Eine Gruppe Unternehmer aus Baden-Württemberg will den Nachweis der Fachkunde selbst in die Hand nehmen, statt sie bürokratischen Institutionen zu überlassen.
Die Petition wird von der IG Ortenau und von den beiden Baden-Württembergischen Verbänden des Verkehrsgewerbes vollumfänglich unterstützt: Eine Gruppe Taxi- und Mietwagenunternehmer um Tobias Wüst aus Gernsbach möchte mit einer Unterschriftenaktion auf der Plattform „Open Petition“ erreichen, dass das baden-württembergische Verkehrsministerium und der Petitionsausschuss des Landtages in Stuttgart sich beim Bund dafür einsetzen, „den Nachweis der Fachkunde in die Hände der Unternehmen zu legen“.
Hintergrund der Petition „Qualifizierung von Fahrern des Taxi- und Mietwagengewerbes in die Hände der Unternehmer legen“ ist der existenzbedrohende Mangel an Arbeitskräften, unter dem Taxi- und Mietwagenbetriebe in ländlichen Regionen noch stärker leiden als in Großstädten. „Die unterzeichnenden Unternehmen sind der Auffassung, dass die Ausgestaltung der Fachkunde neben der Verkehrssicherheit dringend auch der Situation der Personalnot Rechnung tragen muss“, heißt es in der Forderung. Folge dieser Personalnot ist für Kunden die eingeschränkte Verfügbarkeit von Taxis, sogar am Rand von Ballungsräumen, wie aus einer Online-Meldung aus Falkensee bei Berlin hervorgeht, die als Beleg im Petitionstext verlinkt ist.
„Uns ist bewusst, dass die Planungen – Fragenkatalog etc. – bereits fortgeschritten sind, dass bereits Fachverbände dazu gehört wurden“, heißt es in der Petition weiter. „Dennoch wollen wir auf unsere Situation am Arbeitsmarkt ausdrücklich hinweisen. Es geht aus unserer Sicht schlichtweg um die Zukunftsfähigkeit unseres Gewerbes mit seinen Dienstleistungen im Bereich der Mobilität für Jedermann, für Kranke, für in der Mobilität eingeschränkte, für Schüler u.v.m. – insbesondere gilt dies für den ländlichen Raum.“
Dafür sei man auf Personal angewiesen, welches man „unbürokratisch und ohne abzuschrecken“ dem Arbeitsmarkt zuführen könne.
Durch die Regelungslücke, die seit Abschaffung der Ortskundeprüfung besteht, hätten die Unternehmen der Branche „flächendeckend vermehrt Fahrpersonal gewinnen“ können, wobei man die Qualität selbst sichergestellt habe und dies auch weiter tun werde. „Die Verkehrssicherheit wurde nicht beeinträchtig, die Versorgung aufrechterhalten und Arbeitsplätze geschaffen.“
Die Initiatoren unterstützen also durchaus den Gedanken und die Ziele einer Fachkunde für alle Personenbeförderungen. „Qualität und Sicherheit stehen ganz oben.“ Deshalb fordern die Unterzeichner den Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtages sowie das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg auf, den Nachweis der Fachkunde in die Hände der Unternehmen zu legen. „Diese können nach unserem Dafürhalten am besten als geeignete Stelle fungieren. Selbstverständlich muss dies einer Kontrolle unterzogen werden können, worauf wir bestehen.“
Dazu ist ein zweistufiger Plan ausgearbeitet worden, mit dem die Erlangung der Fachkunde gewährleistet werden soll. Im ersten Schritt sollen die Fahrer durch das Unternehmen „inhaltlich definiert“ unterwiesen werden, was durch das Unternehmen dokumentiert und bestätigt wird. Der zweite Schritt soll die behördliche Fachkundeprüfung ersetzen, indem die Unterweisungsinhalte mittels einer Verständnisprüfung abgefragt werden. Dazu soll ein fester Prüfungskatalog mit ca. 40 Fragen in verschiedenen Sprachen dienen, die im Multiple-Choice zu beantworten sind – vor Ort im Unternehmen. Auch die ordnungsgemäße Durchführung dieser Prozedur soll vom Unternehmen zu bestätigen sein. Für beide Schritte gilt: „Verantwortliche Person im Unternehmen muss der Genehmigungsinhaber sein. Verstöße können die persönliche Eignung in Frage stellen.“
Die Dokumentation der Unterweisung und das Ergebnis der Verständnisprüfung sollen dann der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen sein.
