Ein Düsseldorfer Mehrwagenbetrieb hat eine Kostenkalkulation erstellt, die gleich mehrere Aufschlüsse zulässt: So ist beispielsweise ein taxiähnlicher Mietwagenbetrieb unterhalb des Taxitarifs nur mit Verlusten umsetzbar. Gleichzeitig wird aber auch klar, dass eine politisch gewollte Mindestlohngrenze von zwölf Euro mit den jetzigen Tarifen nicht mehr darstellbar sein wird. Trotzdem muss als Konsequenz daraus nicht zwingend (nur) eine Tariferhöhung folgen.
Die Betriebskosten für ein Taxiunternehmen werden nicht allein durch starre Lohnkosten bestimmt, es gibt auch noch weitere kalkulative Elemente. Fraglich wäre dann, ob diese Elemente tatsächlich einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf das Betriebsergebnis zulassen. Der Düsseldorfer Unternehmer Ralf Goossens hatte erst vor kurzem auf einem Treffen der ERFA-Gruppe seine betriebliche Kalkulation vorgestellt, die auf der Auswertung der digitalen Taxameter-Daten seiner Taxiflotte basierte. Schaut man sich diese betriebswirtschaftliche Auswertung an, wird deutlich, dass es neben den Lohnkosten nur wenige Faktoren gibt, die den Unternehmen überhaupt Spielräume gewähren. Die Kalkulation stellt klar, dass bei gleichbleibender Besetztquote nur wenige variable Faktoren gravierende Änderungen bewirken, denn Fahrzeuge, Versicherungen, Treibstoffe, Sozialversicherung oder (Berufs-)Genossenschaften kosten nun mal alle ungefähr das Gleiche.
Goossens Tabelle zeigt nun, dass ein Düsseldorfer Taxiunternehmen zu den aktuellen Bedingungen mäßig ertragreich betrieben werden kann. Ersetzt man allerdings den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent, wie er von Mietwagen zu entrichten ist, stellt solch eine Kalkulationstabelle unmissverständlich klar, dass Mietwagen eigene Märkte im ertragreicheren Luxussegment bedienen müssen, wenn sie betriebswirtschaftlich sinnvoll betrieben werden sollen.
In einem taxiähnlichen Verkehr sind diese zwölf Prozent Steuerdifferenz nicht zu kompensieren und ein solches Mietwagenunternehmen erzielt, sofern alle gesetzlichen Regeln gleichermaßen beachtet werden, zwangsläufig Verluste.
Aus Taxisicht offenbart diese Goossens-Kalkulation allerdings auch, dass eine Mindestlohnerhöhung den aktuellen Ertrag drastisch senkt – mit dem üblichen Reflex, zur Kompensation die Einnahmen pro Fahrstrecke und Arbeitszeit zu erhöhen – sprich eine Tariferhöhung zu beantragen.
Dies ist allerdings nicht die einzige Alternative, es lohnt sich auch ein Blick auf die Beestztquote als variabler Faktor. Diese hat gemäß Goossens Tabelle einen überraschend starken Einfluss auf die Ökonomie (s)eines Unternehmens. Gossens Berechnungen belegen: Könnte er seine Besetzquote von aktuell 45 auf 50 Prozent steigern, ließe sich damit eine Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro durchaus kompensieren. Doch ist die Theorie einer fünfprozentigen Steigerung der Besetztquote so einfach in der Praxis umzusetzen?
Insbesondere da, wo man nicht nach einer Tour an den nächsten Taxistand fahren kann, um von dort zeitnah die nächste Rutsche zu übernehmen, ergeben sich mathematisch unüberwindliche Hindernisse. Spätestens seitdem der Mindestlohn den umsatzbeteiligungsbasierten Lohnsystemen seinen Zeitfaktor aufgedrückt hat, stehen alle Beteiligten vor dem Dilemma der Doppeloptimierung: Will ich Kilometer sparen, muss ich Zeit investieren, um auf die beste Tour warten zu können. Will ich Zeit sparen, muss ich Leer-Kilometer zum schnellstmöglichen Folgeauftrag investieren. Fakt ist, dass bei einem Mindestlohn von zwölf Euro ein Minimalumsatz von mindestens 30 Euro pro Arbeitsstunde zukünftig das Ziel sein muss.
Natürlich unterliegen Einzelunternehmer*Innen nicht gleichermaßen dem Zeitdiktat. Allerdings ist es für sie dafür umso schwerer, passende Folgeaufträge zu generieren. Insofern endet diese Arbeitsform dann schnell in der Selbstausbeutung. Sechzehn-Stunden-Arbeitstage mit Stundenumsätzen von weit weniger als zwanzig Euro sind für Einzelkämpfer*Innen da schnell an der Tagesordnung.
Hier zeigt sich für die Branche seit Jahren recht einheitlich, dass bei den Besetztquoten in der Regel schon kurz vor der magischen fünfzig Prozent Marke Schluss ist, wenn nicht zusätzlich auch Sammelfahrten das Unternehmensportfolio mitprägen. Eine wesentliche Optimierung der Besetztquote erscheint daher zwar wünschenswert, aber raum zu realisieren, solange sie nicht in der Einflusssphäre der Unternehmen liegt.
Das genau wäre aber der Ansatzpunkt für konstruktive Gespräche mit den Kommunen. Wenn eine um fünf Prozent höhere Besetztquote einen höheren Mindetslohn kompensiert, liegt es auch in der Verantwortung der Kommunen, die Rahmenbedingungen für eine bessere Auslastung zu schaffen. Einfachtes Beispiel daür: Eine sinnvolle Kooperation mit dem (meist kommunal betriebenen) ÖPNV.
