Der Uber-Whistleblower Mark MacGann hat in dieser Woche an einer öffentlichen Anhörung im Beschäftigungsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel teilgenommen. Seine ausführlichen Schilderungen machten deutlich, wie unmoralisch und rechtlich fragwürdig das Unternehmen agiert.
Der Ire Mark MacGann ist jener Mann, der sich im Sommer kurz nach der Veröffentlichung der Uber-Files als jener Whistleblower zu erkennen gab, der Journalisten des Guardian interne Informationen über Uber hatte zukommen lassen. Die Auswertung der Daten erfolgte dann durch ein Netzwerk europäischer Investigativ-Journalisten und führte am 10. Juli zur Veröffentlichung der Uber-Files.
In dieser Woche nun hatte MacGann in Brüssel die Gelegenheit, vor den Mitgliedern des Beschäftigungsausschusses des Europaparlaments seine Einschätzung zu Uber zu erläutern. Dabei bestätigte der frühere Top-Manager, der von 2015 bis 2016 für Uber tätig war, die Erkenntnisse aus den Uber-Files und appellierte an die anwesenden EU-Politiker, sich der „unverhältnismäßigen“ und „undemokratischen“ Macht von Technologieunternehmen entgegenzustellen.
„Uber hatte zu seiner Zeit die Philosophie, weltweit fast unbegrenzte Mittel auszugeben, um geplante missliebige Gesetze zu blockieren“, erklärte MacGann. Allein 2014 und 2015 hätte man dafür 90 Millionen US-Dollar bezahlt. Ziel sei es gewesen, Politiker dazu zu bewegen, grundlegende Arbeits- und Menschenrechte auszuhebeln. Die Praktiken seien „grenzwertig moralisch“ gewesen.
Sein Ziel sei es nun, mit seiner Aussage und seinen Enthüllungen den Gesetzgebern klarzumachen, warum „die Übertragung unverhältnismäßiger Macht in der Gesetzgebung an riesige Technologieplattformen die Gefahr birgt, die soziale Gerechtigkeit zu zerstören“. Bei Uber würden Profite „über Menschen“, aber auch über die Einhaltung von Recht und Gesetz gestellt.
Dadurch aufkommende Kritik von Uber-Fahrern habe man im Konzern ignoriert und stattdessen die Losung befolgt, sich die Demokratie beziehungsweise die politische Macht der Verbraucher zu eigen zu machen. Es sei darum gegangen, mit allen erforderlichen Mitteln öffentlichen Druck auszuüben: „Do whatever it takes“, sei das Motto gewesen. „Wir haben Fahrer und Kunden zu unseren Waffen gemacht.“
Dieses verzerrte Kräfteverhältnis sollte laut MacGann jeden Demokraten beunruhigen. „Wenn Technologieunternehmen über unverhältnismäßige finanzielle Ressourcen verfügen, um ihre Botschaft zu verbreiten, auf Kosten der weitaus weniger mächtigen Arbeiter, auf denen ihr Modell aufbaut, passiert etwas wirklich Undemokratisches.“
Auch in der Kommunikation mit allen Beteiligten habe man eine klare Strategie verfolgt: „Wir haben allen gesagt, was sie hören wollten“. Investoren habe man eine nie gekannte Rendite, Kunden einen Super-Service mit konkurrenzlosen Preisen, Fahrern einen anständigen Lohn und gute Teamarbeit versprochen. Da hätte doch klar sein müssen, dass einer dabei der Betrogene sein musste. Regierungen, Medien und Fahrern sei eine Lüge verkauft worden. Zugleich habe die Ansage geheißen, auch gegen lokale Widerstände, Sanktionen, Verhaftungen und Prozesse „immer weiterzuubern“.
Als MacGann seine Rede beendet hatte, gab es Standing Ovations von den Parlamentariern.
In der Anhörung, die live auf Video gestreamt wurde und auch jetzt noch abrufbar ist, kam dann auch noch Zuzana Púčiková in ihrer Funktion als Ubers Direktorin für EU-Politik zu Wort. Sie sagte das, was Uber-Chef Dari Khosrowshahi nach der Veröffentlichung der Uber-Files auch sagte: Uber habe sich gewandelt. „Jeder weiß, dass Uber in seinen frühen Tagen Fehler gemacht hat“, betonte Púčiková und fügte hinzu, dass das Unternehmen vergangene Praktiken nicht verteidigt habe. „Aber jeder weiß, dass sich Uber verändert hat.”
Bei diesen Sätzen fühlte man sich nochmal an die Aussagen von MacGann erinnert: „Wir haben allen gesagt, was sie hören wollten“. Die Anhörung von Zuzana Púčiková fand übrigens separat statt. MacGann hatte sich geweigert, im selben Gremium wie ein derzeitiger Uber-Mitarbeiter zu erscheinen. jh
Beitragsfoto: Ausschnittt aus dem Video zur Anhörung