Endet ein Arbeitsverhältnis, so kommt es oft zu Uneinigkeit zwischen Mitarbeiter und Chef. Auf verhaltensbedingte Kündigungen wird gerne mal mit Krankschreibung reagiert. Aber auch Freistellungen sorgen zuweilen für Ärger. Was kann also, was darf, was muss und was geht gar nicht?
Insbesondere zum Ende einer Beschäftigung kommt es – so auch im Taxi- und Mietwagengewerbe – oft zum Streit zwischen beiden Seiten. Verdächtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind da schnell im Spiel, vor allem, wenn parallel personen- oder auch verhaltensbedingten Kündigungen seitens des Arbeitgebers im Raum stehen. Aber auch eine arbeitgeberseitige Freistellung stößt nicht immer auf Gegenliebe.
„Lass Dich doch erst mal krankschreiben“, dieser Tipp wird vor allem von Freunden und Familie schnell mal gegeben, wenn es im Job nicht so gut läuft. Vergessen wird dabei oft, dass die Lohnfortzahlungspflicht, der Arbeitgeber zumindest sechs Wochen lang unterliegen, diesen zumindest in Mehrwagenbetrieben mit mehr als dreißig Beschäftigten schnell in Bedrängnis bringen kann, spätestens, wenn es mehrere Krankmeldungen gleichzeitig im Betrieb gibt. Und auch, wenn kleinere Betriebe unter dreißig Arbeitsplätzen hier über die U1-Umlage zumindest etwas mehr als die Hälfte der Lohnfortzahlung von den Krankenkassen erstattet bekommen, zahlt niemand gern, wenn er der Meinung ist, dass es mit einer der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AUBs) eventuell nicht mit rechten Dingen zugeht. Der Verdacht gegen die Rechtmäßigkeit einer AUB ist also schnell im Spiel, vor allem, wenn es zuvor zur personen- oder auch verhaltensbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers gekommen ist.
Die relevante Frage lautet hier, ob der Arbeitgeber einen Anspruch auf Rückerstattung der Lohnfortzahlung hat, wenn er vorschnell gezahlt hat und sich im Nachhinein herausstellt, dass der Arbeitnehmer gar nicht krank gewesen ist. „Wenn es dem Arbeitgeber gelingt, den Beweiswert der AUB zu erschüttern und der Arbeitnehmer hierzu nicht näher vorträgt, lässt sich nunmehr tatsächlich feststellen, dass der Arbeitgeber einen Anspruch auf Rückforderung der Lohnfortzahlung hat“, berichtet die Rechtsabteilung des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) unter Verweis auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg (12 Sa 1266/23).
Wann aber liegen Zweifel an der AUB vor? Ein passgenaues Zusammentreffen zwischen Kündigungsfrist und Krankmeldung kann sowohl medizinische als auch rechtliche Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers begründen. Ebenso begründet die Überschreitung der regelmäßigen Höchstdauer einer AUB von zwei Wochen Zweifel an der ärztlichen Bescheinigung, wie der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie zu entnehmen ist. Für das Vorliegen von Zweifeln an der AUB ist zunächst jedoch der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig.
Liegen jedoch tatsächlich Zweifel an der AUB vor, verliert der Arbeitnehmer eben nicht gleich automatisch seinen Lohnfortzahlungsanspruch. Vielmehr ist zunächst „nur“ der Beweiswert der AUB erschüttert, berichtet der GVN. Jetzt wäre der Arbeitnehmer am Zug, seinerseits im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast nachzulegen. Er muss nun substantiiert vortragen, warum sein Fehlen sehr wohl als entschuldigt anzusehen ist. Denkbar ist dies durch Darlegung der Krankheitsursachen, Symptome oder ärztlich verordnete Therapiemaßnahmen durch die Benennung des behandelnden Arztes als Zeugen. Wenn der Arbeitnehmer zu seiner Krankheit jedoch nichts sagt, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei gar nicht arbeitsunfähig krank gewesen, als zugestanden. In diesem Fall verliert der Arbeitnehmer dann tatsächlich seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Die gute Nachricht für Arbeitgeber ist gemäß dem Urteil des LAG Berlin-Brandenburg, dass verdächtige Krankschreibungen nicht nur während der Kündigungsfrist von den Arbeitsgerichten zunehmend kritischer betrachtet werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kündigung durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ausgesprochen wurde und ob es sich um eine einzige oder mehrere Folgebescheinigungen handelt. Der Arbeitnehmer muss nunmehr, wenn Zweifel an der AUB vorliegen, selbst aktiv werden und beispielsweise durch zusätzliches ärztliches Zeugnis beweisen, dass er tatsächlich krank war. Tut er es nicht, gelten die Zweifel an der Krankheit als zugestanden und der Arbeitnehmer verliert seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
An dieser Stelle ergibt sich dann oft auch die Frage, ob sich der Arbeitnehmer aus Eigeninitiative entscheiden darf, seinen Krankenstatus kurzfristig aufzuheben, ohne dafür nochmals seinen Arzt zu konsultieren. Die Antwort darauf lautet grundsätzlich ja, denn ein Arbeitnehmer kann aus eigenem Antrieb durchaus entscheiden, früher wieder zur Arbeit zu kommen, wenn er sich gesundheitlich dazu in der Lage fühlt. Allerdings sollte es jeder Arbeitgeber an dieser Stelle tunlichst unterlassen, irgendwie gearteten Druck auf den Arbeitnehmer auszuüben, denn das kann erhebliche Regressansprüche auch seitens der Krankenkassen auslösen, wenn er falsch lag.
