Im Rahmen ihrer Frühjahrstagung haben die Delegierten des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands BZP ein Positionspapier zu einer möglichen Reform des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) verabschiedet. Dabei zeigt man sich nur wenig reformwillig.
Nach wie vor sei das PBefG „ein geeignetes Instrument, um der Öffentlichkeit ein funktionierendes Taxi- und Mietwagengewerbe mit sehr guter Dienstleistungsqualität und Versorgungssicherheit zu garantieren”, heißt es zu Beginn des Positionspapiers, das wir in voller Länge am Ende dieses Beitrags abbilden werden. Anschließend bezieht das Papier Stellung zu insgesamt fünf Themen: Genehmigungspflicht für entgeltliche/gewerbliche Personenbeförderung, Kontingentierung von Taxigenehmigungen, Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht, Abgrenzung zwischen Taxi- und Mietwagenverkehr – insbesondere Rückkehrpflicht – und Ortskunde.
Integriert in das Thesenpapier sind auch Stellungnehmen zum Elektro-Taxi und zum Taxi-Sharing. Beiden Modellen stehe man als Taxigewerbe offen gegenüber.
Das Positionspapier wurde vom BZP in Arbeitskreisen erarbeitet und innerhalb unterschiedlicher Gremien abgestimmt. Den Originalwortlaut drucken wir nachfolgend ab:
Originalwortlaut des Positionspapiers des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes (BZP) zu einer Reform des PBefG (Lesezeit ca. 5 Minuten)
„Der BZP stellt fest, dass sich – auch unter Berücksichtigung der neuen Technologien – das PBefG in seiner heutigen Form bewährt hat und auch aktuell ein geeignetes Instrument ist, um der Öffentlichkeit ein funktionierendes Taxi- und Mietwagengewerbe mit sehr guter Dienstleistungsqualität und Versorgungssicherheit zu garantieren.
Ungeachtet dessen ist sich die Branche bewusst, dass die fortschreitende Digitalisierung Auswirkungen auf den künftigen Ordnungsrahmen haben kann. Die zu führende Diskussion über die Anpassung der gesetzlichen Rahmenvorgaben sollte sich zu jeder Zeit an den öffentlichen Verkehrsbedürfnissen orientieren und insbesondere die Sicherheitsinteressen der Fahrgäste berücksichtigen.
Die nachfolgenden Leitlinien des BZP zeigen die wesentlichen Aspekte des bestehenden und evtl. zukünftigen Ordnungsrahmens auf und sollen den Dialog mit der Politik und anderen Marktteilnehmern ermöglichen.
- Genehmigungspflicht für entgeltliche/gewerbliche Personenbeförderung
Das geltende Recht sieht eine generelle Genehmigungspflicht für die entgeltliche und gewerbliche Personenbeförderung vor. An dieser grundsätzlichen Genehmigungspflicht und an der Genehmigungsfreiheit von echten Mitfahrgelegenheiten sollte nach unserer Auffassung festgehalten werden. Soweit es um eine bessere Abgrenzung zwischen der entgeltlichen/gewerblichen und genehmigungsfreien Personenbeförderung geht, ist der BZP bereit, konkrete Vorschläge ergebnisoffen zu prüfen. Entschieden abgelehnt wird jedoch die Einführung von sog. „Bagatellgrenzen“, die eine genehmigungsfreie entgeltliche oder gewerbliche Personenbeförderung bis zur Erreichung von bestimmten Umsatzerlösen oder einer Anzahl von Beförderungen ermöglicht.
Der Zweck der bestehenden Genehmigungspflicht besteht nicht darin, den Zugang zum Personenbeförderungsgewerbe unnötig zu erschweren oder die vorhandenen Unternehmer vor unerwünschter Konkurrenz zu schützen. Ausschließlicher Zweck sind die öffentlichen Verkehrsbedürfnisse und Sicherheitsinteressen der Fahrgäste. Dabei kann nicht danach differenziert werden, ob der Befördernde selten oder oft Fahrgäste befördert. Im Übrigen würde die Einführung solcher „Bagatellgrenzen“ die genehmigungsfreien Mitfahrgelegenheiten bürokratisch belasten, weil das Überschreiten der „Bagatellgrenzen“ nur nachvollziehbar wäre, wenn alle Umsatzerlöse oder Beförderungen aufgezeichnet würden.
