Parallel zur Bundestagswahl dürfen die Berliner auch ihre Vertreter des Abgeordnetenhauses wählen. Wie positionieren sich die Berliner Parteien zu den Themen Taxi und Verkehr?
Vorweg: Obwohl die sechs aktuell im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien ein breites Spektrum von rechts bis links abdecken, finden sich in den Wahlprogrammen zu diesen Themen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Beispielsweise ist Inklusion für alle Parteien im Abgeordnetenhaus ein Muss, ebenso das Ziel eines umweltfreundlicheren Verkehrs mit mehr und attraktiverem ÖPNV.
Taxi Times hat in seiner kürzlich erschienenen Berliner Regionalausgabe die Positionen der sechs Parteien zusammengefasst und listet nachfolgend einen Auszug (die Top-4) daraus auf – als mögliche Orientierung für die bisher Unentschlossenen. Die Reihenfolge basiert auf der Stimmverteilung der letzten Wahl im Jahr 2016.
SPD-Verkehrspolitik
Die SPD hat als Spitzenkandidatin Franziska Giffey aufgestellt, eine Kennerin der Stadt und besonders ihrer sozialen Probleme. Was die verkehrspolitischen Vorstellungen der SPD betrifft, so lässt sich eine große Schnittmenge mit den beiden Koalitionspartnern ausmachen. Auch die SPD sieht im Auto nicht die Mobilität der Zukunft und steht hinter dem Mobilitätsgesetz, aber Berlin könne und werde weder ausschließlich eine Autostadt noch ausschließlich eine Fahrradstadt sein. Folglich wird kein radikaler Kurs gegen den Autoverkehr angestrebt, sondern ebenfalls ein Ausbau des ÖPNV-Netzes als Anreiz zum Umstieg.
Das Taxi im SPD-Wahlprogramm
Zu taxirelevanten Themen schreibt die SPD: „Carsharing-Angebote werden wir möglichst auf ganz Berlin ausweiten und das lokale Taxigewerbe fördern.“ Das Inklusionstaxi will man „erhalten und verbessern“. Private Fahrdienste, die wie Taxis agieren, „müssen auch wie Taxis reguliert werden. Wir wollen das lokale Taxigewerbe vor unlauterem Wettbewerb schützen.“
CDU-Verkehrspolitik
CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner befürwortet den Weiterbau der A 100 und hätte zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV am liebsten einen Zwei-Minuten-Takt zu Stoßzeiten, außerdem deutlich bessere Takte in allen Stadtteilen auch beim Bus und ein 365-Euro-Ticket, da nur ein viel attraktiverer ÖPNV die Straßen entlasten könne. Von jeder Haltestelle Berlins aus sollen in maximal 30 Minuten Alex oder Zoo erreichbar sein, hierzu bedürfe es weiterer „Expressverkehrsmittel (Regio, S- oder U-Bahn, Tram, X-Bus)“ sowie Rufbusse nach „Berlkönig“-Vorbild. Zudem werden umfangreiche Ausbaumaßnahmen und Verbesserungen im Regional- und Fernverkehr angekündigt, wobei ein Schwerpunkt auf PR-Parkplätzen liegt. Diese gelten als Schlüssel zur Entlastung innerstädtischer Straßen.
Im „fairen Miteinander aller Mobilitätsformen“ habe auch das Auto seinen „berechtigten Platz“. Eine City-Maut lehnt die CDU ab. „Auch die Elektromobilität bringen wir voran – mit Batteriewechselstationen und 50.000 zusätzlichen Ladepunkten“, so das Wahlprogramm. Für eine „nachhaltige, vernünftige und unideologische Verkehrswende“ setzt die CDU auch auf die Wasserstofftechnologie.
Das Taxi im CDU-Wahlprogramm
Unter der Überschrift „Zukunftsprogramm Taxi“ heißt es im Wahlprogramm: „Wir werden ein Zukunftsprogramm Taxi auflegen, um diese Mobilitätsform fit für die kommenden Jahrzehnte zu machen. Dazu gehören die klimagerechte Umwandlung der Taxiflotte, eine angepasste Konzessionsvergabe und das konsequente Vorgehen der Ordnungsbehörden gegen schwarze Schafe unter den Taxiunternehmen.“ Gleich anschließend steht im Absatz „Neuartige Fahrvermittlungsdienste“ dann aber: „Dank digitaler Innovationen können neuartige Fahrvermittlungsdienste einen Beitrag zur Individualmobilität in Berlin leisten. Wir wollen diese Dienste in Berlin zulassen, solange für die Fahrer und Fahrzeuge die gleichen Qualitätsanforderungen gelten wie im Taxibereich.“
Grüne Verkehrspolitik
Das genaue Gegenteil vom Straßennetzausbau wollen Bündnis 90/Die Grünen (und Die Linke). Bettina Jarasch, die Spitzenkandidatin der Grünen, sagte im März, statt über den Weiterbau der A 100 sollte man über den Rückbau reden. „Ich meine damit, dass Berlin mit der A 100 vor vielen Jahrzehnten etwas begonnen hat, was im Jahr 2021 ganz klar ein Fehler ist. Innerstädtischer Raum ist heutzutage viel zu wertvoll, um ihn an eine Autobahn zu verschwenden.“
Da bei Autobahnen auch der Bund mitzureden hat, wird die A 100 voraussichtlich ab 2024 im Ortsteil Alt-Treptow enden. An der vorläufig letzten Ausfahrt an der Straße Am Treptower Park droht dann ein extremes Stauchaos, da die Fertigstellung der Elsenbrücke erst für 2028 erwartet wird – für die Grünen ein Grund, die aktuelle Bautätigkeit in Frage zu stellen. Für die anderen – mit Ausnahme der Linken – ist es dagegen ein Grund, den 17. Bauabschnitt, also die Fortsetzung von Alt-Treptow nach Lichtenberg, zügig anzugehen.
