Es kam, wie es kommen musste: Uber & Co. sind teurer als Taxis und fahren nur da, wo es lukrativ ist. Nun kommt das Taxi in den USA wieder in Mode, weil der Mangel an Uber und Lyft weiter anhält.
„Haben Sie in letzter Zeit versucht, einen Uber- oder Lyft-Wagen zu bekommen?” fragte Ende Juni ein Journalist, bekannt aus dem „Ride-Hail Guru”, eine US-Website, die sich mit Plattformen befasst. Er gab gleich selber die Antwort: „Wahrscheinlich hatten Sie es schwer”.
Ein US-weiter Fahrermangel führte im Juni zu erheblichen Schwierigkeiten bei Plattformen wie Uber und Lyft. Dieser Mangel hält an. Weil weniger Autos verfügbar waren und die Wartezeit stieg, kam es zu Algorithmus-gesteuerten Preissteigerungen („surge pricing”) bei den Plattformen, und Kunden wanderten zu den billigeren “Yellow Cabs” ab. Nicht nur in New York City, auch in anderen US-Großstädten klagten Plattform-Kunden.
Die Einwohner von New York entdecken zunehmend das „gute alte Taxi” mit verlässlichen und öffentlich regulierten Taxameter-Preisen statt Algorithmus-gelenkten (oder vielleicht auch anders gesteurten) Preissteigerungen bei höherem Bedarf. Viele New-Yorker sieht man heutzutage am Straßenrand in der „hailing position”, also mit dem Arm nach einem Taxi winkend. Oder sie verwenden Taxi-Apps wie Arro oder Curb, die für eine Taxifahrt vorab den Preis angeben.
Die neuesten Zahlen der New-Yorker Taxi & Limousine Commission TLC in New York vom April zeigen einen satten Anstieg von 800 Prozent bei den Yellow Cabs, von denen derzeit – auch wegen Fahrermangels – weniger fahren als üblich (etwas mehr als 6.000 von den 13.000 offiziell angemeldeten Taxis). Die App-basierten Plattformen verzeichneten im April „nur” einen Anstieg von 220 Prozent. Die Taxifahrer freuen sich über ihre neue Beliebtheit und fahren jetzt 15 bis 22 Fahrten pro Schicht anstelle von 11 Fahrten pro Schicht vor der Pandemie, als New York noch mit Plattform-vermittelten Mietwagen überflutet war.
Ein Teil der Mietwagen- und Taxifahrer traut sich aus Sorge vor der neuen Delta-Variante des Corona-Virus noch nicht wieder zu fahren, trotz der vielen finanziellen Anreize von Uber und Lyft. Die verbliebenen Uber- und Lyft- Fahrer profitieren nicht von den rasant gestiegenen Preisen. Diese Gewinne fließen direkt in die Kassen der Plattformkonzerne.
Für Uber- und Lyft-Kunden bedeutet dies, „dass insbesondere mit der Wiedereröffnung der Welt und dem Boom des Reisens einige Dinge zu beachten sind, unabhängig davon, wo Sie sich in den USA befinden”, wie ein spezialisiertes Reisemagazin warnte: „Planen Sie im Voraus und planen Sie zusätzliche Zeit für den Weg zum Flughafen oder zu Terminen ein. Verwenden Sie nach Möglichkeit öffentliche Verkehrsmittel – und natürlich das gute alte Taxi nicht vergessen!”
Wie so viele andere Städte auf der Welt erwacht auch New York City wirtschaftlich wieder so langsam – und damit auch das Taxigewerbe. Dies gilt umso mehr, als die New-Yorker ihre Yellow Cabs noch immer lieben. „Das Geschäft läuft super. So habe ich das noch nie erlebt“, sagte Fahrer Tainur Rahman der New York Times. Er fährt seit etwa einem Jahrzehnt Taxi und ist jetzt optimistisch, dass er in den Sommermonaten einen anhaltenden Aufschwung erleben wird, um seine Einbußen der toten Monate während des Corona-Lockdowns auszugleichen.
Zwei Beispiele für diese Verschiebung: Eine Berufspendlerin fährt jeden Morgen etwa zehn Kilometer von Washington Heights in die Upper East Side, eine Fahrt von einer halben Stunde. Sie tauschte ihre gewohnte Plattform gegen das Taxi ein und bezahlt seitdem umgerechnet 16,80 bis 21,00 Euro pro Fahrt. Mit dem Mietwagen kostete es häufig 25,00 Euro, manchmal 42,00 während der Hauptverkehrszeiten. Abends ist es noch teurer.
Ein Reisender vom New Yorker Flughafen La Guardia bestellte einen Lyft für 37 Dollar (31 Euro), der jedoch nach 15 Minuten Wartezeit storniert wurde. Das Taxi kostete ihn nur 28 Dollar (23,50 Euro). „Ich bin behindert und auf die Plattformen angewiesen, aber ihre Preise treiben mich zurück in das Yellow Cab“, sagte er. Laut einer US-amerikanischen Beratungsfirma stiegen die Fahrpreise für Plattformen zwischen April 2020 und April 2021 um durchschnittlich 40 Prozent.
Nicht nur in New York City, auch anderswo in den USA und auch in London strömen die Fahrer nicht gerade zurück zu den Plattformen. Zwar hätten Anreize dafür gesorgt, dass Uber und Lyft im Mai mehr Fahrer zurückbekamen, und Uber meinte, dass die Wartezeiten in Los Angeles und New York – zwei wichtige Märkte – in letzter Zeit „erheblich zurückgegangen” seien. Dennoch haben Uber & Co. derzeit erhebliche Schwierigkeiten, ihren Bedarf an Fahrern zu decken. wf
Beitragsfoto: Nicht nur der „Uber-Stau“ ist in den USA zu einem gängigen Begriff geworden, auch die „hailing position“, das Heranwinken eines Taxis, erlebt derzeit eine Renaissance. Foto: pexels.com
Na also, wenn’s ans Geld geht ändert sich das alles wieder
Eigentlich eine schöne Geschichte.
Hier sieht es aber leider ganz anders aus und für die Kunden bleibt das Ganze völlig egal.
Denn der Kunde hat ja immer die Wahl. Dieser nutzt dann jeweils den Anbieter, der gerade billiger ist.
Zudem gibt es diese NY-Preise auch gar nicht bei uns.
Die Vergleiche aus dem Ausland zu BRD halte ich grundsätzlich für nicht sachlich.
Denn, in den USA, Asien, Osteuropa arbeiten die Fahrdienste oft qualitativ besser, sicherer, preiswerter und komfortabler.
Uber und Co. haben dort wegen der schlechten Zustände im Taxigewerbe eine gewisse Berechtigung.
Das ist in der BRD und Nachbarstaaten einfach nicht so.
Schade, dass es uns seit kurzem so gar nicht mehr gelingen mag, Sie mit unserer Berichterstattung zufrieden zu stellen, Herr Kehren. Den Vorwurf der Unsachlichkeit wollen wir hier aber in aller Deutlichkeit widersprechen. Da Wettbewerber wie Uber global agieren, halten wir es sogar für unsere höchste Pflicht, dass wir über den deutschen Tellerrand hinausschauen.