Die Geschichte des Taxis ist ein faszinierendes Kapitel der Transport-Kultur und ein Spiegel des technischen Fortschritts. Der Bayerische Rundfunk blickt in einer 20-minütigen Podcastfolge auf mehr als Hundert Jahre der Taxi-Historie zurück. Im Beitrag kommt auch Taxi Times zu Wort.
Der vor kurzem erschiene Podcast in der Reihe „Radiowissen“ beginnt musikalisch. Kurz angespielt werden das „Taxilied“ von dem bayerischen Kabarettisten Fredl Fesl von 1976 und der legendäre Song von DÖF, bei dem der Wagen 734 trotz mehrmaliger Versprechungen der Taxizentrale nicht kommt. Lieder über das Taxifahren gibt es viele – und bei der Recherche zur Taxigeschichte ist Martin Trauner, Journalist des Bayerischen Rundfunks, auch auf den musikalischen Adventskalender von Taxi Times gestoßen, den das Fachportal im Jahr 2023 unter dem Motto „Advent, Advent – ein Song ertönt“ veröffentlicht hatte.
Wer zur Geschichte vieler Taxilieder ein so fundiertes Wissen hat, wird auch sonst zur Historie des Taxis einiges beitragen können, dachte sich Journalist Trauner und lud Taxi-Times-Herausgeber Jürgen Hartmann zum Interview. Seine Aussagen zum geschichtlichen wie aktuellen Taxigeschehen streut Trauner dann immer wieder in die von ihm recherchierte Taxigeschichte ein.
Zum Beispiel gleich zu Beginn während der Taxilieder-Episode. Jene Lieder, die gerne den Eindruck erwecken, gerufene Taxis würden erst gar nicht erscheinen und wenn doch, dann grundsätzlich Umwege fahren. Hartmann darf diesen Eindruck relativieren: „Das ist so wie überall, wenn du zehn Mal Taxi fährst und neun Mal ist es okay, der Taxler fährt dich – völlig gewissenhaft – von A nach B und nix besonderes oder außergewöhnliches passiert, dann bist du ausgestiegen als Fahrgast und hast in dem Moment, in dem die Tür zugeht, die Fahrt auch schon wieder vergessen. Aber wenn dir mal was Schlechtes passiert, dann erzählst du das einfach.“
Natürlich werden in der Taxi-Geschichte von Trauner dann auch die legendären Taxifilme wie „Night on earth“ erwähnt. Sie zeigen den Taxi-Chauffeur von seiner menschlichen Seite in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen, aber immer als „wichtiger Gesprächspartner und Tippgeber für das, was in der Stadt so los ist“, ergänzt dazu Hartmann.
Doch neben den Ausflügen in die Musik, den Film und die Literatur steigt der Autor auch ganz tief in die sehr lange, komplexe und vor allem sehr alte Geschichte des „Personenlohnfuhrwesens“ ein, wie das Taxi auch einmal genannt wurde. „Wenn man überlegt, dass eigentlich ja auch schon die Sänftenträger so gesehen Taxler waren, dann ist das Gewerbe im Grunde genommen so alt wie die Menschheit“ wird dazu Jürgen Hartmann zitiert. „Ab dem Moment, wo jemand nicht selber mobil war, um irgendwo hinzukommen und deshalb auf fremde Hilfe mit einem Transportmittel angewiesen war – seit dem Moment kann man eigentlich von einer Art Taxi sprechen.“
Die gewerbliche Personenbeförderung beginnt mit den Sänften und ihrer Träger – in München nannte man sie beispielsweise „türkische Sesselträger“. Diese Ära endete in Deutschland erst Anfang des 19. Jahrhunderts, als den Adeligen die Sänfte längst schon zu unbequem geworden war und man lieber in Kutschen Platz nahm. Normalbürger konnten sich diese jedoch nicht leisten und so konnte sich die Kutschen vorerst in nur wenigen Städten durchsetzen. Vor allem fanden sie Anklang in Warschau und in Wien. In Österreichs Hauptstadt gehören die Fiaker sogar bis heute zum Stadtbild. Im Podcast wird an dieser Stelle erläutert, woher der Begriff „Fiaker“ kommt und wer der Schutzheilige dieser Branche ist.
Den Namen Droschke führte 1811 ein Dessauer Pferdehändler ein, hat Trauner recherchiert. Dieser ersuchte damals die preußische Regierung, Warschauer Droschken zur Personenbeförderung in Berlin einsetzen zu dürfen. Drei Jahre nach dem Antrag erhielt er das Go durch Friedrich Wilhelm. 32 Droschken durfte der Pferdehändler damals in Berlin bereitstellen. Die Droschkenführer sind uniformiert oder zumindest gut gekleidet. Schwarze Zylinder und grüne Jacken mit gelben Schnüren. Ein klares Erkennungszeichen und der erste Schritt ins Taxigewerbe, wie wir es heute kennen. „Im ländlichen Bereich tragen die Angestellten meist eine einheitliche Firmenkleidung. Von daher hat man dort noch heute eine „Uniformierung light“, die aber in der Großstadt nicht umsetzbar ist“, schlägt Hartmann den Bogen zur heutigen Zeit.