An einigen Stellen fordert das grüne Wahlprogramm eine konsequente Umsetzung der Klimaschutzziele: Autos mit Verbrennungsmotor sollen bis 2030 aus der Innenstadt und bis 2035 aus ganz Berlin verschwinden. Zudem wollen Sie eine „City-Maut“ für die Innenstadt einführen.
Mit der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes von 2018, das deutlich die grüne Handschrift trägt, sind weitere Vorhaben bereits in Teilen umgesetzt worden und im Straßenraum sichtbar, etwa die Umverteilung des Straßenraums zugunsten des Fahrradverkehrs oder die Erweiterung des Busspurnetzes mit punktueller Verbreiterung von Busspurabschnitten, die das Überholen von Radfahrern durch Busse und Taxen ermöglicht.
Das Taxi im grünen Wahlprogramm
Das Taxigewerbe wollen die Grünen erhalten und „ihm neue Geschäftsfelder eröffnen: ob beim Pooling oder durch Inklusionstaxis.“ Deren Anzahl wollen die Grünen deutlich erhöhen.
Linke Verkehrspolitik
Die Linke stimmt den Grünen zu, die A 100 solle zurückgebaut werden. Der Zugang zu Mobilität solle weder vom Wohnort noch vom Besitz eines Autos, vom Gesundheitszustand und auch nicht vom Geldbeutel abhängen. Zudem wünscht sich die Linke kostenlosen Linienverkehr, wie er für Schüler üblich ist, langfristig für alle. Finanzieren wollen die Linken das unter anderem mit einer Nahverkehrsabgabe und einer höheren Besteuerung von Diesel. Im Unterschied zu den Grünen lehnen sie eine City-Maut ab und wollen „niemanden zwangsbeglücken“, sondern allen die Wahl des Verkehrsmittels lassen.
Das Taxi im linken Wahlprogramm
Zur Umsetzung des Inklusionsgedankens regt Die Linke an, das Land Berlin solle Inklusionstaxen kaufen und an die Unternehmer verleasen, um die Barriere der hohen Anschaffungskosten zu umgehen (ein Vorschlag, den auch Oliver Friederici von der CDU bereits äußerte). Außerdem steht in ihrem allgemeinen, aber sehr umfangreichen Wahlprogramm, man wolle die „Bevorteilung von Uber und Co „beenden, da Taxen eine wichtige Aufgabe in der Ergänzung des ÖPNV übernehmen. Wir wollen Kontrollen von Mietwagenunternehmen bezüglich der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen deutlich verstärken. Berlin sollte nach dem Vorbild Hamburgs Mietwagenunternehmen zur Installation von Fiskaltaxametern verpflichten, damit Kontrollen wirksam durchgeführt werden können.“ ar/jh
Hinweis der Redaktion: Die Berliner Wahlprogramme der AFD sowie der FDP können in der Print-Ausgabe der Taxi Times Berlin nachgelesen werden. In dieser Print-Ausgabe wurde die Forderung der Grünen nach einer City-Maut versehentlich auch beim Programm der Linken platziert. Den kostenlosen Linienverkehr für alle, den sich Die Linke wünscht, will sie nicht, wie in der Taxi Times Berlin irrtümlich geschrieben, mit der City-Maut finanzieren – ganz im Gegenteil: Sie lehnt die City-Maut in ihrem Wahlprogramm ganz entschieden ab, wie uns ihr verkehrspolitischer Sprecher mitteilte. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
Das Beitragsfoto zeigt die Spitzenkandidaten zur Wahl für das Berliner Abgeordnetenhaus und den jeweils wichtigsten Verkehrspolitiker der sechs vertretenen Parteien; von links oben nach rechts unten: Bettina Jarasch (Grüne), Tino Schopf (SPD), Oliver Friederici (CDU), Franziska Giffey (SPD), Kai Wegner (CDU), Kristian Ronneburg (Linke), Regine Günther (Grüne), Klaus Lederer (Linke), Henner Schmidt (FDP), Frank Scholtysek (AfD). Die Fotos wurden von den Kandidaten bzw. deren Parteien zur Verfügung gestellt.