Gestern führte unsere Advents-Rundreise mit einem Taxi nach Paris. Da war doch noch was, dürfte manch einer gedacht haben.
Am Wochenende ist die Tageszeitung dicker, und mit dem Inhalt des Adventskalendertürchens ist es heute ebenso, denn bei manchen Liedern lohnt sich ein ausführlicherer Blick.
Eines der bekanntesten unter den deutschsprachigen Taxi-Liedern ist das 1984 veröffentlichte, in etlichen Versionen interpretierte „Taxi nach Paris“ der Hamburger Popband Felix de Luxe. Frontmann ist der Sänger und Allround-Musiker Michy Reincke mit seiner charakteristischen Stimme. Nicht unbekannt ist auch der zweite Kopf der Band, Gitarrist Franz Plasa.
„Taxi nach Paris“ ist ein Poplied mit Swing-Einfluss. Der Text ist eine romantische Schwärmerei mit der einen oder anderen erotischen Anspielung – und dem einen oder anderen Klischee (mehr zum Inhalt unten).
Die fünf erstklassigen Musiker spielten von 1983 bis 1989 gemeinsam, gingen dann getrennte Wege und touren heute wieder zusammen. „Taxi nach Paris“ ist dabei ihr Evergreen und wurde von Michy Reincke selbst in etlichen Versionen veröffentlicht, unter anderem als À-capella-Version oder auf englisch mit französischer Refrainzeile.
Der Song wurde auch schon häufiger in Radiosendungen des Berliner Radiosenders Pi-Radio angespielt, wo alle vier Wochen über Taxi-Themen berichtet wird – früher durch Rumen Milkow (bis Nr. 49), heute durch Sonja von Rein (ab Nr. 50) und zwischendurch ein paar Mal vertretungsweise von einem gewissen Axel Rühle (bisher Nr. 34, 37, 47, 52 und 56).
Die Musik von Felix de Luxe ist auffallend anspruchsvoll arrangiert. Allerdings gehört Michael Reincke zu den Sängern, die es offenbar als Frevel betrachten, ein Lied bei Live-Auftritten in der gleichen Melodie zu singen wie bei der ursprünglichen Studioaufnahme. Bei der unten zu sehenden Version hält die Improvisation sich diesbezüglich vergleichsweise in Grenzen. Bei vielen Youtube-Videos ist das leider anders, daher die Empfehlung: Wenn die Band Sie interessiert, dann versuchen Sie lieber, an die CD-Versionen der Lieder zu kommen, die sind tausendmal besser, und einige sind auch im Netz zu finden, etwa „Nächte über’s Eis“, „Noch lange nicht genug“ und natürlich auch „Taxi nach Paris“.
Wie bei so vielen Musikern und Bands ist auch bei Felix de Luxe der größte Hit bei Weitem nicht das interessanteste oder mitreißendste Lied. Alleine auf dem Debütalbum erscheint die Mehrzahl der Lieder interessanter als „Taxi nach Paris“. Das zweite Album war eine Weiterentwicklung mit teils noch interessanteren Liedern, das dritte wurde dann etwas kommerziell und weniger einfallsreich, bevor die Band sich schließlich trennte. Man hatte keine Lust mehr. Mit einem Trick entging man der vertraglichen Verpflichtung, ein viertes Album einzuspielen, wie Franz Plasa in einem Fernsehinterview verrät: Bei einem Meeting mit der Musikfirma habe man absichtlich miserable Demo-Aufnahmen vorgelegt und mit gespielter Ernsthaftigkeit versichert, das solle das vierte Album werden. Die Firma lehnte dankend ab.
Die Mitglieder von Felix de Luxe verstreuten sich: Franz Plasa wurde erfolgreicher Produzent für zahlreiche teils weltbekannte Bands; Pianist Jörn Brandenburg wurde musikalischer Leiter des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg und spielte ebenso wie Bassist Jürgen Attig und Schlagzeuger Martin Langer mit vielen Bands. Michy Reincke hat seit der Trennung bisher 12 Alben und 17 Singles unter seinem Namen herausgebracht. 2008 begannen die gereiften Männer wieder zusammen aufzutreten und haben offenbar bis heute Spaß dabei.
„Taxi nach Paris“, das in Norddeutschland einen gewissen Hymnenstatus genießt, wurde mehrfach nachgespielt, wobei man hier teilweise davon sprechen kann, dass es Nachahmern zum Opfer fiel, etwa der Band oder Sängerin mit dem vielsagenden Namen Klara Korn, die es in Kommerz-Plastikpop-Manier interpretierte. Eine wesentlich anspruchsvollere Interpretation hat „Voice of Germany“-Kandidat Fabian Riaz vollbracht.
Heutzutage spielen auch Remixe eine bedeutende Rolle, also Neuabmischungen, etwa durch DJs oder Sound-Designer. Hier hat das DJ-Duo „The Disco Boys“ sich „Taxi nach Paris“ vorgenommen und eine nach 90er-Dancehall klingende „Fabelwelt“-Version mit Michy Reinckes Stimme fabriziert, „mit einem gutem Händchen für wunderbare Klassiker in neuem Gewand, ohne die Seele des Originals zu zerstören“, wie ein Kommentator unter dem Youtube-Video anmerkt. Das Duo hat weitere Remixes des Klassikers veröffentlicht.
Eine eher Schlager-ähnliche Interpretation, die noch immer etwas swingt, haben Die Zipfelbuben veröffentlicht. Weitere Versionen stammen von der Generation Spaß und den Ludolfs.
Vom „Piano Man“ Klaus Porath gibt es eine improvisierte Live-Aufnahme. Das Empfehlenswerte daran ist weniger die Darbietung als vielmehr der Kurztext unter dem Video, in dem er den Liedtext von „Taxi nach Paris“ recht amüsant auf Plausibilität überprüft.
Auch teils ideenreiche Amateur-Aufnahmen (die nicht alle von Amateur-Musikern stammen) sind in Internet zu finden, so etwa von einem Chor namens Chaingang, der die À-capella-Version interpretiert hat. ar
Alle Taxi-Songs des Taxi-Times-Adventskalenders finden Sie hier.
Beitragsbild: Ausschnitt aus dem Cover des Debüt-Albums von Felix de Luxe