In Deutschland gilt grundsätzlich das Verbot der Sonntagsarbeit. Warum gilt das nicht für Taxis? Und was ist mit Mietwagen? Und dann ist da noch die Frage, ob man angestellten Taxi- und Mietwagenfahrern – so sie denn an Sonn- und Feiertagen arbeiten dürfen – steuerfreie Zuschläge zahlen muss.
Das Arbeiterschutzgesetz regelte erstmalig im Jahr 1892, dass der Sonntag als „Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ geschützt werden soll. Das gilt übrigens nicht nur für die Arbeitenden selbst, sondern auch für die unmittelbare Umgebung der Arbeitsstätte, doch dazu später mehr. Aktuell reguliert das Arbeitszeitgesetz die Sonntagsarbeit und legt fest, dass sie nur in Ausnahmefällen zulässig ist. Grundsätzlich ist es laut Arbeitszeitgesetz nicht erlaubt, an Sonntagen oder Feiertagen Arbeitnehmer zu beschäftigen.
Das Gesetz räumt jedoch Ausnahmen ein, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Danach dürfen die Arbeitnehmer folgender Branchen an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden: Bei Not- und Rettungsdiensten, Feuerwehr, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden und für Zwecke der Verteidigung, In Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen sowie für Kirchen, Parteien oder Vereine oder Vergnügungseinrichtungen.
Ebenfalls gestattet ist die Arbeit in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung sowie im Haushalt, bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, Filmvorführungen, Schaustellungen, Darbietungen und anderen ähnlichen Veranstaltungen und natürlich zur Erstellung von tagesaktuellen Medien und auf Messen oder Märkten.
Taxibetriebe werden über eine Ausnahme für Verkehrsbetriebe erfasst, die parallel auch das Kommissionieren von leichtverderblichen Waren umfasst. Weitere Ausnahmen gelten für Energie- und Versorgungsbetriebe, die Landwirtschaft und Tierhaltung, das Bewachungsgewerbe oder auch für die Aufrechterhaltung von Betriebseinrichtungen oder der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen und den Devisenhandel an Tagen, die in anderen Ländern kein Feiertag sind. Bäcker und Konditoren dürfen dagegen nur maximal drei Stunden an Sonn- und Feiertagen aktive werden.
Die Verpflichtung, einen Sonn- oder Feiertagszuschlag zu zahlen, ist dabei übrigens nicht gesetzlich festgehalten. Nur wenn ein solcher Zuschlag in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen vereinbart wird, verpflichtet sich der Arbeitgeber zu solchen Zahlungen. Freiwillige Zahlungen nach gesetzlichen Vorgaben sind natürlich immer möglich und – sofern betriebswirtschaftlich vertretbar – eines von vielen Instrumenten für die Mitarbeiterfindung- und Bindung (Hinweis der Redaktion: Wie man zuverlässige Mitarbeitende findet und möglichst bis zum Rentenalter an das Unternehmen bindet, können erfolgshungrige Taxi- und Mietwagenunternehmer auch bei einem Live-Workshop am 10.9. in Dortmund und am 12.9. in Brandenburg erfahren.)
Festzuhalten ist somit, dass an Sonn- und Feiertagen also dann und nur dann gearbeitet werden soll und darf, wenn dies dem Wohl der Allgemeinheit dient. Taxifahrer als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge gehören unzweifelhaft zu diesen Ausnahmefällen. Aber auch Mitarbeiter anderer Verkehrsbetriebe dürfen an solchen Tagen unbeschränkt arbeiten, somit also auch Mietwagenfahrerinnen und – Fahrer.
Aber wie steht es um die Sonntagsruhe, wenn die Arbeit nicht von Menschen, sondern von Maschinen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI, englisch AI) verrichtet wird? Mit dieser Fragestellung befasste sich der Verwaltungsgerichthof (VGH) Hessen im Dezember 2023 (8 B 77/22). In der Entscheidung ging es um einen Selbstbedienungssupermarkt, der ohne Mitarbeiter und ohne physisches Kassensystem betrieben werden und rund um die Uhr und auch sonntags geöffnet sein sollte. Der Supermarkt sollte so funktionieren, dass sich die Kunden online registrieren und dann am Supermarkteingang ihren personalisierten Code scannen sollten. Im Supermarkt erfasst dann eine KI, welche Produkte der Kunde in seinen Einkaufskorb legt. Der Laden sollte damit also ohne ständig anwesende Mitarbeiter auskommen.
Maschinen, Roboter und künstliche Intelligenzen unterliegen dem Arbeitszeitgesetz natürlich nicht, denn das Arbeitszeitgesetz dient nur der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Ein Selbstbedienungssupermarkt ohne Mitarbeiter dürfte also zumindest nach dem Arbeitszeitgesetz auch sonntags öffnen. Der VGH Hessen untersagte die Sonntagsöffnung aber trotzdem. Grund dafür war nicht das Arbeitszeitgesetz, sondern das Gewerberecht des Landes. Das Hessische Ladenschlussgesetz untersagt, dass Geschäfte an Sonntagen geöffnet sind. Das Ladenschlussgesetz schützt Sonntage als „Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“. Geschützt werden damit nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die übrige Gesellschaft, wie z.B. die Anwohner.
Auch der Vergleich zu den rund um die Uhr – also auch sonntags – verfügbaren Onlineshops überzeugte den VGH dabei nicht. Ein Onlinebestellvorgang habe keinerlei Außenwirkung, stellte das Gericht fest und sei daher nicht geeignet, die Sonntagsruhe der übrigen Bevölkerung zu beeinträchtigen. Im Übrigen finde die Auslieferung erst an den folgenden Werktagen statt. rw
Kurzkommentar der Redaktion: Die Einordnung des VGH eines Selbstbedienungssupermarktes als die Öffentlichkeit störende Verkaufsstelle im Gegensatz zu Warenautomaten, die schon seit über 20 Jahre von den Sonntagsregelungen ausgenommen sind, wirkt wenig überzeugend. Die Differenzierung des VGH, dass anders als Warenautomaten der Selbstbedienungssupermarkt begehbar ist, Kunden die Waren aussuchen und zur Kasse befördern und die Warenentnahme vor dem Bezahlvorgang stattfindet, wirkt eher gewollt, aber nicht gekonnt.
Mit solchen Entscheidungen schafft sich die Gerichtsbarkeit wohl kaum Freunde, wirkt sie damit doch hilflos und aus der Zeit gefallen. Es fehlt der Mut, ins Alter gekommene Regelungen gleich grundsätzlich in Frage zu stellen, anstatt verzweifelt zu versuchen, Dinge zu differenzieren, die nicht zu differenzieren sind. Würde ein solches Gesetz neu formuliert, wäre es allerdings sehr spannend zu erleben, ob die vielfach etwas willkürlich wirkende Auswahl der Ausnahmen vom Arbeitsverbot dann ebenfalls entweder in Frage gestellt oder großzügig ergänzt würde.
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