Die Unternehmer wollen den Behörden also die Arbeit abnehmen, die die Sicherstellung der Qualifikation der Fahrer machen würde, und argumentieren, gute Fahrer seien das ureigenste Interesse der Dienstleister: „Uns ist bewusst, dass dies Vertrauen in die Unternehmen voraussetzt. Schenken Sie uns dieses – wir werden es als Branche durch gute Dienstleistungen im Rahmen der Mobilität bestätigen.“
Zur Erläuterung folgt eine Aufzählung, worin die Initiatoren die notwendigen Qualifikationen eines Taxi- oder Mietwagenfahrers sehen, darunter sicheres Fahren mit Kenntnis der Verkehrsregeln und soziale Kompetenz für den sicheren Umgang mit den unterschiedlichen Fahrgasttypen und ihren individuellen Bedürfnissen.
Zur Gewährleistung dieser Herausforderungen trotz steigenden Personalmangels bedürfe es einer qualifizierten und stetigen Ausbildung der meist quereinsteigenden Mitarbeiter/Fahrer im Gewerbe. Eine „qualifizierte und stetige Ausbildung“ könne der Unternehmer durch kontinuierliche Schulungen der Mitarbeiter/Fahrer am besten selbst leisten. Daher werde das Land Baden-Württemberg aufgefordert, dies an die Unternehmen zu delegieren.
Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass im Zuge der PBefG-Novelle 2021 auch der Nachweis der Fachkunde für Fahrer von Taxis, Mietwagen und Fahrzeugen des gebündelten Bedarfsverkehrs integriert wurde: „Der Gelegenheitsverkehr, einst vom Staat in die Welt gerufen, soll allen Menschen die Möglichkeit geben, zu einem bestimmten Anlass oder Termin von A nach B zu kommen. Ob vom Flughafen, Bahnhof zum Zielort, oder einfach nur zu Freunden oder zum Arzt. Speziell wenn Menschen keine Lizenz zum Führen von einem motorisierten Gefährt besitzen, gleich jeder Voraussetzung. Ob zu alt, zu jung, körperlich oder geistig oder beides, nicht in der Lage seine Mobilität auch über weitere Strecken hinaus zu realisieren.“ Genau dafür stehe das Taxi- und Mietwagengewerbe. Fahrer, welche die passende Qualifikation mitbringen, seien „das höchste Gut unseres Gewerbes“ – neben Fahrzeugen, die die Beförderung in allen Situationen sicher und zuverlässig ermöglichen, was im Vergleich zum Fahrermangel aber das kleinere Problem sei.
Durch die geplante Gesetzesregelung einer „kleinen Fachkunde“ mit aktuell über 300 geplanten Fragen „durch eine halbstaatliche Stelle“ würden mögliche Bewerber, die meist auch als Teilzeitmitarbeiter benötigt werden, abgeschreckt. Das verschlechtere die Personalsituation eher als dass sie den Mangel beseitige. ar
Beitragsbild: Unterschriftenbogen der Petition
Seit ca. 3 Jahren liiert die Fahrerausbildung bereits in den Hände der Unternehmer……Mir ist bisher kein Fall bekannt das dieser Umstand zu Problemen geführt hat
Dann befrage doch mal die Fahrgäste.
Die Prüfung dem Unternehmen selbst zu überlassen, dass Personalnot hat? Na bitte, wenn dass eure Idee sein soll … Ein Fahrer, der nicht in der Lage ist, sich in eine Prüfungssituation zu begeben, die zur Zeit sicher keine wirkliche Hürde, braucht kein Mensch.
Ein verantwortungsbewusster Personenbeförderung wird selbst Interesse haben, dass sein Fahrpersonal gut geschult ist. Ein anderer setzt ohnehin schon jeden ein, der ein Lenkrad halten kann. Der Staat zeigt doch regelmäßig, dass er mit seinen bürokratischen Aufgaben überfordert ist. Regulierung, ohne die Fähigkeit der Kontrolle ist sinnlos.
Daher finde ich es gut, dass es diese Initiative gibt. Leider wahrscheinlich ohne Aussicht auf Erfolg.
Deutsch sein heißt, eine Sache, um ihrer selbst willen zu tun.
Der Wegfall der OKP hat erheblichen Qualitätsverschlechterungen beim Fahrpersonal hier in Hamburg geführt.
