Ob Touchscreen- oder Handynutzung am Steuer, die Rechtsprechung sieht beides sehr kritisch. Wer sich bei einer irregulären Nutzung erwischen lässt, hat ein Problem. Dies gilt natürlich umso mehr für Taxilenker, die auf den Führerschein angewiesen sind. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich genau mit den Regelungen auszukennen, um seine Rechte nötigenfalls selbstbewusst vertreten zu können.
Das Leben am Taxisteuer ist nicht immer leicht. Die Zeiten des Sprechfunks sind größtenteils vorbei und die Aufträge kommen heute vielfach über ein Display ins Taxi. Parallel klingelt auch regelmäßig mal das Smartphone, sei es privat oder seien es Chef oder Kunden. Auch wenn die meisten Taxler dabei sicherlich stets bemüht sind, Touchscreen und Smartphones ausschließlich fest installiert über die Freisprecheinrichtung zu nutzen, gelingt dieser Drahtseilakt nicht immer.
Gleichzeitig gibt es Polizeibeamte, die im normal fließenden Verkehr Fahrzeuglenker mit Handy in der Hand wahrnehmen oder auch wahrzunehmen meinen und dafür dann eine Anzeige schreiben. Der Vorwurf, ein Mobiltelefon während der Fahrt benutzt zu haben, wiegt jedoch schwer und hat neben empfindlichen Bußgeldern auch Punkte oder sogar Fahrverbote zur Folge, die für Taxifahrer ja einem Berufsverbot gleichkommen.
Elektronische Geräte rechtswidrig benutzt | Bußgeld | Punkt(e) | Fahrverbot in Monaten | ||
beim Führen eines Kraftfahrzeugs | 100 EUR | 1 Punkt | – | ||
mit Gefährdung | 150 EUR | 2 Punkte | 1 Monat | ||
mit Sachbeschädigung | 200 EUR | 2 Punkte | 1 Monat |
Verboten ist dabei sowohl jede Bedienung eines mobilen elektrischen Gerätes wie eben eines Smartphones oder eines Navigationssystems, wenn hier mehr als eine Bestätigung eingegeben wird. Und selbst eine minimal differenzierte Bedienung eines Touchscreens, beispielsweise um den Intervallscheibenwischer im Tesla zu aktivieren, wird zumindest im Schadensfall als Verstoß gegen dieses Nutzungsverbotes interpretiert (Taxi Times berichtete). Da liegt es nahe, dass auch eine minimal intensivere Bedienung des Touchscreens eines Tourenvermittlungssystems im Zweifel nicht ausgenommen sein wird, vor allem, wenn man sich gleichzeitig unaufmerksam oder auffällig im Verkehr verhält oder sogar zum Unfallbeteiligten wird.
Anders als etwa bei Tempo- oder Abstandsverstößen gibt es bei der Handynutzung in der Regel jedoch keine Fotos oder gar Videos von der Tat. Möglicherweise hatten sich Polizeibeamte auf die Lauer gelegt und meldeten ihre Beobachtungen an Kollegen in der Nähe, die die Fahrer dann mit dem Vorwurf konfrontieren. Oder der Vorwurf beruht auf Zeugenaussagen. Nicht immer kann ein solcher Verstoß so jedoch tatsächlich nachgewiesen werden und nicht immer haben die Zeugen tatsächlich überhaupt einen realen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) gesehen, denn Anfassen ist unter bestimmten Umständen erlaubt.
Kann der zur Last gelegte Verstoß gegen Paragraph 23 StVO nicht eindeutig nachgewiesen werden, ist das Verfahren im Zweifel natürlich einzustellen. Wer beispielsweise das Handy lediglich in der Hand hält, ohne dieses gerätespezifisch zu bedienen, benutzt es nämlich nicht im Sinne des Bußgeldtatbestandes. Dies hatte erstmals das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 03.01.2019, Az. 2 Rb 24 Ss 1269/18 entschieden. Und dieses Gericht steht inzwischen nicht mehr alleine mit seiner Entscheidung. Mittlerweile sind sich die Oberlandesgerichte einig, dass es noch nicht verboten ist, das Handy in die Hand zu nehmen, solange man es nicht irgendwie auch noch benutzt (OLG Oldenburg vom 17.4.2019 oder OLG Karlsruhe vom 18.04.2023, AZ. 1 ORBs 33 Ss 151/23). Also ist es nicht verboten, das Handy zu verlegen, z.B., um etwas wegzuräumen.
Aber das muss einem jemand glauben, und hier liegt das Problem. Steht man allerdings erstmal vor Gericht, wird es den meisten Richtern sicherlich erheblich leichter fallen, einem Polizisten zu glauben, der ja zunächst einmal keinen Grund hat, sich irgendetwas auszudenken. Insofern wird eine Geschichte, dass das Zigarettenetui oder auch der Geldbeutel von dem Beamten mit einem Handy verwechselt wurde, vor Gericht beispielsweise kaum Bestand haben. Eine Dokumentation, dass zum fraglichen Zeitpunkt nicht telefoniert wurde (beispielsweise per Screenshot) könnte da schon erfolgversprechender sein.
Im Vorhinein könnte eine sachgerechte Diskussion am Straßenrand vor Ort mit den Beamten mehr Chancen bieten, falls dazu die Möglichkeit besteht. Wer das Smartphone tatsächlich nur ‚umgeparkt‘ oder aufgehoben hat, kann es den Beamten beispielsweise dann ganz offen in die Hand drücken und sie selbst kontrollieren lassen, ob in den letzten Minuten telefoniert wurde. Ist das nicht der Fall, hat man schon mal bessere Chancen, den Beamten das Bußgeld doch noch auszureden. Und wer am Touchscreen per One-Touch auf dem Display nur einen Toureneingang bestätigt hat, kann auch das im Zweifel im Nachhinein belegen oder sich durch die Taxizentrale belegen lassen. Allerdings setzt dies natürlich immer voraus, dass die „Chemie“ zwischen den Beteiligten zumindest halbwegs stimmt.
Interessanterweise gilt übrigens das Schauen auf ein Smartphone zumindest dann als Verstoß, wenn dieses dabei „aktiv“ ist. Fernsehen oder Videos via Smartphone (zum Beispiel ein Video auf dem YouTube-Kanal von Taxi Times) bei eingeschaltetem Motor sind also – sinnvollerweise – verboten, aber auch andere App-Nutzungen, die bewegte Bilder produzieren, könnten im Zweifel als „rechtswidrige Nutzung“ interpretiert werden. Und so kommt es, dass im Zweifel das Anfassen und Verräumen eines Smartphones also eine erlaubte Tätigkeit sein kann, während das reine Ansehen desselben gleichzeitig verboten sein kann. Verrückte Welt… rw
Beitragsfoto: Remmer Witte