Und wie sieht es im Umkehrschluss aus, wenn der Arbeitgeber einen gekündigten und sich in der Kündigungsfrist befindlichen Arbeitnehmer freistellt, beispielsweise weil er ihn nach der Kündigung nicht mehr auf seine Kunden loslassen will? Bei einer Freistellung wird der Arbeitnehmer einseitig vom Arbeitgeber von seiner Arbeitspflicht entbunden. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit kommen muss, aber grundsätzlich weiterhin Anspruch auf seinen Lohn hat. Eine Freistellung ohne Lohnanspruch ist zwar ebenfalls möglich, wird aber wohl nur bei Freistellungen aus betrieblichen Gründen denkbar sein, beispielsweise, um einvernehmlich Arbeitsplätze zu retten. Im Streitfall zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist diese Option jedoch nicht vorgesehen, da sie ansonsten natürlich sofort den gesetzlichen Kündigungsschutz aushebeln würde. Eine Freistellung ist im Übrigen auch nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Dies können persönliche Gründe sein, zum Beispiel wenn der Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat oder unter einer Krankheit leidet, die ihm eine im Sinne des Arbeitgebers zuverlässige Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben unmöglich macht. Und auch wenn der Arbeitgeber einen begründeten Verdacht hegt, dass der Arbeitnehmer ein Fehlverhalten begangen hat, kann er ihn freistellen, zumindest, bis dieser Sachverhalt geklärt ist.
Der Arbeitgeber muss bei einer Freistellung jedoch einige formale und rechtliche Vorgaben beachten. Dazu gehört unter anderem, dass er den Arbeitnehmer schriftlich freistellen und dies auch begründen muss. Zusätzlich muss er ihm mitteilen, ob die Freistellung mit oder ohne Bezahlung erfolgt, und er muss die Freistellung, sofern ein Betriebsrat existiert, mit diesem abstimmen. Ist der Arbeitnehmer mit seiner Freistellung dann nicht einverstanden, kann er eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht beantragen, um die Freistellung zu stoppen. Dies wird aber nur gelingen, wenn die Nachteile des Arbeitnehmers gegenüber denen des Arbeitgebers überwiegen.
Alternativ kann der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag fristlos kündigen. Er könnte im Zweifel sogar Schadensersatz verlangen, aber ebenfalls nur, wenn sich belegen lässt, dass die Freistellung dem Arbeitnehmer auch tatsächlich einen nachweisbaren Schaden zugefügt hat.
Im Ergebnis liegen im Falle der Anfechtung einer AUB oder auch einer Kündigung jedoch trotzdem noch so viele Fallstricke bereit, dass vor allem Arbeitgeber schon während der Kündigungsphase wohl nicht auf anwaltliche Beratung verzichten sollten, denn im Zweifel wird ihnen ein Arbeitnehmeranwalt ansonsten im Nachhinein jeden Fehler genüsslich und vor allem stets kostenpflichtig aufs Brot schmieren, auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich im Recht war. rw
Beitragsbild: Remmer Witte
Gibt es für die im Artikel aufgestellte Behauptung, dass auf verhaltensbedingte Kündigungen“gerne mal mit Krankschreibung reagiert“ werde, belastbare Statistiken, die insbesondere auf das „GERNE“ Bezug nehmen?
Desweiteren: Gibt es es belastbare Belege dafür, dass der Tipp: „Lass Dich doch erst mal krankschreiben“, VOR ALLEM von Freunden und Familie schnell mal gegeben wird, wenn es im Job nicht so gut läuft ? Gibt es überhaupt irgendeine Quelle dafür , dass Freunde und Familien Einfluss auf Krankschreibungen nehmen, wenn es im Job nicht so gut läuft?
Oder wird hier möglicherweise eine vermeintliche Systematik suggeriert, für die es keine Datengrundlage gibt?! Ich weiß es nicht und bin für entsprechende Belege offen.
Hier ein ganz anderer Beleg: In 16 Jahren war ich nicht ein einziges Mal krank geschrieben, aber krank schon. Dasselbe gilt für tausende anderer Kollegen. Warum? Na weil kein anderes Gewerbe so flexibel ist. Was man heute nicht fährt, hängt man hinten dran.
ps: Würden Fahrer sich wirklich immer krank schreiben lassen, wenn sie es wirklich sind, dann gäbe es viele Betriebe nicht mehr und es gäbe häufig ungereimte Kündigungen. Die Rücksicht der Fahrer dem Arbeitgeber gegenüber ist hier riesig. Ich sage bewusst Arbeitgeber, da die meisten von uns 30 Tage im Monat cheflosglücklich bis zur Abrechnung ihren Auftrag erledigen. Chefs nagen nicht am Hungertuch. Einige haben ihren Lebenstil in den goldenen und guten Zeit zu hoch gefahren und möchten diesen auch jetzt in den schlechten Zeiten halt. Hier machen sich die nicht abgehobenen besser.
Wenn ich mich in meinem sozialen Umfeld umhöre, kann ich den redaktionellen Beitrag vollkommen bestätigen. Über das Wort „gerne“ kann man streiten. Damit war wohl eher gemeint, dass der Arbeitnehmer „gerne“ diesen leichten Weg, seiner verletzten persönlichen Eitelkeit geht. Ein sehr einfacher Weg, den selbst Arbeitgeber dann als betriebsklimafreundlich auslegen und durchaus kennen. Der Betruebsrat, hat noch nie davon gehört. Und nein, dafür habe ich keine belegbaren Fakten.