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Taxifahrten für Senioren und Gebrechliche auf SPÖ-Kosten

von Axel Rühle
27. Januar 2023
Lesedauer ca. 3 Minuten.
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Taxifahrten für Senioren und Gebrechliche auf SPÖ-Kosten
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Soll eine Linienverkehrs-Ergänzung mit Taxis eher alle Personen von Haltestelle zu Haltestelle befördern oder nur Ältere und Gebrechliche, dafür aber von Haustür zu Haustür? Darüber streiten in einem niederösterreichischen Gemeinderat die Parteien – mit kuriosen Folgen.

Der Gegenstand dieser Meldung hat gewisse Namensähnlichkeiten mit dem On-Demand-Verkehrsdienst „Rhesi“ im nordrhein-westfälischen Neunkirchen-Seelscheid, der Schauplatz liegt aber 700 Kilometer südöstlich: Die Stadtgemeinde Neunkirchen, im gleichnamigen Bezirk 40 Kilometer südlich von Wien und 25 Kilometer vor der ungarischen Grenze gelegen, ist ein Industriestädtchen mit 12.500 Einwohnern und einem Bürgermeister von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), dem Pendant der deutschen CDU/CSU. Von 1946 bis 2010 gehörten alle Stadtoberhäupter der SPÖ an.

Wie in den meisten Gemeinden ist die Gewährleistung öffentlicher Mobilität eine Herausforderung für den Gemeinderat, die einen Spagat zwischen der Verfügbarkeit von Verkehrsangeboten und den entstehenden Kosten verlangt. Eine vergleichsweise preisgünstige Möglichkeit ist der städtisch geförderte Betrieb eines Anruf-Sammeltaxis (AST), wie es unter anderem in St. Andrä und Weinviertel-Manhartsberg vor Jahren eingeführt wurde.

Zur Einführung einer solchen Ergänzung des Linienverkehrs hat man sich kürzlich auch in Neunkirchen auf einer Gemeinderatssitzung entschlossen, doch gibt es parteipolitischen Streit über die Eckpunkte, und daraus resultieren zwei konkurrierende Projekte.

Wie die Niederösterreichischen Nachrichten NÖN berichten, plant die Gemeindeverwaltung unter Bürgermeister Herbert Osterbauer ein AST, genannt City-Anrufsammeltaxi, für alle Bevölkerungsgruppen. Der grüne Vizebürgermeister Johann Gansterer spricht als Beispiel von „Jugendlichen, die von zu Hause zum Sportverein, in die Musikschule oder zu Freizeitaktivitäten fahren. Oder zum Beispiel alle, die mit dem Zug oder mit einer Buslinie nach Neunkirchen kommen, und etwa zum Handelsgebiet am ,Spitz‘ oder auch in die Innenstadt möchten. Besucher und Gäste, die zum Beispiel vom Bahnhof in weiter entfernte Siedlungen wie die Au oder Gartenstadt möchten.“

Das City-Anrufsammeltaxi soll laut Gansterer im Verkehrsverbund, auf der Homepage und in der App aufscheinen. Die Buchung erfolge über die Buchungsplattform via App oder Telefon. „Es ist günstig – Kosten sind der normale Tarif des Verkehrsverbund Ostregion für eine Einzelfahrt, daneben gilt das Klimaticket, Monatskarten des VOR etc.“, wird der Grüne von NÖN.at zitiert. Da das Angebot keine direkte Konkurrenz zu Taxiunternehmen sein solle, gebe es auch keine Haustür-zu-Haustür-Fahrten, sondern die Kunden würden bei Sammelpunkten mitgenommen.

Die Ausschreibungen für das AST-Projekt hat der Verkehrsverbund Ostregion in der Vorwoche gestartet. Wenn alles planmäßig läuft, sollen die Großraumtaxis ab Herbst 2023 Fahrgäste befördern. Andere Stimmen, etwa von der FPÖ im Nachbarort St. Egyden, regen sogar eine Ausweitung des Projekts auch auf die Umlandsgemeinden von Neunkirchen an – eine Idee, die sich für Bürgermeister Osterbauer „nicht schlecht anhört“.