Mangelnde Sprachkenntnisse sind zwar gern das augenfälligste, aber keineswegs einzige Merkmal dieses Qualitätsverfalls. Gerne werden z.B. auf der Reeperbahn Partygästen völlig überhöhte Festpreise aufgeschwatzt, die dann natürlich nur in Bar und ohne Taxameter gefahren werden,was dazu führt, dass das Anläufergeschäft kaputt gemacht wird. Die Leute bestellen selbst auf der Reepeebahn verstärkt über Apps.
Die neue Art von Taxifahrern hat keine Identifikation mehr mit ihrem Job. Ist halt nur ein Mindestlohnjob, bei dem es abzugreifen gilt was geht.
Dies war vor der Abschaffung der OKP nicht so. Die Fahrer waren mehr mit ihrem Job identifiziert, schließlich haben sie ja auch dafür eine Prüfung ablegen müssen.
Im Prinzip die gleiche Kiste in Berlin… Traurig…!
Genau das gleiche predige ich immer meinen Fahrgästen, wenn es um das Thema Ortskundeprüfung geht: die Ortskundeprüfung war eine Art Auslese: wer bereit war, für diese Prüfung ein Jahr lang zu pauken, der wollte einen anständigen Beruf mit einer gewissen Qualifikation ergreifen was natürlich auch mit einer bestimmten ‚Berufsehre‘ oder einem ‚Berufsethos‘ verbunden war. Wer die Ortskundeprüfung bestanden hatte, der war nicht nur irgendein Typ, der Schulden hatte und mal eben ‚Kohle‘ brauchte… Diese Gestalten rasen jetzt – gefährlich natürlich – gegen die Zeit an, denn kein Taxifahrer bekommt einen Stundenlohn, sondern Prozente vom Umsatz, und der bemisst sich nach gefahrenen Kilometern… (– was bei Mietwagen wegen erheblich höheren Kosten [Provision, Umsatzsteuer, niedrigere Preise] noch viel ‚härter‘ ist… Es sollte sich langsam mal herum sprechen, dass da keiner von uns den Mindestlohn bekommt… Und wie funktioniert das? Auf dem Papier bzw am Bildschirm wird ein großer Teil der realen Arbeitszeit als „Pause“ ausgewiesen….)
Aha, sie wollen also die sogenannte Fachkundeprüfung noch mehr abspecken… (wie man die Quittung ausfüllt und basta.) Am Ende sind die Fahrer in den Taxis dann genau solche Typen wie die beiden ignoranten Uber-Fahrer, mit denen ich gestern ‚gesprochen‘ habe (soweit überhaupt möglich, bei deren kaum vorhandenen Deutsch-Kenntnissen…): unangenehme Primitivlinge (mit irren Illusionen über den Verdienst, den sie angeblich erzielen würden: 9.OOO,- Umsatz jeden Monat… [die können nicht mal elementar rechnen…]), bei denen ich als Kunde nicht gerne in einem Auto sitzen würde… Raser, mit denen sich der Kunde nicht mehr über den Weg, den er nehmen möchte, verständigen kann, und denen er das Ziel ins Navi eintippen muss, weil sie die Straßen nicht schreiben können – wie das leider, laut Kunden, auch im Taxi immer öfter vorkommt… Wenn es dann keinen Unterschied mehr gibt zwischen den Fahrern und den Autos (kein Taxiunternehmer kann/wird sich noch einen Mercedes leisten…), warum soll die Kundschaft dann das angeblich teurere Taxi nehmen und nicht den (nur zeitweise) billigeren Mietwagen?
Die Durchsetzung der „Kleinen Fach- und Sachkunde“ für Taxi-und Mietwagenfahrer wurde offensichtlich von Lobbyisten solange blockiert, bis es schlichtweg keinen Sinn mehr macht, diese auch einzuführen. Es sind zur Zeit tausende von Fahrern auf der Strasse, die Ihren P-Schein nur unter Vorbehalt erhalten haben. Zwischenzeitlich sind einige bereits zur Verlängerung angestanden und haben diese auch mit 3 oder sogar 5 Jahren verlängert bekommen. Es ist schlichtweg nicht mehr möglich diese nachträglich zu prüfen, da dies die Neuerteilung von Neu-Bewerbern dann blockieren würde. Es kommt auch zu vermehrten Einsprüchen von Mehrwagenunternehmern, das diese Prüfung nur die Fahrersuche erschweren würde. Wir dürfen gespannt sein, wie Bonn (Verkehrsministerium) nun entscheidet oder es im „Sande verlaufen“ läßt. Wie schnell so eine Entscheidung im Normalfall laufen kann, konnte man ja an der Einführung des „B-196“ Führerscheins sehen.