notfällen (auch bei Tieren), Berufsausübung, Presseberichterstattung, Sorgerechtswahrnehmung, Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger, Begleitung Sterbender, Versorgung von Tieren oder „aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen“ gilt. Nur Spazierengehen bzw. Joggen ist bis Mitternacht erlaubt, wenn man dabei alleine bleibt. Der Beginn der Ausgangssperre war zunächst für 21 Uhr vorgesehen gewesen. Diese beiden Neuerungen hatte der Gesundheitsausschuss noch beschlossen.
Das bedeutet für das Taxigewerbe in betroffenen Städten und Landkreisen für die Zeiten zu hoher Inzidenzen, dass das Geschäft immer wieder für unabsehbare Zeiträume von Wochen oder gar Monaten tagsüber weitgehend und zwischen 22 und 5 Uhr sogar nahezu komplett zum Erliegen kommen kann, da die meisten Personen ihre alltäglichen Wege dann so planen müssen, dass sie spätestens um 22 Uhr ihre Wohnung erreicht haben. Da das Taxifahren selbst eine Berufsausübung darstellt, können Taxifahrer wenigstens bis zur letzten Minute vor der Ausgangssperre eilige Menschen nach Hause fahren, um dann nach 22 selbst den Heimweg anzutreten, und sich morgens bereits vor Ende der Ausgangssperre zur Arbeit begeben, um ab 5 Uhr wieder Fahrgäste zu befördern.
Noch in dieser Woche soll der Bundesrat der Gesetzesnovelle zustimmen. Die neue Regelung gilt ab Inkrafttreten zunächst bis zum 30. Juni, also ab heute gerechnet für 13 Wochen. ar
Aktualisierung am 24.4.2021: Mittlerweile liegt eine juristische Einschätzung des Bundesverbands Taxi und Mietwagen e.V. (BVTM) zur Höchstbegrenzung vor. Demnach sei der abgeänderten Regelung anzusehen, dass sie mit der heißen Nadel gestrickt wäre. „Zwar ist nach den Diskussionen in der Vergangenheit zu vermuten, dass die Höchstbegrenzung vor allem auf großvolumige Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen abzielen soll, nach dem Wortlaut aber gilt sie für alle Verkehrsmittel“, heißt es in einer Mitgliederinfo des BVTM. Der Wortlaut lässt auch auf eine „Soll-Regelung“ und nicht auf eine „Muss-Regelung“ schließen (“ist anzustreben“).
Der BVTM zitiert die Begründung des Gesetzgebers zu diesem Punkt: „Die vorgesehene Begrenzung der maximal zulässigen Auslastung der Verkehrsmittel ist einzuhalten, wo immer möglich. Dabei kommt es maßgeblich auf die Besonderheiten der jeweils betroffenen Lebensbereiche an.“
Beitragsfoto: Fotocollage Axel Rühle (Foto Merkel: Pixabay / Foto Hand mit Notbremse: Axel Rühle)
Gottseidank trifft das auch die Unfähigen von U…