Rund eine Woche vor der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro sind viele Taxiunternehmer in Baden-Württemberg mit ihren Behörden unzufrieden.
Einer von ihnen ist Markus Schmid, Vorsitzender der IG Ortenau, die erst vor kurzem mit einem „feurigen“ Verkehrssicherheitstag auf sich aufmerksam gemacht hat. Schmid betreibt sowohl im Ortenaukreis als auch im Schwarzwald-Baar-Kreis einen Taxibetrieb. In letzterem wurde nun aber der Antrag auf Anpassung des Taxitarifs an die gestiegenen Energiekosten und den Mindestlohn abgelehnt. Die Gründe wurden dem Unternehmen telefonisch durch den zuständigen Behördenmitarbeiter mitgeteilt.
Wie Schmid gegenüber Taxi Times berichtet, habe der Mitarbeiter als Begründung mehrere Argumente aufgeführt. Zum einen bewege man sich bereits jetzt am oberen Preislevel, zum anderen sei eine Anpassung von den angefragten Unternehmen als nicht notwendig erachtet worden. Drittens würde die beantragte Erhöhung Taxifahren zu einem Luxus werden lassen, viertens sähen auch angrenzende Landkreise keinen Handlungsbedarf. Und last but not least sei bei sinkenden Kraftstoffpreisen auch keine Reduzierung der Entgelte beantragt worden.
All diese Punkte „können so nicht hingenommen werden“, reagiert Schmid auf die Ablehnung. „Aktuell bewegen wir uns keinesfalls am oberen Preislevel, sondern eilen der Kostenentwicklung wiederholt mehr als deutlich hinterher“, klärt Schmid auf und widerspricht auch der Darstellung, dass angrenzende Landkreise keinen Handlungsbedarf sehen würden: „Der Landkreis Emmendingen (angrenzend) hat zum 01.09.2022 bereits eine Anpassung verordnet, der Ortenaukreis (angrenzend) wird in Kürze folgen, der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald (angrenzend) hat zum 01.10.2022 ebenfalls verordnet.“
Zudem hätten die genannten drei Landkreise sowie der Schwarzwald-Baar-Kreis in den zurückliegenden Jahren jeweils gleichlautende harmonisierte Rechtsverordnungen erlassen, was sich bislang auch durchweg bewährt habe.
Die Gründe, warum andere Taxibetriebe gegen eine „höchst überfällige Anpassung im beantragten Rahmen votieren“, kann sich Schmid nicht erklären. Er weist darauf hin, dass ehrlich arbeitende Unternehmen mit der jetzt vorliegenden Preisgestaltung nicht überleben könnten und somit ggf. zur Aufgabe ihrer Betriebe gezwungen seien.
Hinsichtlich der Luxusargumentation dreht Schmid den Spieß um: „Inzwischen kann man es als Luxus betrachten, ein Taxiunternehmen zu betreiben!“
Und zum Vorwurf, man habe bei sinkenden Dieselpreisen ja auch keine Senkung beantragt, rechnet Schmid vor, dass die Berechnungen des beantragten Taxitarifs auf einem Preisniveau von durchschnittlich maximal 1,60 Euro pro Liter Dieselkraftstoff basieren. „Schauen Sie bitte an die Preisanzeigen der Tankstellen – sie werden verblüfft feststellen, dass die Dieselpreise sich dort aktuell zwischen 2,10 Euro und 2,30 Euro bewegen! Sollten sich dort nicht im nächsten Halbjahr ein deutliches Preisgefälle einstellen, dann werden noch nicht einmal die jetzt beantragten Entgelte ausreichend sein.“
Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte bittet Schmid die Behörde im Landkreis Schwarzwald-Baar um eine Neubewertung des Tarifantrags. „Wir haben die Anpassung der Entgelte nicht aus Zeitvertreib oder Profitgier beantragt, sondern aus purer Existenzangst! […] Gerade nach zwei schmerzhaften Jahren im Zeichen der Corona-Maßnahmen und der jetzigen Gesamtsituation (Energiekrise, Anhebung Mindestlohn, Kostensteigerungen in allen Bereichen in ungekannter Dimension) wäre eine Rückendeckung durch die Genehmigungsbehörde erforderlich gewesen. Wir fühlen uns von dieser Seite nicht nur alleine gelassen, sondern mit fadenscheinigen Begründungen geradezu vorsätzlich in die Enge getrieben.“
Anmerkung der Redaktion: Die hier aufgeführten Argumente, weshalb ein Landkreis eine beantragte Tariferhöhung ablehnt, zeigen das tragische Ausmaß des aktuellen Behörden-Dilemmas. In einigen Behörden ist man entweder nicht willens oder kompetenzmäßig nicht in der Lage, einen Änderungsantrag des Taxitarifs sachgerecht zu prüfen und zu bescheiden. Stattdessen begründet man eine Ablehnung mit Statements, wonach Taxi sowieso schon am oberen Preislevel angekommen sei und Taxi ein Luxusgut sei und man doch auch bei sinkenden Dieselpreisen keine Absenkung fordern würde. Das sind persönliche Interpretationen, aber keine sachlichen Argumente.
Als Konsequenz aus diesen Erfahrungen kann es daher eigentlich nur eine Schlussfolgerung geben: Die Gestaltung der Taxitarife sollte nicht mehr an die unteren Verkehrsbehörden delegiert werden, sondern durch die Landesregierung erfolgen – am besten in Form eines landesweit einheitlichen Taxitarifs.
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