Dashcams helfen vor allem gewerblichen Fuhrparkbetreibern, die Kosten im Griff zu behalten. Auch der Datenschutz hat sich inzwischen mit dieser Form der Digitalisierung zumindest teilweise arrangiert.
Permanent aufzeichnende, fest im Fahrzeug installierte Videokameras helfen bei der Klärung der Haftungsfrage, schützen vor gefakten Schadenereignissen und mahnen das eigene Personal zu durchgehend vernünftiger Fahrweise. Lange herrschte in Deutschland die Ansicht vor, dass Videos aus solchen Dashcams aus Datenschutzgründen in der Regel einem Beweisverwertungsverbot unterlägen und ihre Verwendung vor Gericht nur in wenigen Ausnahmefällen möglich sei. Inzwischen hat sich die Praxis in den Gerichtsstuben jedoch gewandelt, und wenn die Dashcam eindeutige Beweise liefert, die ohne sie fehlen würden und es nicht nur um eine Bagatelle geht, wird die Verwertung solcher Videos in der Regel zugelassen. Auf dieser Basis empfehlen Verkehrsanwälte den Einsatz solcher Kameras gerade für den gewerblichen Fuhrpark.
Der Grund ist, dass gerade für gewerbliche Fuhrparkbetreiber wie eben auch Taxi- und Mietwagenunternehmen die Haftpflichtversicherungskosten einer der wichtigsten Kostenfaktoren sind, die schnell über Wohl oder Wehe eines Betriebes entscheiden können. Selbst bei einer traditionell niedrigen Schadenquote können zwei oder drei Jahre mit jeweils zwei oder drei vermeintlich verschuldeten Unfällen wohlmöglich noch mit inkludiertem Personenschaden einen eigentlich gut situierten Betrieb schnell an den Rand des Ruins treiben. Allein die Rückstellungen für mögliche Folgekosten aufgrund der Verletzung treiben die Versicherungsbeiträge schnell auf unglaubliche Beträge.
Je mehr Kilometer zurückgelegt werden, desto mehr Unfälle sind statistisch zu erwarten, und Unfallreparaturen werden in Deutschland aufgrund der typischen Akribie so teuer wie wohl nirgends sonst auf der Welt reguliert. Also trägt ein gewerblicher Fuhrpark zwangsläufig ein erheblich höheres Risiko. Steht bezüglich eines Unfallhergangs mangels Zeugen Aussage gegen Aussage, ist man beispielsweise aufgrund eines ungeklärten Spurwechsels, eines kleinen Parkremplers oder eines Rollerfahrers, der eigentlich eher aufgrund der hohen Eigengeschwindigkeit als aufgrund einer tatsächlichen Vorfahrtverletzung stürzt, schnell mit einigen tausend Euro oder mehr dabei – und parallel steigt der Beitrag überproportional zu den Einnahmen.
Wenn es mal richtig kracht, ist die Haftungsfrage oft recht eindeutig zu klären. Außerdem kracht es heutzutage ja auch erheblich seltener als früher richtig im klassischen Sinn. Inzwischen sind es daher eher die vermeintlich kleinen Schäden, die zum einen bezüglich der Haftung Fragen offen lassen und zum anderen trotzdem sehr teuer werden können. Kann man nun anhand eines Dashcam-Videos nachweisen, dass das eigene Fahrzeug schon stand, bevor es krachte, oder dass der Gegner und nicht man selbst die Kurve geschnitten hat, oder dass der Radfahrer ohne Fremdeinwirkung gestürzt ist, dann lässt sich gerade im gewerblichen Bereich viel Geld sparen. Eine brauchbare Dashcam ist schon für unter 100 Euro zu haben und ist so eine Superinvestition.
Datenschützer setzten der Nutzbarkeit von Dashcams in der Vergangenheit allerdings regelmäßig sehr enge Grenzen, was viele Verkehrsteilnehmer bisher oft davon abgehalten hat, solche Kameras zu installieren. Auch Taxi Times hat in der Vergangenheit regelmäßig über diese Dashcam-Problematik berichtet. Der Grundsatz „Datenschutz ist kein Täterschutz“ schlägt aber inzwischen auch hier durch. Derzeitiges Übereinkommen zwischen Datenschützern und Gerichtsbarkeit scheint inzwischen allerdings zu sein, dass Dashcam-Aufzeichnungen, die ausschließlich das Verkehrsgeschehen außerhalb eines Fahrzeugs während der Fahrt aufzeichnen und diese Aufzeichnungen gleichzeitig permanent überschreiben, unter Umständen gerichtlich als Beweismittel akzeptabel sind.
