Letzte Woche versammelte sich die Nahverkehrsbranche in Rheinland-Pfalz zu einem der bedeutendsten Branchenkongresse Deutschlands. Mit dabei waren unter anderem BVTM, VDV Rheinland und VVPR.
Vom 16. bis 18. April 2024 fand in Koblenz der 15. Deutsche Nahverkehrstag statt. Daran nahmen unter anderem der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) und die Verbände des Verkehrsgewerbes Rheinland e. V. (VDV Rheinland) und Rheinhessen-Pfalz e. V. (VVRP) teil. Die Gewerbevertreter trafen sich zu einem wichtigen Austausch, der in diesem Jahr einen besonderen Fokus auf das Taxi- und Mietwagengewerbe legte.
Rund 900 Fachleute aus dem In- und Ausland nahmen an dem Kongress teil, der eine Plattform für nationale und internationale Experten und Entscheider der ÖPNV-Branche bot. Als Partner der Großveranstaltung fungierten die beiden rheinland-pfälzischen Verbände erneut unter dem Dach des Verbandes Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz e. V. (MOLO).
Die Vertreter des VDV und des VVRP besetzten die für den privaten Mittelstand relevanten Themenfelder und setzten konkrete Impulse für Diskussionen. Unter dem Titel „Weichen stellen! Perspektiven für die Mobilität im Zeitenwandel“ wurden Zukunftsfragen des Nahverkehrs erörtert. Besonders der Bereich des On-Demand-Verkehrs, der seit der letzten Veranstaltung an Bedeutung gewinnt, stand im Mittelpunkt.
„Wir freuen uns sehr darüber, dass auch in diesem Jahr namhafte Referenten den Nahverkehrstag bereichert haben“, betonen die Geschäftsführer von MOLO, Guido Borning und Heiko Nagel. „Besonderer Dank geht dabei an den Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. (BVTM), vertreten durch Geschäftsführer Michael Oppermann und Präsident Herwig Kollar, für ihre wertvollen Beiträge zur Diskussion über das Taxi- und Mietwagengewerbe“, so Borning und Nagel.
Michael Oppermann hielt eine Präsentation über die Vorteile und Möglichkeiten rund um den On-Demand-Verkehr. „50.000 Taxis auf Knopfdruck in den ÖPNV einbinden“ war sein Thema. Im vollen Saal erklärte der BVTM-Geschäftsführer, dass der Aufbau paralleler Flotten für neu angebotene Bedarfsverkehre ineffizient und vor allem unnötig ist. Oppermann: „Die bisherigen Experimente mit nagelneuen Fahrzeugen im On-Demand-Verkehr waren vor allem für eines gut: Um Geld zu verbrennen.“ Laut Oppermann gibt es das ideale Bedarfsfahrzeug bereits: „Taxi ist On-Demand Verkehr seit 1893.“
Oppermann untermauerte seine Argumentation mit dem Slogan „Das Taxi macht sich fit“ und betonte, dass in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Fortschritte erzielt wurden, um Taxis zukunftsfähig zu machen. Unter anderem erläuterte er das Bahntaxi-Projekt TaBeA und die nun erfolgte Integration und Digitalisierung der deutschlandweiten Taxiflotte. Die umfassende Digitalisierung und der Übergang zur E-Mobilität sind dabei nur zwei Beispiele für den Wandel in der Branche.
Herwig Kollar eröffnete seinen Vortrag mit dem provokanten Titel „Neue Gefahren für den Linienverkehr: Uber statt U-Bahn?“ Der Schwerpunkt seiner Präsentation lag auf den Auswirkungen, die Ride-Hailing-Dienste auf den öffentlichen Verkehr haben.
Zuerst demonstrierte der BVTM-Präsident ausführlich, dass die Geschäftsmodelle von Uber & Co. nur durch sozialen Betrug und die Ausbeutung der Fahrer funktionieren können: „In diesem Milieu wird kriminell gearbeitet und die Vermittler nehmen Schwarzarbeit in Kauf, weil das zu ihrem Geschäftsmodell gehört!“
Kollar zeigte auch auf, dass dieses Geschäftsmodell nicht nur ein Problem für das Taxigewerbe ist, sondern auch für andere Formen des öffentlichen Verkehrs. Die zahlreich anwesenden Vertreter der Aufgabenträger und der ÖPNV-Unternehmen bekamen so vor Augen geführt, dass Uber auch ihr Problem wird. An Zahlen wurde deutlich: Die Dumpingpreise einiger Anbieter sind so niedrig, dass sie sogar billiger sind als eine einfache Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr. Kollar erläuterte, dass Studien zeigen, dass solche Ride-Hailing-Dienste die Menschen nicht vom eigenen Auto wegbringen, sondern die zurückgelegten Straßenkilometer in den Städten sogar erhöhen. Hierzu präsentierte er eine Auswahl internationaler Studien aus Nordamerika, aber auch aus Europa.
Zum Abschluss seines Vortrags stellte Kollar schließlich einige Lösungen für dieses Problem vor, wie etwa Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen, Tarifkorridore und Festpreise für den Taxiverkehr sowie Kontingentierung der Mietwagen-Lizenzen. Er kritisierte die Tatsache, dass die neu geschaffenen Instrumente der PBefG-Novellierung vom August 2021 nach nunmehr fast drei Jahren bis auf zwei Ausnahmen nicht von den Kommunen bzw. Kreisen umgesetzt wurden.
Dr. Hubertus Baumeister von der Kanzlei BBG aus Bremen stellte das Modell des ÖPNV-Taxis vor, das die sinnvolle Verknüpfung von Taxen mit dem Linienverkehr im ländlichen Raum vorsieht. Dieses Modell könnte die Attraktivität des ÖPNV im ländlichen Raum entscheidend erhöhen und zugleich die wirtschaftliche Stärkung der Taxiunternehmen fördern.
Der 15. Deutsche Nahverkehrstag bot somit eine wichtige Plattform, um die Interessen und die Bedeutung der klein- und mittelständischen Taxi- und Mietwagenunternehmen für den Nahverkehr hervorzuheben.
Der Kongress wurde durch eine begleitende Fachmesse mit rund 40 Ausstellern ergänzt, die ihre Produkte und Dienstleistungen auf über 1.000 qm Ausstellungsfläche präsentierten. ar
Beitragsfoto: BVTM-Präsident Herwig Kollar; Foto: BVTM