Eine Mehrheit der Mitglieder hat für eine Kündigung der Mitgliedschaft im Bundesverband Taxi und Mietwagen (BVTM) gestimmt. Nicht ganz so einig war man sich dagegen, ob man stattdessen dem TMV beitreten solle.
Wie so mancher Taxiverband ist die „Innung“ des Berliner Taxigewerbes e. V. vom Mitgliederschwund betroffen, was sich auch auf die Finanzen des Verbandes auswirkt, der als einer von fünf Berliner Landesverbänden die Interessen des Taxigewerbes vertritt. Somit war also Sparen angesagt und die 655 Euro, die man als Berliner „Innung“ pro Monat als Mitgliedsbeitrag an den Bundesverband Taxi und Mietwagen (BVTM) entichten muss, führten zu der Entscheidung des Innungsvorstands, die Mitgliedschaft im BVTM fristgerecht zum Jahresende zu kündigen.
Die Entscheidung war im Frühjahr nach einer Mitgliederbefragung gefallen. Bei der Jahreshauptversammlung vergangene Woche wurde nun final darüber abgestimmt, ob die Entscheidung im letzten Moment widerrufen werden sollte. Eine Mehrheit sprach sich für die Bestätigung der Kündigung aus. Damit verliert der Bundesverband eines von über 50 Mitgliedern.
Nadolski hatte bereits vor der Abstimmung dafür plädiert, vom Bundesverband in den Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV) zu wechseln, wo die Mitgliedschaft preisgünstiger sei. Der TMV, der zwar eine Bundesgeschäftsstelle und mit Patrick Meinhardt einen Bundesgeschäftsführer hat, vertritt derzeit die Interessen von Landesverbänden aus vier Bundesländern: Bayern, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Nadolski, der den TMV als „neuen Bundesverband“ bezeichnete und beim BVTM vom „altem Bundesverband“ sprach, warb für einen Eintritt in den TMV, damit man auch künftig gewerbepolitisch mitgestalten könne. Den BVTM bezeichnete Nadolski als „zu sehr funkzentralenorientiert“. In der „Innung“ seien ganz überwiegend Ein-Wagen-Unternehmer organisiert, die sich vom BVTM nicht gut genug vertreten fühlten.
Im Anschluss an Nadolskis Plädoyer erhielt der als Gast eingeladene Patrick Meinhardt Gelegenheit, in einer Rede an die „Innungs“-Mitglieder für den Beitritt zu seinem Verband zu werben. Er erzählte vom Bestreben einer Vernetzung des politisch zu wenig beachteten Taxi- und Mietwagengewerbes, von politischer Verbandsarbeit auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene, einer besseren Ausstattung des Berliner Zolls zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und vom Wir-Gefühl und kämpferischen Naturell beim TMV.
In der darauffolgenden Diskussion traten Meinungen sowohl zugunsten eines Eintritts in den TMV als auch ganz entschieden dagegen auf. So sprach Carsten Reichert sich für den Wechsel zum kleineren Verband aus, während Michael Klewer, Taxiunternehmer mit über zehn Fahrzeugen und IHK-Vertreter, sagte, Meinhardt sei ihm zwar persönlich sympathisch, jedoch halte er nichts von einer Mitgliedschaft in ausgerechnet jenem Verband, der sich praktisch mit dem Ziel formiert habe, bei der Ausarbeitung der PBefG-Novelle die Einführung einer Mindestwartefrist (Karenzzeit) für Mietwagenbestellungen zu verhindern.
Genau dieser Widerspruch stößt auch außerhalb der „Innung“ bei vielen Taxiunternehmern auf Verwunderung. Sie appellieren an die „Innungs“-Mitglieder, sich die Geschichte vor Augen zu führen, die Ende 2020 zur Abspaltung dreier großer Landesverbände aus dem BVTM geführt hat: Vor der Reform des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) war damals im Bundesverband ein Streit zur Frage ausgebrochen, ob man sich für die Einführung einer Mindestbestellfrist für Mietwagen einsetzen solle. Das wäre aus Sicht der Befürworter ein wirksames Mittel gewesen, um den ungleichen Wettbewerb zwischen dem Taxigewerbe und jenen großstädtischen Mietwagenbetrieben auszugleichen, den diese – gerade in Berlin – in zunehmender Anzahl taxigleich ausführen.
Vor allem jene drei Landesverbände hatten dies vehement abgelehnt, weil sie auch Mietwagen mit Chauffeur vertreten, und weil diese Mitglieder das nicht haben wollten. Allerdings hätte diese Vorbestellfrist nur für Großstädte mit mindestens 100.000 Einwohnern wirksam werden sollen und wäre somit für die vielen Mietwagenbetriebe im ländlichen Bereich belanglos gewesen. Trotzdem wurde damals die Forderung des BVTM nach einer Mindestbestellfrist für Mietwagen aufgrund des Vetos der Landesverbände nicht weiter aufrechterhalten, und es kam darüber hinaus zur Verbandsspaltung und zur Gründung des TMV.
Viele Berliner Taxiunternehmer bedauern bis heute, dass sich der damals noch vereinte Bundesverband im Vorfeld der PBefG-Novelle nicht für eine Vorbestellfrist des Taxigewerbes eingesetzt hatte. Sie sehen darin einen Grund dafür, dass es heute für Berlin keine wirksamen gesetzlichen Mittel gegen den taxigleichen Verkehr der Mietwagen von Uber & Co. gibt. Das sei ein riesiger Schaden für das großstädtische Taxigewerbe und ganz besonders für Berlin. ar / jh
Fotos: Axel Rühle