Eine leichter bestimmbare Abgrenzung zwischen genehmigungspflichtiger und genehmigungsfreier Beförderung könnte nach unserer Vorstellung vorgenommen werden, wenn die Entgeltgrenzen für die einzelne Beförderung konkret bestimmt werden, z.B. durch den Verweis auf die Fahrtkostenbeträge nach dem Steuerrecht. Ein transparenter Grenzwert würde im Übrigen auch neuen Marktteilnehmern den Markteintritt durch Rechtssicherheit erleichtern.
- Kontingentierung von Taxigenehmigungen
Das geltende Recht sieht die Begrenzung der Taxigenehmigungen vor, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen durch die Erteilung weiterer Genehmigungen beeinträchtigt werden. Diese Einschränkung hat sich nach unserer Auffassung bewährt und rechtfertigt sich deshalb, weil der Taxiverkehr Teil des ÖPNV ist und wichtige Ergänzungsfunktionen erfüllt.
Örtliche Verkehrsmärkte, in denen die Kontingentierung für Taxigenehmigungen aufgehoben wurde, zeigten alsbald wesentliche Funktionsstörungen im Taxigewerbe. Der unkontrollierte Zugang zum örtlichen Taxigewerbe hat funktionierende wirtschaftliche Rahmenbedingungen zerstört und zu einer untragbaren Verzerrung der Wettbewerbsverhältnisse geführt. So hat der jüngst veröffentlichte Untersuchungsbericht über das Berliner Taxigewerbe eindrucksvoll aufgezeigt, dass eine Vielzahl der Unternehmen die steuerlichen, arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Vorgaben nicht beachten.
Eine Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes bei gleichzeitiger Aufhebung der Kontingentierung erfordert nach unserer Auffassung eine intensive Überprüfung und Überwachung der Marktteilnehmer durch die zuständigen Genehmigungsbehörden. Diese erforderliche Überwachung wird nach unserer Erkenntnis derzeit nur in Hamburg gewährleistet. Die dortige Genehmigungsbehörde hat in jahrelangen Bemühungen Marktverhältnisse geschaffen, die eine den öffentlichen Verkehrsinteressen gerecht werdende Marktsituation bei freiem Zugang zum Taxigewerbe ermöglicht.
Wir bezweifeln, dass die derzeitige Sach- und Personalausstattung der Genehmigungsbehörden ausreicht, um eine vergleichbare Marktsituation wie in Hamburg herzustellen, wenn die Kontingentierung von Taxigenehmigungen grundsätzlich aufgehoben wird. In jedem Fall müsste ein derartiger Schritt mit zwingenden gesetzlichen Vorgaben für die Überwachung des örtlichen Taximarktes begleitet werden, um unhaltbare Marktverhältnisse wie in Berlin zu vermeiden. Unabdingbar wären in diesem Fall zeitlich gestaffelte Übergangsvorschriften, die eine Abschaffung der Kontingentierung stufenweise regeln.
- ÖPNV-Pflichten im Taxiverkehr/Taxitarif
Das geltende Recht bestimmt für die Taxiunternehmen eine Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht. Diese Verpflichtungen sind typisch für den ÖPNV und dienen den öffentlichen Verkehrsinteressen. Die ÖPNV-Pflichten sind aufeinander abgestimmt und bedingen sich gegenseitig.
Eine Freigabe des Taxitarifs würde dazu führen, dass die öffentlichen Verkehrsinteressen im Taxiverkehr künftig nicht mehr angemessen berücksichtigt werden. Die ÖPNV-Einbindung des Taxiverkehrs würde praktisch aufgehoben werden.
Taxitarife werden unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen von den örtlichen Genehmigungsbehörden festgesetzt. Sie dienen dem Verbraucherschutz und vermeiden einen ruinösen Preiswettbewerb im Taximarkt. Sie sind deshalb nach unserer Auffassung ein unverzichtbarer Bestandteil eines funktionierenden Verkehrsmarktes.
Die Aufhebung der Tarifpflicht führt in der Praxis zu einem Wegfall der Beförderungspflicht. Taxiunternehmen könnten die Beförderungspflicht durch hohe Fahrpreisforderungen unterlaufen.
Auch die vorgeschlagene Festsetzung von „Höchstpreisen“ widerspricht den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Verbraucherschutz. Praktische Erfahrungen mit verbindlichen „Höchstpreisen“ auf anderen Märkten zeigen, dass der festgesetzte „Höchstpreis“ zum regulären Preis wird. Nur marktstarke Nachfrager sind in der Lage, Preisabweichungen vom „Höchstpreis“ durchzusetzen. Die Leistung für den einzelnen Verbraucher wird durch festgesetzte „Höchstpreise“ regelmäßig teurer.