Ganz anders sehen es aber die Sozialdemokraten, die sich zu einem Alleingang entschlossen haben. Da sie mit dem Grundsatzbeschluss im Gemeinderat, ein AST ins Leben zu rufen, nicht einverstanden war, setzt die SPÖ-Fraktion zum 1. Februar mit dem „City-Taxi Neunkirchen“ ein Gegenprojekt um. Sie hält es „für das effizientere und billigere Angebot“, wie die NÖN die Stadträte Andrea Kahofer und Günther Kautz zitiert. Die Idee stammt maßgeblich von deren Gemeinderatskollegen Johann Handler. Auch die Umsetzung steht bereits. Kooperationspartner des Vorhabens ist ein Taxiunternehmen im Ortsteil Peisching. Die SPÖ will das Angebot aus dem Fraktionsetat bezahlen.

Im Unterschied zum städtischen Projekt bedeutet „City-Taxi“, dass Fahrgäste normale Taxifahrten von Haustür zu Haustür in Anspruch nehmen, ohne zu bezahlen. „Er muss nichts selbst verrechnen, sondern lediglich einen Zettel mit Name, Adresse und dem Fahrziel ausfüllen.“ Die Rechnung erhält die SPÖ-Fraktion dann am Monatsende. Damit wollen die Initiatoren älteren und gebrechlichen Personen den Weg zur Haltestelle ersparen. Im Gegenzug sollen nur Neunkirchner ab 65 Jahren und Personen, die aus gesundheitlichen Gründen Bedarf haben, das Angebot nutzen könne.

Grundsätzlich gelte das Angebot nur in der Stadt und den dazugehörigen Katastralgemeinden, also zugehörigen Außen-Ortsteilen. „Sollte es triftige Gründe für einen Arztbesuch in einer Nachbargemeinde geben, so wird auch das möglich sein“, wird SPÖ-Stadtrat Kautz zitiert. In der Fraktion rechne man, mit dem vorläufigen Budget etwa 350 bis 450 Fahrten im Monat finanzieren zu können.

ÖVP-Bürgermeister Herbert Osterbauer und Projektplaner Peter Teix sind von dem „Alleingang“ der Opposition nicht begeistert. Teix nennt die Vorgangsweise der SPÖ „nicht die feine Art“, sieht das Projekt aber als ein „Wahlzuckerl“. Seiner Einschätzung nach wird es wird nicht lange dauern, „dann wird die Aktion auch schon wieder vorbei sein.“ Man habe bei der SPÖ den Sinn des Anrufsammeltaxis, dessen Umsetzung die Stadtregierung weiter vorantreiben werde „nicht verstanden“.

Das erste Echo in der Bevölkerung ist dagegen laut SPÖ-Stadtrat Kautz überwältigend: „Es gab bereits viel positives Feedback. Die Leute erkundigen sich bereits, wie alles genau funktioniert“, zitieren ihn die NÖN. Dennoch verfolgt die Stadtregierung ihr Anrufsammeltaxi-Projekt, wenn auch ohne die Stimmen der SPÖ. „Ein Anrufsammeltaxi ist etwas völlig anderes als eine Subvention von Taxifahrten“, so Grüne-Vizebürgermeister Johann Gansterer. Zielgruppe seien eben alle Bevölkerungs- und Altersgruppen. ar

Beitragsfoto: Rathaus Neunkirchen in Niederösterreich; Foto: C. Stadler/Bwag

Tags: Anruf-SammeltaxiNiederösterreichÖVPSPÖ
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Axel Rühle

Der Berlin-Insider ist Funkkurs-Dozent und ursprünglich Stadtplaner. Seit 1992 ist er im Besitz eines Personenbeförderungsscheins und immer wieder auch im Taxi anzutreffen. Inhaltlich betreut er in Wort und Bild alle Themen rund um die Taxi Times Berlin.

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Kommentare 2

  1. Bruno Mayer says:
    3 Jahren her

    Öha, die Niederösterreicher und Burgenländer preschen aber gewaltig und ziemlich vorbildlich !!
    Bin sehr gespannt .

    Antworten
  2. Monika Kosch says:
    2 Jahren her

    Üblicherweise sollte man hinsichtlich der nicht mehr verfügbaren Taxifahrten für Senioren in irgendeiner Weise verständigt bzw.schon beim Telefonat darauf aufmerksam gemacht werden oder zumindest beim Fahrer.
    Ich fuhr nichtsahnend zum Hofer und beim aussteigen
    hatte ich es erst erfahren und mußte für beide Fahrten
    19Euro bezahlen.Das war ein teurer Einkauf da kein normaler Mensch zum Supermarkt mit dem Taxi fährt.
    Für mich ist das viel Geld und war und bin ziemlich betrübt und traurig.

    Antworten

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