Nicht nur während Corona waren und sind die abends und am Wochenende regelmäßig fast leeren Linienbusse außerhalb der Stoßzeiten vielen Taxlern ein Dorn im Auge. Wenn häufig nur ein oder zwei Fahrgäste an Bord sind, dann muss ein Linienverkehr auch mit Taxis zu betreiben sein – flexibel und nur dann, wenn die Busbetreiber solche Minimalauslastungen auch erwarten. Einige Kommunen in Deutschland haben solche Projekte während Corona bereits gestartet, möglicherweise kommen weitere Projekte hinzu.
Wenn es gelingt, Kommunen, ÖPNV und Taxigewerbe ins Gespräch zu bringen, dann wird daraus eine Win-Win-Win-Situation für alle drei Parteien zu generieren sein. Der ÖPNV-Betreiber muss weniger defizitäre Linien betreiben, der Taxibetrieb hat eine höhere Besetztquote und die Kommunen kommen um eine Tariferhöhung und damit um eine Mehrbelastung für Ihre Bürger herum.
Die gleiche Argumentation greift auch in Bezug auf Schülerfahrten, bezuschusste Seniorentaxis, 50/50-Angebote für Jugendliche, Frauen-Nacht-Taxi etc. Das Taxigewerbe sollte diese Fakten selbstbewusst nach außen vertreten.
Wenn also eine simple Tabellenkalkulation belegen kann, welche Optionen es gibt und wenn das Gewerbe nicht schuldhaft in diese Mindestlohnabhängigkeit geraten ist, dann sollte die Branche dies auch genauso darstellen: Wenn die Gesellschaft den Mindestlohn erhöhen möchte, muss sie mit der Konsequenz leben. Gäbe es infolge der höheren Tarife weniger Taxikunden, dann müssen eben auch weniger Taxis für deren Wünsche zu Verfügung stehen. Allein mit Einzelunternehmen wird Taxi den digitalen Herausforderungen unserer Zeit nicht gerecht werden. rw
Beitragsfoto (Collage): Remmer Witte
Spätestens nach der ersten Einführung des Mindestlohns musste jedem Unternehmen klar geworden sein, dass das Geschäft sich in Zukunft nicht mehr tragen kann. Wenn,
– die Anzahl der Konzessionen gleich bleibt oder sich erhöht.
– sich die Auslastung durch konkurrieren taxiähnlichen Verkehr verschlechtert.
– der ÖPNV immer stärker wird.
– die Kommunen eigene alternativen Formen wie Shuttles betreiben und nicht kostengünstig auf vorhandene Strukturen (z. B. Taxi) zurückgreifen.
Dort kann die Kommune handeln, wird aber von Gewerkschaften, Aufsichtsräten und andern gezwungen, nur das eigene Verkehrsunternehmen zu fördern. Dann schafft man lieber sogar neue Partner-Betriebe, die dann Ride anbieten.
So bleibt alles beim alten.
Kenne die Tabelle. Finde die Erkenntnis daraus aber sehr spät abgeleitet.
Nicht zu vergessen die Dumping-Konkurrenz durch Uber & Co. Die können zwar zu ihren Kursen gar nicht kostendeckend arbeiten, aber solange sie genug Investorengelder haben, um ihre Dumping-Strategie zu subventionieren sind sie ein ernsthaftes Problem.
Wie dieser rege Taxiunternehmer schon richtig erkannt hat, der Unterschied im Mehrwertsteuersatz zeigt deutlich, das so manches schlicht unrentabel ist und es zeigt, das Taxler hier tatsächlich an diesen 12 Prozent ihr Dasein knüpfen . Man muss sich das einmal vorstellen……. , was ist denn das für ein unternehmerischer Irrsinn. Gleichzeitig würgen wie in Leipzig , die Ämter das Gewerbe ab, indem fachfremde Sesselpuper ihre kruden Öko Ideen umsetzen wollen und wie man immer wieder sieht, treiben auch viele Krankenkassen unkontrolliert rechtlich bedenklich ihr Unwesen und knebeln so manch Taxler. …. Bei allem Wohlwollen, ich sehe in diesem Gewerbe keine Zukunft mehr , Amtler fördern Dumping Firmen wie Uber , Ausnahmeregelungen für Startups verzerren den Wettbewerb und so manch kommende Vorgaben machen jeden Gewinn zunichte . Wie in dem Bericht auch gut herauszulesen ist , das Taxigeewerbe überlebt derzeit bereits nur noch, weil sich offenbar viele nicht mehr ans Gesetz halten .
Hallo Herr Petersen, danke für Ihren Beitrag, in dem Sie nun schon zum gefühlt 1000sten Mal betonen, dass Sie diesem Gewerbe keine Chance mehr geben. Da Sie aber offensichtlich immer noch sehr rege unsere Berichte lesen, scheinen auch Sie das vermeintlich sinkende Schiff trotz allem Pessimismus noch nicht verlassen zu wollen. Wir von Taxi Times übrigens auch nicht, wir sind sogar der festen Überzeugung, dass dieses Schiff wieder in ruhigere Fahrwasser gelenkt werden kann. Allerdings benötigt es dazu Crew-Mitglieder, die mit ganzem Einsatz mitkämpfen und das Schiff nicht schon verloren gegeben haben.