Wollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich trennen, ohne Risiken einzugehen, so ist dies nicht einfach, auch wenn beide Seiten eigentlich nur das Beste füreinander wollen.
Fast alle Wege bei einer Kündigung bergen Risiken für die eine oder die andere Seite, die vorab oft nicht bedacht werden. Wer kündigt hier wem – oder ist eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung der Königsweg?
Wir leben in verrückten Zeiten und arbeiten in einem verrückten (Taxi-)Gewerbe. Da verwundert es niemanden, dass auch das Thema Kündigung inzwischen unter ganz anderen Aspekten zu betrachten ist, als der Gesetzgeber sich das ursprünglich mal gedacht hat. Immer wieder kommt beispielsweise aus verschiedensten Gründen die Frage an Chef oder Chefin, ob die nicht das Arbeitsverhältnis kündigen können. Diese sind da zögerlich, Kündigungsprozeduren bergen bekanntlich große Risiken. Was also sollten Arbeitergeber*in = AG oder Arbeitnehmer*in = AN zum Thema wissen?
Vorweg: Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen und ist unwirksam, wenn sie mündlich, per Telefon, Fax, Whatsapp oder E-Mail mitgeteilt wurde. AG oder AN beenden daher schriftlich ein Arbeitsverhältnis mit einer ordentlichen Kündigung unter Beachtung der Kündigungsfrist. Kündigt der AG, hat er die Entscheidung zwischen der betriebsbedingten, der personenbedingten oder der verhaltensbedingten Kündigung.
Betriebsdingt kündigt der AG, wenn dauerhaft kein Bedarf mehr besteht, den Mitarbeiter zu beschäftigen. Nur für diese betriebsbedingte Kündigung gilt dabei der klassische Kündigungsschutz, falls denn zehn oder mehr AN beschäftigt werden. Ob es sich bei dem Kündigungsgrund um inner- oder außerbetriebliche Gründe handelt, ist nicht maßgeblich. Zu prüfen ist in diesem Fall lediglich, ob der AN an einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt werden kann und die Kriterien der Sozialauswahl beachtet wurden.
Arbeitsrechtlich wird es allerdings immer Gründe geben, eine solche Kündigung anschließend AN-seitig in Frage zu stellen, wenn der AN dem AG Böses will. Der AG ist mit einer solchen Kündigung also regelmäßig angreifbar. Der AN kann immer darauf hoffen, noch eine kleinere oder größere Abfindung einzustreichen, wenn er klagt. Auch, wenn es bekanntlich kein verbrieftes Recht auf eine Abfindung gibt: Das Risiko liegt hier klar beim AG. Dies gilt besonders, wenn der AN im Anschluss direkt zur Arbeitsagentur muss, denn dort wird man ihm häufig sogar „sehr nahelegen“, den Rechtsweg zu prüfen. Und nicht alle Beschäftigten sind dann standhaft genug, diesen Ratschlag im Eigeninteresse der Agentur nicht doch zu befolgen.
Ähnlich sieht es meist bei der personenbedingten Kündigung aus. Dazu zählen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge des Verlusts des Führerscheins oder auch krankheitsbedingte Kündigungen. Auch diese Kündigung ist an strenge Voraussetzungen geknüpft, denn der AG muss im Streitfall nachweisen können, dass er ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchführt hat, um die Arbeitsunfähigkeit des AN betriebsintern zu überwinden. Dieser Nachweis scheitert oft nicht an den Fakten, sondern eher an den Formalien. Der AG sieht sich hier also wiederum schnell mit einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag konfrontiert, in dem das Wort Abfindung vorkommt.
Verbleibt noch die verhaltensbedingte Kündigung, welche in Betracht kommt, wenn ein Arbeitnehmer gegen die betriebliche Ordnung verstößt, Straftaten begeht oder Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt, beispielsweise indem er unentschuldigt fehlt oder auch regelmäßig zu spät kommt. Hier erwartet der Gesetzgeber zunächst als milderes Mittel eine Abmahnung, zumindest dann, wenn es um ein steuerbares Verhalten eines AN geht. Eine Abmahnung muss dabei verständlich erklären, in welcher Situation der AN gegen welche Regel aus Gesetz oder Arbeitsvertrag verstoßen hat, wie er sich hätte anders verhalten können und was drohen könnte, wenn er erneut gegen diese Regel verstößt. Die arbeitsrechtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abmahnung erfolgt dabei meist erst in einem ggf. darauf basierenden Kündigungsverfahren, daher ist bei der Formulierung von Abmahnungen besonders große Sorgfalt geboten.