Der BZP hält es deshalb für unabdingbar, dass der von den Genehmigungsbehörden – unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen – festzusetzende Taxitarif erhalten bleibt. Soweit ein legitimes Bedürfnis nach Abweichungen vom Taxitarif besteht, können die nach dem PBefG zulässigen Sondervereinbarungen Abhilfe schaffen. Ggf. können die Bestimmungen über Sondervereinbarungen überprüft und präzisiert werden.
- Abgrenzung zwischen Taxi- und Mietwagenverkehr – insbesondere Rückkehrpflicht
Das geltende Recht grenzt den Taxiverkehr vom Mietwagenverkehr dadurch ab, dass den Mietwagenunternehmen besondere Verpflichtungen auferlegt werden. Zu diesen Verpflichtungen gehört auch die sog. „Rückkehrpflicht“. Danach müssen Mietwagen nach Beendigung einer Beförderungsfahrt zum Betriebssitz zurückkehren.
Nach unserer Auffassung haben sich die bisherigen Regelungen zur Abgrenzung zwischen dem Taxi- und Mietwagenverkehr bewährt. Diese Regelungen bezwecken, dass mit Mietwagen kein taxi-ähnlicher Verkehr durchgeführt wird. Ihre Rechtfertigung findet die Abgrenzung darin, dass der Mietwagenverkehr nicht den ÖPNV-Pflichten unterliegt.
Die mit der 5. Novelle des PBefG (im Jahre 1982) eingeführte Abgrenzung hat die Entwicklung des Mietwagenverkehrs nicht behindert. Die Anzahl der zugelassenen Mietwagen hat sich von 1982 bis 2012 verdoppelt (vgl. Sondererhebung des BMVI). Nach unseren Beobachtungen ist die Anzahl der zugelassenen Mietwagen seit 2012 erneut deutlich angestiegen.
Die bedingungslose Aufhebung der Rückkehrpflicht würde die bewährte Abgrenzung zwischen dem Taxi- und Mietwagenverkehr vollständig aufheben und zu einer erheblichen Marktstörung führen.
Die Rückkehrpflicht verhindert die taxiähnliche Bereithaltung von Mietwagen im öffentlichen Verkehrsraum. Der Wegfall der Rückkehrpflicht führt unweigerlich zu einem enormen Anstieg von beförderungsbereiten Mietwagen in den städtischen Zentren, mit allen damit verbundenen Nachteilen. Knappe Parkraumressourcen werden zusätzlich beansprucht. Mietwagen ohne konkreten Beförderungsauftrag belasten zusätzlich den fließenden Verkehr, weil diese auf der Suche nach Fahrgästen in innerstädtischen Zentren umherkreisen. Die gegen die bestehende Rückkehrpflicht angeführten Umweltbelastungen würden sich deshalb drastisch erhöhen.
Der BZP ist deshalb der Auffassung, dass die bewährte Abgrenzung zwischen dem Taxi- und Mietwagenverkehr, einschließlich der Rückkehrpflicht, beibehalten werden sollte. Ungeachtet dessen ist der BZP bereit, Vorschläge zur Abgrenzung zwischen dem Taxi- und Mietwagenverkehr, die eine Modifizierung der Rückkehrpflicht beinhalten, ergebnisoffen zu prüfen. Erfahrungen in anderen europäischen Ländern können Lösungen aufzeigen, die eine Abgrenzung ohne eine sehr enge Rückkehrpflicht ermöglichen. Dazu gehören z.B. Regelungen, wonach zwischen der Annahme eines Beförderungsauftrages und der Ausführung zeitliche Fristen einzuhalten sind.
- Förderung von Elektro-Taxis
Das Taxigewerbe steht zur Förderung der Verbreitung von Elektro-Taxis bereit. Vorstellen könnten wir uns bspw. das Bereithalten an Ladesäulen auch außerhalb der Taxistände für solche Fahrzeuge, ggf. auch die Zulassung von zwei Fahrzeugen mit einem Wechselkennzeichen auf eine Genehmigung. Weiteren Vorschlägen stehen wir grundsätzlich offen gegenüber.
- Sammelverkehre/Taxi-Sharing
Die App-basierte Internettechnologie ermöglicht zukünftig die „Stand-By“-Organisation von Sammelfahrten im Taxiverkehr (sog. Taxi-Sharing). Das organisierte Taxigewerbe entwickelt derzeit technische Lösungen, die ein verbraucherfreundliches Angebot ermöglichen.
