Den Streit um die lange erwartete Taxiverordnung für die Region Brüssel-Hauptstadt begleitet eine erbitterte Auseinandersetzung um E-Taxi-Lizenzen.
Die Ökologisierung des Brüsseler Taxisektors ist ein äußerst schwieriger Prozess. Die frühere Brüsseler Verkehrsministerin Brigitte Grouwels versprach seinerzeit, dass 2012 die ersten E-Taxis Belgiens in Brüssel fahren würden. Es sollte dann noch bis zum 15. Oktober 2014 dauern, bis die ersten 34 BYD e6-Taxis (auf 1.300 Brüsseler Taxis) vor dem Museum Autoworld in der belgischen Hauptstadt präsentiert wurden. Es hatte aber schon im Vorjahr die ersten Beschwerden über die Vergabe der E-Lizenzen gegeben, und zum ersten Mal wurde der Staatsrat eingeschaltet.
Heute fahren nur 44 E-Taxis in der „europäischen Hauptstadt“. Auf dem Brüsseler Markt herrscht seit 2013 Rechtsunsicherheit: Wer hat die Genehmigungen für die E-Taxis bekommen und warum? Der Staatsrat hat diese Frage nun bereits zum dritten Mal beantwortet. Mindestens 22 der 50 E-Taxi-Lizenzen verlieren jetzt ihre Gültigkeit. Das höchste Gericht in Belgien entschied zugunsten des Taxiunternehmens Sprl Rayane & Partner, der 2013 bei der Vergabe der 50 neuen Taxilizenzen unterlegen war. Ende letzten Jahres hat der Staatsrat zum dritten Mal die 2013 erteilten Konzessionen für die Nutzung von E-Taxis widerrufen. Dies ist hauptsächlich auf die undurchsichtige Art und Weise zurückzuführen, in der die Verwaltung der Region Brüssel E-Lizenzen erteilt.
Der Direktor von Rayane & Partners, der 2013 nur knapp die E-Taxi-Lizenz verfehlt hatte, kritisierte insbesondere die mangelnde Transparenz bei der Bewertung der Kriterien während des Auswahlverfahrens. Im Unterschied zu den vorherigen Urteilen sieht das dritte Urteil keine Option auf eine Verlängerung der aktuellen Situation vor. Das bedeutet, dass die 22 E-Taxis mit sofortiger Wirkung stehen bleiben müssen.
„Meine Mandantin, der mehrere Punkte ungerechtfertigterweise zurückgezogen wurden, ist davon überzeugt, dass alles unternommen wird, um ihr diese Genehmigungen zu verweigern“, sagte Rechtsanwalt Bernard Francis von Rayane & Partners in L’Echo. Ministerpräsident Rudi Vervoort (PS), der die Brüsseler Taxis schon lange zur Chefsache gemacht hat, betont nachdrücklich, dass die künftige Taxiverordnung, die bis Sommer 2022 fertig sein soll, die Vergabe neuer Lizenzen für Elektrotaxis vorsieht – ungefähr acht Jahre, nachdem die ersten Elektrotaxis auf den Straßen von Brüssel in Betrieb genommen worden sind.
Laut Vervoort gibt es in Brüssel 15 aktive Taxiunternehmen mit insgesamt 44 E-Taxis, von denen zehn von der Nicht-Erneuerung der Lizenzen betroffen sind. Inzwischen gibt es einen weiteren Punkt, der Anlass für neuen Streit geben könnte. Während fünfzehn aktive Betreiber mit insgesamt 44 Fahrzeugen von der Entscheidung des Staatsrats betroffen sind, werden laut Vervoort nur zehn Betreiber durch die Nicht-Erneuerung ihrer Genehmigungen in ihrer Arbeit behindert. Diese zehn Genehmigungen müssen an Bruxelles Mobilité zurückgegeben werden, womit 22 E-Taxis aus dem Verkehr verschwinden.
Die Lizenzen von fünf anderen Betreibern wurden dank Anträgen, die vor dem Beschluss des Staatsrates eingereicht wurden, verlängert. Das ist zumindest die Argumentation des Kabinetts Vervoort. Rechtsanwalt Francis widerspricht dieser Interpretation: „Es macht keinen Unterschied, ob die Erneuerung der Lizenzen vor oder nach dem Beschluss des Staatsrates erfolgte. Diese Verlängerung beruht auf einer rechtswidrigen Grundlage, da die ihr zugrunde liegende Verordnung rückwirkend entzogen wurde,“ schließt er in L’Echo. wf
Beitragsfoto: E-Taxis in Brüssel. Foto: Wim Faber