In einem offenen Brief rechnen Wiener Uber-Partner vor, dass Ubers Preispolitik absolut unwirtschaftlich ist. Uber reagiert darauf mit Ignoranz und gibt die Schuld dem neuen Gelegenheitsverkehrsgesetz.
Fahrgäste, die mit der Uber-App in Wien ein Taxi bestellen und nicht gleich abgeholt werden, müssen mit langen Wartezeiten rechnen, weil Uber-Fahrer reihenweise ihre Buchungen stornieren, schreibt die in Wien erscheinende überregionale österreichische Tageszeitung „Die Presse“.
Der „Sprecher der unzufriedenen Uber-Unternehmer und Lenker“, Irfan Kuna, hat dafür eine Erklärung: Viele Fahrer würden die Bestellung stornieren, weil „Uber die zwei Euro Zuschlag für die Bestellungen nicht verrechnet und wir generell mit den Preisen um 30 bis 40 Prozent unter dem liegen, was wir mit einer normalen Taxifahrt verdienen würden. Das zahlt sich nicht mehr aus.“
Kuna hat dies auch in einem offenen Brief an den Uber-Österreich-Chef Martin Essl moniert, in dem zwanzig Uber-Partner und zahlreiche Fahrer auf ihre katastrophale wirtschaftliche Lage aufmerksam machen: „Es geht nicht mehr so weiter! Zugegeben, wir haben uns blenden lassen, wir dachten, dass wir mehr Umsätze generieren, wenn wir unsere Taxis für Uber fahren lassen […] Aber wir und unsere Lenker verdienen viel weniger, als uns lieb ist. Was für Sie nur ein paar läppische Münzen sind, ist für uns der Unterschied, ob wir überleben können oder nicht. Bitte verrechnen Sie, so wie alle anderen Anbieter auch, den Funkzuschlag.“
Kritik äußern Kuna und seine Kollegen auch an Ubers aktueller Preispolitik. Die seit 19. März geltende neue Tarifordnung (TO) beinhaltet eine Preiserhöhung von 14 Prozent – solange die Fahrten nach Taxitarif gefahren werden. Die TO enthält aber auch die Option, dass bei vorbestellten Fahrten der Preis um bis zu 20 Prozent jeweils nach oben oder nach unten korrigiert werden kann. Uber bleibt seinem Geschäftsgebaren treu und berechnet bei nahezu allen Fahrten einen um 20 Prozent niedrigeren Preis. Das bestätigt auch Kuna und rechnet in seinem offenen Brief die Auswirkungen auf ihn und die anderen Uber-Partner vor: „Da Sie fast jedem Ihrer Kunden einen Fahrpreis 20 % unterhalb des Taxitarifes anbieten und zuzüglich den Vermittlungszuschlag nicht in die Preisberechnung mit einbeziehen, haben wir trotz der Tariferhöhung ein Minus von ca. 6 % zzgl. € 2 gegenüber dem Tarif von 2012. Das ist ein Minus von 30 % bis 40 %, wenn wir vom aktuellen Tarif ausgehen.“ Dazu kämen noch einmal niedrigere Preise für Fahrten, welche die Wiener Stadtgrenze überschreiten, und die Kuna wörtlich als „echt lächerlich“ bezeichnet. „Sie sollten auch etwas an Ihre Partnerunternehmer und deren Lenker denken“, appelliert der Taxiunternehmer im Namen seiner Kollegen.
Der in Cc sowohl an die österreichischen Medien als auch an Taxi Times gerichtete Brief zwang Martin Essl zu einer Stellungnahme. Schuld sei das neue Taxigesetz, das laufend evaluiert werde, will Essl den schwarzen Peter gerne weitergeben. Viele Uber-Fahrer würden wegen der nichtbestandenen Taxischeinprüfung nicht mehr zur Verfügung stehen, wodurch lange Wartezeiten für die Nutzer anfallen, weil die Nachfrage zu Stoßzeiten und in der Nacht das Angebot übersteige. Das ließe sich laut dem Uber-Wien-Chef in Zukunft optimieren.
„Wir sind im Gespräch mit unseren Partnern und für Feedback offen. Viele Fahrer bestätigen, dass wir im Rahmen der rechtlichen Vorgaben kundenorientiert agieren, so für höhere Auslastung und damit für mehr Einkommen sorgen“, wird Essl in der Presse zitiert. hs
Anmerkung der Redaktion: Nach den Protesten in anderen europäischen Ländern melden sich erstmals auch im deutschsprachigem Raum Uber-Partner zu Wort. Selbst die blauäugigsten Unternehmer erkennen mittlerweile, dass Fahrten zu Dumpingpreisen wirtschaftlich nicht tragbar sind. Die Reaktionen des Österreich-Chefs auf den Brief zeigen jedoch, dass Uber nicht gewillt ist, sein bisheriges Geschäftsgebaren aufzugeben. Den Markt mit Dumpingpreisen zu überschwemmen, gehört zur DNA des US-Vermittlers. Das System funktioniert aber nur, solange Uber immer genügend Partner und Fahrer findet, um diejenigen, die man ausgeblutet hat, durch Nachrücker ersetzen zu können. Wenn diese Kette unterbrochen wird, verliert Uber nicht nur Partner, sondern auch Kunden, die zum Taxi zurück wandern, wie das Beispiel aus den USA zeigt.
Mit der Novelle des österreichischen Gelegenheitsverkehrsgesetzes und der damit verbundenen höheren Eintrittsschwelle tut sich Uber nun sehr schwer, für den nötigen Nachschub zu sorgen. Kuna und seine Kollegen hofften darauf, am längeren Hebel zu sitzen. Wenn aber selbst das nichts nutzt, wäre der nächste konsequente Schritt, die Partnerschaft mit Uber zu kündigen – solange man unabhängig genug dafür ist.
Beitragsfoto: Axel Rühle