Wenn es nach der General Motors-Tochter Cruise ginge, dann würde der reguläre Betrieb mit den autonomen Taxis möglichst bald starten. Aktuell fahren die fahrerlosen Taxis noch gratis und häufig mit einem ‚Sicherheitsfahrer’ hinter dem Lenkrad. San Francisco wäre dann um eine Touristenattraktion reicher.
Bislang offeriert Cruise seine fahrerlosen Taxis in der Hafenstadt noch umsonst (und ab und zu sitzt doch noch jemand hinter dem Lenkrad), aber bald können die Kunden ein fahrerloses Taxi bestellen und – wie sonst üblich – für die Fahrt bezahlen. Eine Entscheidung darüber fällt am 2. Juni. Aktuell setzen sowohl die Alphabet/Google-Tochter Waymo als auch Cruise (die autonome Abteilung von General Motors) fahrerlose Taxis in der Nacht ein.
Cruise wäre gerne das erste Unternehmen, dass kostenpflichtige Robotaxi-Fahrten ohne Ersatzfahrer in San Francisco anbietet. Cruise würde gerne den Konkurrenten Waymo im Rennen um das Angebot bezahlter Robotaxi-Fahrten in San Francisco schlagen und als erstes Unternehmen mit den autonom fahrenden Autos Geld verdienen.
Gemäß einem am letzten Freitag von der California Public Utilities Commission (PUC) herausgegebenen Vorschlag, würden die staatlichen Aufsichtsbehörden Cruise erlauben, seine bestehenden Dienste in San Francisco zu erweitern und dem komplett fahrerlosen Unternehmen zu ermöglichen.
Das könnte auch den lokalen Ride-Hailing-Markt aufrütteln, da man annimmt, dass viele Besucher der Stadt die neue Option nutzen würden. Pandemiebedingt könnten die herkömmlichen Taxis, Ubers, Lyfts und öffentlichen Verkehrsmitteln dann ihre Fahrgäste verlieren. Die Versorgungskommission PUV bittet um eine öffentliche Stellungnahme zu dem Vorschlag und wird frühestens am 2. Juni darüber abstimmen.
„Die Genehmigung eines kostenpflichtigen Dienstes für unseren vollelektrischen, autonomen Fahrdienst würde Kalifornien in seiner Führungsrolle in Richtung einer sichereren, nachhaltigeren, gerechteren und zugänglicheren Zukunft der Beförderung voranbringen“, sagte Prashanthi Raman, Vice President of Global Government Affairs von Cruise in einer Stellungnahme. „Dieser Schritt ist ein ermutigender Fortschritt für Cruise und unseren Heimatstaat, und wir freuen uns darauf, die Zukunft der Beförderung sicher und in Abstimmung mit unseren kalifornischen Aufsichtsbehörden und unserer Gemeinde zu ebnen.“
Wenn der Antrag genehmigt wird, kann Cruise in bestimmten Straßen von San Francisco außerhalb der Innenstadt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr den kostenpflichtigen Passagierservice anbieten. Der Service soll vorerst nur nachts angeboten werden, weil es dann naturgemäß weniger Staus gibt und kaum Fußgänger und Fahrradfahrer unterwegs sind.
Weiter wird vorgeschrieben, dass die fahrerlosen Fahrzeuge von Cruise nicht schneller als 30 Meilen pro Stunde (ca. 48 km/h) fahren dürfen und auch bei starkem Regen oder Nebel ihren Betrieb einstellen müssen. Das Unternehmen dürfte auch keine Mitfahrgelegenheiten für Fahrgäste aus verschiedenen Gruppen anbieten. Cruise müsste der PUC einen neuen Sicherheitsplan vorlegen, um diesen Betrieb zu ändern. Öffentliche Kommentare zum Vorschlag der Versorgungskommission sind bis 19. Mai möglich.
Die Versorgungskommission „erkennt die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Datenerfassung und des Engagements der Interessengruppen an, wenn das AV-Programm weiter skaliert und weiterentwickelt wird“, heißt es in der Resolution. „Bisher war der Fahrgastbetrieb und damit die Datenerfassung begrenzt, sodass es schwierig ist, die Sicherheitsrisiken im Verhältnis zu den Sicherheitsvorteilen autonomer Fahrzeuge zu quantifizieren.“
Cruise wurde im Februar autorisiert, kostenpflichtige Robotertaxifahrten mit einem Ersatzfahrer im Auto anzubieten. Es beantragte im November 2022, kostenpflichtige Fahrten ohne Ersatzfahrer anzubieten. Waymo, das dem Google-Mutterunternehmen Alphabet gehört, bietet seit fast zwei Jahren kostenpflichtige, fahrerlose Fahrten in Phoenix, Arizona – aber nicht in Kalifornien – an. Seit letztem Sommer bietet es einigen Einwohner von San Francisco Fahrten mit einem Ersatzfahrer an.
Aber es gibt auch Gegenstimmen. Disability Rights California (DRC), eine Organisation, die sich für die Rechte behinderte Menschen einsetzt, hat sich schon zu Wort gemeldet, und protestierte gegen den Antrag von Cruise, da er die vom Americans with Disabilities Act vorgeschriebenen Standards für die Beförderung von mobilitätseingeschränkten Menschen nicht erfülle. Mehrere Agenturen in San Francisco reagierten auf den Antrag von Cruise mit Bedenken hinsichtlich des Anhaltens in zweiter Reihe zum Absetzen der Fahrgäste und hinsichtlich der Zugänglichkeit der vorgeschlagenen Dienstleistungen des Unternehmens, so die Versorgungskommission.
Dagegen haben zahlreiche Gruppen Cruise dafür gelobt, dass es eine vollständig elektrische Fahrzeugflotte betreibt oder dazu beiträgt, die Autonomie älterer Menschen und Menschen mit Behinderungen zu verbessern und Mobilität sichern soll, ohne sich auf eine körperlich leistungsfähigere Person verlassen zu müssen.
Auch in Deutschland ist das autonome Fahren ein wichtiges Thema. In der kommenden Ausgabe der Taxi Times München hat sich die Redaktion dieser wichtigen Thematik gewidmet. wf
Beitragsfoto: Wenn es nach dem Willen von Cruise ginge, dann würde man in San Francisco bald einen regulären Taxifahrt mit einem fahrerlosen Auto buchen können? Foto: Cruise