In der Regel löst in solch einer Dashcam ein Beschleunigungssensor die Speicherung von Videosequenzen aus, die möglicherweise ein Unfallgeschehen dokumentieren können. Unter der engen Maßgabe, dass so ausschließlich aktives Verkehrsgeschehen und keine Parküberwachung aufgezeichnet wird, und – speziell für das Taxi – die Kamera nicht gleichzeitig auch für Innenaufnahmen aus dem Fahrzeug genutzt wird, akzeptierten auch Datenschützer Dashcams in der gewerblichen Fahrgastbeförderung. Sie wünschen sich in diesem Zusammenhang allerdings einen unübersehbaren Hinweis auf diese Aufzeichnung, also mehrere Aufkleber, die auf die Videokamera an Bord hinweisen.
Daher empfehlen auch Verkehrsanwälte trotz einiger verbleibender Restzweifel vor allem gewerblichen Verkehrsteilnehmern die Installation von Dashcams – beispielsweise auch, um gefakete (vorgetäuschte/manipulierte) Unfälle nachweisen zu können. Der Klassiker: Die Ampel wird grün, Fahrzeug eins startet, Fahrzeug dahinter ebenfalls, in dieser Sekunde bremst der Vorfahrende mit der Feststellbremse und Fahrzeug zwei fährt auf. In solchen Fällen ist es äußerst schwierig, dem Vorausfahrenden die vorsätzliche Absicht nachzuweisen, mit der dieser den Unfall tatsächlich bewusst herbeigeführt hat – es sei denn, es gibt eine Videoaufzeichnung, die eindeutig zeigt, dass die Bremslichter nicht aufgeleuchtet haben.
Da solche „Spezialisten“ oftmals sehr aufmerksam im Verkehr unterwegs sind und nach neuen Opfern suchen, mögen die von den Datenschützern erwünschten Hinweisaufkleber hier eventuell schon von vornherein davor schützen, als Opfer ausgewählt zu werden. Parallel muss man sich bei der Nutzung solcher Aufkleber natürlich eines weiteren Risikos bewusst sein, denn die Aufzeichnungen können im Zweifel natürlich auch gegen den Fahrzeughalter verwendet werden. Kommt es zu einem Unfall, und aufnehmende Beamten sehen einen solchen Hinweis-Aufkleber, werden sie im Zweifel die Aufzeichnungen zur Beweissicherung sicherstellen wollen, und das wird man ihnen schwer ausreden können, selbst wenn so eigenes Fehlverhalten dokumentiert wurde. Aber: kein Risiko ohne Chance. Ein besonderer Nebeneffekt könnte auch der sein, dass Mitarbeiter, beispielsweise Taxifahrer, sich so im Straßenverkehr etwas gebremst fühlen. Es gibt also „Fürs“ und „Widers“ für Dashcam und die Aufkleber, aber die Fürs werden wohl überwiegen. rw
Beitragsbild: Fotomontage Remmer Witte
Ich habe mich mal mit der Polizei unterhalten und sie sagten mir, du brauchst die Aufzeichnungen NICHT der Polizei aushändigen. Das dürfen sie auch nicht verlangen, da es mein persönliches Eigentum ist. Die Aufzeichnungen sollte man nur seinem Anwalt geben, man könnte sich ja auch selbst belasten. So war zumindest die Aussage eines Polizeibeamten.
Öha Remmer, das mit der Feststellbremse und dadurch kein Bremslicht, war mir unbekannt. Danke
Gemäß anwaltlicher Aussage gilt folgendes: Die Polizei kann Gegenstände, die als Beweismittel für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit von Bedeutung sein können, sicherstellen. Sofern der Betroffene einem solchen polizeilichen Begehren nicht freiwillig nachkommt, kann die Polizei diese Sache beschlagnahmen. Ob sie dieses Recht umsetzt, liegt natürlich in ihrem Ermessen.