Es setzte sich damals noch eine Verhaltensregel durch, die nach wie vor seine Gültigkeit hat. Die Droschken standen hintereinander aufgereiht auf durch die Polizei zugeteilten Plätzen und warteten auf Fahrgäste. Für Kunden galt das Höflichkeitsgebot und damit die „Pflicht“, immer in der vordersten Droschke Platz zunehmen. Das hat sich im Wesentlichen bis heute gehalten. An dieser Stelle darf wieder Hartmann zu Wort kommen: „Das mag vielleicht der Gerechtigkeitsgedanke sein, aber heute ist das per Verordnung geregelt. Und in der steht, der Fahrgast hat das Recht, sein Taxi frei auszuwählen und gegebenenfalls eben auch in eines weiter hinten in der Reihe einzusteigen weil, ihm da beispielsweise die Marke besser zusage.“
In der Droschkenzeit bestimmte der Fahrer das Beförderungsentgelt, mit Hilfe seiner Taschenuhr stoppte er die Zeit und berechnete den Tarif. Nachdem der Fahrgast aber nichts dafür konnte, bei einem Kutscher eingestiegen zu sein, dessen Pferde eher gemütlich unterwegs waren, kam es sehr häufig zu Auseinandersetzungen und Unfrieden.
Diese Umstände riefen das Taxameter auf den Plan. Trauner blickt auf die Erfindung und Vermarktung des ersten, vom Deutschen Friedrich Bruhn im Jahr 1891 entwickelten Taxameters zurück, das bereits 1896 Pflicht für alle Berliner Pferdedroschken wurde. Auch andere Städte ziehen bald nach. Hartmann darf zu diesem Thema die heutige Funktionalität des Taxmeters erklären. Was der Leser dank der akribischen Recherche der BR-Journalisten ebenfalls erfährt: Das Taxameter gibt der Branche auch noch ganz beiläufig ihren Namen. Beinahe weltweit, in vielen Sprachen, werden die Beförderungsgefährte Taxi genannt.
Nahezu parallel mit dem Taxameter setzte auch die Motorisierung bei der Personenbeförderung ein. In Hamburg entsteht 1898 der erste Daimler Taxibetrieb. Die Kraftdroschke – im Volksmund auch Stinkdroschke genannt – erobert die Städte. Sie schauen immer noch aus wie die alten Droschken, nur statt der Pferde haben sie vorne einen Motor. 1920 waren die Pferdetaxis endgültig vom Markt verdrängt. Daran konnte auch die Demonstrationsfahrt des Berliner Kutschers Gustav Hartmann nach Paris nichts mehr ändern, der sich damit aber immerhin zu einem bis heute „sehr verehrten und bekannten Mann“ (Zitat Hartmann) machte.
Anfang des 20. Jahrhunderts entbrennen heftige Streitereien darüber, welches Fortbewegungsmittel das bessere für das Taxigeschäft sei – das Modell, das mit fossilem Brennstoff betrieben wird oder jenes, das mit Strom betrieben wird. Das damalige E-Taxi hatte eine Reichweite von 70 Kilometern. Die E-Taxis konnten sich aufgrund des hohen Unterhalts damals jedoch dennoch nicht durchsetzen.
Man setzte auf die Benzin-Droschke und das in Deutschland Jahrzehnte lang. Nach dem 2. Weltkrieg – zur Zeit des Wirtschaftswunders – erlebte das Taxigeschäft einen regelrechten Boom. Man konnte und durfte sich Taxifahren wieder leisten – zunächst in schwarzen Taxis, später dann in Hellelfenbein. Hartmann darf an dieser Stelle einen der Gründe nennen, warum man auf den neuen Farbton „RAL 1015“ wechselte: „Aus Sicherheitsgründen, weil es zu dieser Zeit zu sehr vielen Übergriffen kam.“
Am Schluss des Podcasts wird die aktuelle Situation der Branche aufgegriffen. Sie wird als Mindestlohnbranche bezeichnet, das existenziell auf ein natürliches Ende zusteuere, „sollte es je einmal selbstfahrende Autos geben“. Das Schlusswort hat dann Taxi-Times-Herausgeber Jürgen Hartmann, der dem Taxigewerbe eine weit über das autonome Fahren hinausgehende Daseinsberechtigung zusagt, getreu dem Verlagsmotto „Taxi ist wertvoll“, weil es so viel mehr als die reine Beförderung von A nach B ist: „Unsere Branche macht zu einem großen Prozentsatz, vor allem im ländlichen Bereich, die Krankenfahrten aus. Beispielsweise zur Strahlentherapie oder zur lebensnotwendigen Dialyse. Das sind alles Fahrten, da geht es nicht nur ums reine Fahren, da muss man helfen, man ist Vertrauter. Das Taxi wird in der Gesellschaft dringend gebraucht.“ nu
Die komplette Folge kann man sich über diesen Link anhören.
Symbolbild: Pexels + Stephan Görlich Flughafen München