Sammelverkehre können ein zusätzliches attraktives Angebot für Verbraucher ermöglichen, nicht nur in strukturschwachen Gebieten. Bei der Organisation und Durchführung von Sammelverkehren ist allerdings darauf zu achten, dass die Grenzen zwischen der entgeltlichen/gewerblichen und privaten Personenbeförderung nicht verwischt werden. Wir halten deshalb die Genehmigungspflicht auch für Sammelverkehre für erforderlich, wenn diese entgeltlich/gewerblich erfolgen und das Entgelt die vom PBefG festgesetzten Grenzen übersteigt.
Bei der Organisation und Durchführung von Sammelverkehren ist zudem darauf zu achten, dass keine übermäßige Konkurrenz zu den ÖPNV-Angeboten eröffnet wird. Die verkehrs- und umweltpolitischen Vorteile von Sammelverkehren können sich schnell in zusätzliche Belastungen wandeln, wenn der Zunahme bei Sammelverkehren ein Verlust von Fahrgästen im ÖPNV gegenübersteht.
Sammelverkehre erfordern nach unserer Auffassung besondere Regelungen, die den Auftraggeberstatus, die Festsetzung und Erhebung von (Teil-)Fahrtentgelten und andere Fragen betreffen. Wir schlagen deshalb die Einführung einer besonderen Vorschrift im PBefG vor, die die spezifischen Fragen der Sammelverkehre unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen und des Verbraucherschutzes regeln. In diese Regelung könnte – soweit erforderlich – auch der Mietwagenverkehr einbezogen werden.
- Ortskunde für Taxi- und Mietwagenfahrer
Nach der geltenden Rechtslage müssen Taxi- und Mietwagenfahrer den Nachweis über die Ortskunde in ihrem Tätigkeitsgebiet erbringen. Wegen der Verbreitung von elektronischen Navigationsgeräten wird gefordert, künftig diesen Nachweis entfallen zu lassen.
Zum Berufsbild eines Taxifahrers gehören – neben anderen Qualifikationen – zwei zentrale Kernkompetenzen: Fahrsicherheit und Ortskunde. Wir bezweifeln, dass die durch Ausbildung und persönliche Erfahrung erworbene Ortskunde durch ein elektronisches Navigationssystem ersetzt werden kann. Zudem würde durch den Wegfall des Ortskundenachweises neuer Regelungsbedarf für den Taxi- und Mietwagenverkehr entstehen. Derzeit besteht keine gesetzliche Ausstattungspflicht für Taxis oder Mietwagen mit Navigationssystemen. Die Qualität und Überprüfbarkeit von Navigationssystemen ist nicht sichergestellt. Aus Gründen des Verbraucherschutzes müssten spezifische Vorschriften für den Einsatz der (zertifizierten) Navigationssysteme erlassen werden. Dem Taxifahrer könnte bei dem erlaubten Einsatz von Navigationssystemen keine Verantwortung mehr für die Auswahl der kürzesten Beförderungsstrecke zugeordnet werden.
Die Nachteile für die Verbraucher beim Wegfall der nachzuweisenden Ortskenntnis überwiegen nach unserer Auffassung den Vorteil eines „erleichterten“ Zugangs zu dem Beruf eines Taxi- oder Mietwagenfahrers. Wir lehnen den Wegfall des Ortskundenachweises für Taxi- und Mietwagenfahrer deshalb grundsätzlich ab. Allenfalls lässt sich darüber nachdenken, dass man in ländlich geprägten Regionen mit übersichtlichen Strukturen auf den Nachweis verzichtet, keineswegs aber in größeren Mittelstädten und Großstädten.
- Bestmögliche Gewährleistung der Mobilität im ländlichen Raum
Das Taxi- und Mietwagengewerbe steht zu Kooperationen bereit, den öffentlichen Verkehr auch für die Bevölkerung in der Fläche zu gewährleisten. Wir sind bereits heute dort vielerorts der letzte Garant für öffentlichen Verkehr. Um im ländlichen Raum effektiv kooperieren und gestalten zu können, sollte die Branche frühzeitig in die Nahverkehrsplanung eingebunden werden; idealerweise sollte eine Verpflichtung zur Anhörung der Taxi- und Mietwagenverbände/-unternehmen in die Nahverkehrsgesetze eingeführt werden.“
Foto: Wilfried Hochfeld / Taxi Times
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