Schon nach einer Abmahnung besteht das Kündigungsrisiko bei einem erneuten zeitnahen Verstoß gegen dieselbe Regel. Nur bei einem Verstoß gegen eine andere Regel bedarf es noch einer weiteren Abmahnung, die bestenfalls aber darauf hinweist, dass es schon eine Abmahnung wegen eines anderen Fehlverhaltens gab. Zu viele Abmahnungen sind im Übrigen eher schädlich, solange sie um ein und dasselbe Thema kreisen. Vergeht allerdings ein Jahr oder mehr des Wohlverhaltens, bevor es zu neuen Fehlern kommt, bedarf es vor einer letztendlichen Kündigung aus diesem Grunde dann nochmals einer Abmahnung, damit der AN sich des Kündigungsrisikos auch wirklich bewusst ist. Der Ausnahmefall – die außerordentliche Kündigung – bedarf noch weiterer Formalien, um rechtssicher zu bestehen, und ist ohne juristische Unterstützung nicht zu empfehlen.
Kündigt dagegen der AN ordentlich, löst er das Beschäftigungsverhältnis aus Sicht der Arbeitsagentur ohne wichtigen Grund. Das hat zur Folge, dass dem Arbeitnehmer bis zur Dauer von 12 Wochen das Arbeitslosengeld nicht gezahlt wird (Sperrfrist). Ein Gimmick am Rande: Hält sich der AN nicht an die Kündigungsfrist, ist dies zwar illegal, der AG hat aber zumindest bei den meist ungelernten Beschäftigungen wie in der Taxi- und Mietwagenbranche kaum eine Chance, den AN zurück an den Arbeitsplatz zu zwingen oder alternativ Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
Im Ergebnis hat also immer der- oder diejenige das erhöhte Risiko, entweder finanziell oder für eine Sperre, der oder die aktiv kündigt. Auch bei einem einvernehmlichen Aufhebungsvertrag droht dem AN eine Sperre, wenn er diesen Aufhebungsvertrag freiwillig abgeschlossen hat. Im Gegenzug werden inzwischen auch einvernehmliche Abwicklungsverträge oft im Nachhinein erfolgreich angefochten, da der AG den AN vermeintlich unter Druck gesetzt habe. Beweise sind in diesen Fällen beidseitig schwierig, aber im Zweifel winkt auch hier schon wieder das Damoklesschwert Abfindung am Horizont. Auch eine einvernehmliche Trennung ohne das Risiko von Sperre oder Abfindung erscheint daher ebenfalls kaum möglich.
Gewiefte Arbeitsjuristen haben zur Ursprungsfrage jedoch noch folgenden Vorschlag: Zunächst wird AG-seitig verhaltensbedingt gekündigt – irgendein Grund findet sich wahrscheinlich immer. Ist diese Kündigung ausgesprochen, kann auf dieser Basis ein Angebot für einen Abwicklungsvertrag ausgesprochen werden. Nach dessen Unterzeichnung kann die eigentliche Kündigung dann auf Eis gelegt werden. Die Formulierung im Aufhebungsvertrag müsste in etwa lauten: „Zur Vermeidung einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung treffen die Beteiligten auf Veranlassung des Arbeitgebers folgende Vereinbarung: Das Arbeitsverhältnis zwischen A und B wird zum XX.YY.ZZZZ im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben.“
Das Risiko für den AG ist tatsächlich gering, denn nun müsste auch ein böswilliger AN erst gegen die Auflösungsvereinbarung angehen und dann anschließend gegen die eigentliche Kündigung. Und für den AN besteht kein Risiko für eine Sperre, da ja ausdrücklich der AG die Kündigung veranlasst hat. Das erwünschte Patt ohne Risiko für AG oder AN wäre so also tatsächlich erreicht – allerdings mit enorm großem Aufwand. rw
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