Auf die anstehende Mindestlohnerhöhung der Bundesregierung muss die Taxibranche in Bayern mit Tariferhöhungen reagieren. Die beiden bayerischen Taxiverbände TVB und LV Bayern appellieren an die Mitglieder, diese Diskussion mit weniger Emotionen, dafür mit mehr Fakten zu führen.
„Das Taxigewerbe braucht faire Beförderungsentgelte und darf folglich kein schlechtes Gewissen haben, wenn die Preise deshalb den tatsächlichen Kosten anpasst werden“, schreibt der Landesverband Bayersicher Taxi- und Mietwagenunternehmen e. V. (LV Bayern) in einer gestern veröffentlichten Mitgliederinfo. Die Bürger in Deutschland hätten jüngst exakt diese Parteien gewählt, die hohe Mindestlöhne und mehr Klimaschutz versprochen haben und nun umsetzen. Beides koste den Staat viel Geld, bringe dem Bürger aber auch mehr Einkommen.
Man rate allen Taxiunternehmen sowie den örtlichen und regionalen Organisationen und Verbänden, frühzeitig alles Erforderliche in die Wege zu leiten, um den zu erwartenden Auswirkungen der Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 entgegenzusteuern. Als Verband stelle man selbst keine eigenen Änderungsanträge, berate aber die Mitglieder bei der Erstellung und Formulierung von Tarifanträgen.
In Bezug auf die mit jeder Tariferhöhung immer wieder aufkommenden internen Diskussionen warnt der LV Bayern, „emotionale oder unsachliche Faktoren in den Vordergrund zu spielen. Stattdessen muss der Fokus darauf liegen, dass auf Basis belastbaren Zahlenmaterials fundierte Tarifansätze erarbeitet werden, welche dem Gewerbe in der Folge ein einträgliches Auskommen sichern.“
Auch der Taxiverband Bayern (TVB) stellt die Fakten in den Vordergrund. In der in Kürze erscheinenden Regionalausgabe der Taxi Times München rechnet deren Vorsitzender Florian Bachmann die Kostensteigerung am Beispiel von München vor: „Im Vergleich zum aktuellen Mindestlohn von 9,82 Euro beträgt die für Oktober geplante Erhöhung auf dann 12 Euro genau 22,2 Prozent. Die Personalkosten in den Betrieben belaufen sich auf 60 bis 65 Prozent der Gesamtkosten. Das bedeutet, dass die pure Umlage der erhöhten Lohnkosten eine Anpassung des Tarifes nach oben um 11,7 Prozent erfordert.“
Es gelte laut TVB aber nicht nur die Mindestlohnerhöhung zu berücksichtigen, sondern auch weitere Kostenfaktoren. „Da sich in den letzten zwölf Monaten auch die Treibstoffpreise um 18 Prozent erhöht haben und ein Sinken der Treibstoffpreise nicht erwartet werden kann, müssen auch diese Mehrkosten anteilig zu den Gesamtkosten an die Kunden weitergegeben werden. Da ist von steigender Inflationsrate (sie liegt aktuell bei über fünf [!] Prozent) noch gar nicht die Rede. Rein rechnerisch ergibt sich dadurch eine reine Kostensteigerung allein in diesem Jahr um mehr als 15 Prozent.
In München habe man diese Berechnung bereits an die dortige Genehmigungsbehörde KVR weitergegeben und werde dort demnächst einen von den Münchner Gewerbevertretern und den Taxizentralen gemeinsam erarbeiteten Antrag auf Tarifanpassung einreichen.
Steigende Taxipreise schüren bei vielen Taxifahrern Ängste, man könne damit Kunden verlieren. Der LV will dieser These jedoch nicht folgen. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Tariferhöhungen nicht zu nennenswerten Fahrgasteinbußen geführt haben.
Mit nahezu identischer Wortwahl wie auch vergangene Woche der Landesverband Thüringen kommt auch vom LV Bayern die Empfehlung an die Soloselbständigen, sich „nichts vorzumachen, was nicht Realität ist. Das eigene Auskommen darf nicht auf dem hohen Gehalt des Partners oder auf Subventionen aus anderen Geschäfts-bereichen basieren. Genauso wenig darf es auf Grundlage der Selbstausbeutung oder auf der Nichtbefolgung bestehender Gesetze aufgebaut sein, sowie auch nicht auf einer schlechten bzw. nicht vorhandenen Kranken- und Pflegeversicherung oder einer nicht existenten oder nicht ausreichenden Altersvorsorge.“
Auch der TVB appelliert an die Anwendung von Fakten anstelle von Sturheit und Unsachlichkeit. „Jeder (Einzel-) Unternehmer, der unternehmerisch kalkuliert, muss auch für sich selbst Lohnkosten berechnen. Die Höhe eines Taxitarifs darf nicht darauf basieren, dass der einzelne Unternehmer zwölf und mehr Stunden arbeiten muss und sich selbst damit weit weniger als den Mindestlohn pro Stunde zugesteht.“
Speziell auf München und den dortigen Wettbewerb mit Uber & Co. führt der TVB aus, dass auch andere konkurrierende Unternehmen, deren Vermittlung auf Plattformen basiert, die steigenden Kosten weitergeben müssten, weil gerade diese Unternehmen fast ausschließlich mit Personal arbeiten. „Die Angst vor Kundenverlusten brauchen wir also nicht zu haben, denn auch dort müssen die Preise steigen“, sagt Bachmann. jh
Beitragsbild: Taxi Times
Hoffen wir, dass Herr Bachmann recht hat.