Da dem Gesetzgeber die Qualifikation von Personenbeförderern seit drei Jahren egal scheint, hat das Gewerbe selbst vielerorts Schulungen und Prüfungen entwickelt, um ein Mindestmaß an Qualität sicherzustellen – unter anderem in Dresden.
Lediglich auf solide Ortskenntnisse in Städten legte der Staat lange Zeit Wert – bis Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer im Zuge der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ohne Not – aber lobbymäßig gut beeinflusst – Uber den Gefallen tat, die Ortskundeprüfung für Mietwagenfahrer und später auch für Taxifahrer in die Tonne zu treten. Am Grundproblem hat sich dadurch nichts geändert, auch Jahrzehnte vorher nicht: Da Taxifahrer kein Ausbildungsberuf mit definiertem Qualifikationsprofil ist, müssen die Unternehmer oder von ihnen beauftragte Dritte, z. B. Funkzentralen, für die nötige Qualifikation der Fahrer sorgen – wenn sie denn nicht im Interessenkonflikt zwischen Qualität und Fahrzeugbesetzung zerrieben werden: Taxizentralen haben keine eigenen Fahrzeuge, sondern vermitteln Taxis der an ihre Zentrale angeschlossenen Taxiunternehmen, die dann wiederum ihre Taxis mit eigenem Fahrpersonal besetzen.
Wer nun als Zentrale einen zu hohen Zugangsstandard definiert, muss dann zwangsläufig einige bei den Teilnehmern beschäftigte Fahrer von der Funkvermittlung ausschließen. Das wiederum bedeutet, dass diese Fahrzeuge zwar beitragspflichtig an der Zentrale angeschlossen sind, die dort eingesetzten Fahrer aber eben keine Funkaufträge bekommen. Genau das stößt auf Unverständnis bei den Taxiunternehmern – zumindest bei denen, die ihre Fahreuge lieber mit schelchten Personal besetzen als die Taxis unbesetzt zu lassen.
Viele Funkzentralen bringen ihren Teilnehmern deshalb nur bei, wie der Funkverkehr funktioniert und schalten sie anschließend für die Vermitlung frei. Doch die Zahl der Taxizentralen, die als Ersatz zur abgeschafften Ortskunde und immer noch nicht definierten Kleinen Fachkunde nun eigene Standards setzen, nimmt zu. Ein Beispiel dafür ist die Taxizentrale Dresden. „Wir schulen Ortskunde, Beförderungsregeln, Straßenverkehrsordnung, Fahrten mit Kranken und Kindern oder auch kundenfreundliches Verhalten wie etwa Gepäck einladen“, wird Anja Zimmermann, Vorstand der Dresdner Taxigenossenschaft, vom Online-Portal „Tag 24“ zitiert. Inhalte also, die man unter „Fachkunde“ subsumieren kann.
Die Dresdner Taxigenossenschaft sorgt also auf eigene Faust für die Qualifikation ihrer Fahrer. Der früher als Schulung vor Ort abgehaltene Lehrgang wird heute rein digital durchgeführt. Zur Entwicklung der Inhalte blickte man über den Tellerrand, statt sein eigenes Süppchen zu kochen. In Kooperation mit einer Düsseldorfer Zentrale erstellte man ein auf Dresden zugeschnittenes Konzept. „Rheintaxi aus Düsseldorf hat uns dazu viel Input geliefert“, erzählt Jan Kepper, ebenfalls Vorsatandsmitglied der Dresdner Taxigenossenschaft, gegenüber Taxi Times.
Das Schulungssystem ist präzise ausgeklügelt und in zahlreiche Kapitel aufgeteilt und vermittelt unter anderem Hilfen bei der Kommunikation mit Fahrgästen, rechtliche Aspekte, Erwartungen betreffs Außenwirkung, sinnvolles Verhalten in allen Situationen (auch bei Unfällen), Umgang mit Fahrgästen, die auf Unterstützung angewiesen sind, Ortskunde, Sicherheit und vieles mehr. Die Schulung ist insgesamt auf ein gut funktionierendes Taxigewerbe mit sich vorbildlich verhaltendem und dadurch auch gut verdienendem Personal ausgelegt.
Praktischerweise hatte die Dresdner Taxigenossenschaft einstmals sowohl die Funktion einer Taxischule inne als auch die behördliche Aufgabe, die Ortskundeprüfung abzunehmen. Als ein Subunternehmer eines Fahrdienstes als Mitbewerber auf den Plan trat, zog die Stadtverwaltung die Prüfungsgewalt aus Neutralitätsgründen an sich und zentralisierte sie bei der Führerscheinbehörde, wie Vorstand Jan Kepper gegenüber Taxi Times berichtet.
Die Fahrerqualifikation ist auch nach der Abschaffung der Ortskundeprüfung weitgehend in der Hand der Genossenschaft geblieben, an die 99 Prozent der 405 Taxis in der sächsischen Landeshauptstadt angeschlossen sind. Das Schulungs- und Prüfungsprocedere ist heute eine ausgeklügelte Kombination aus Online-Lektionen und Vor-Ort-Prüfungen, die sicherstellen, dass die Anwärter auch tatsächlich qualifiziert sind (unter anderem was deutsche Sprachkenntnisse betrifft) und die Online-Tools auch persönlich bearbeitet haben. Auch technische Dinge zur Vermittlung werden in einem persönlichen Gespräch durchgegangen.
Die heutigen Inhalte der Schulung, basierend auf dem Düsseldorfer Konzept, hat die Genossenschaft nicht hinter verschlossenen Türen ausgearbeitet, sondern in Zusammenarbeit mit Taxiunternehmen, um eine höchstmögliche Akzeptanz zu erzielen. Dabei bestand Einigkeit, dass man keine Masse an Fahrern mit oberflächlicher Qualifikation haben möchte, sondern durchweg qualifizierte und geeignete Dienstleister, die dem Ruf des Gewerbes zuträglich sind, auch wenn von den rund 2.000 Fahrern von vor zehn Jahren heute nur noch knapp 800 übrig sind, wie das Online-Portal „Tag 24“ schreibt, das kürzlich über die Situation des Dresdner Taxigewerbes berichtet hat. Umso kostbarer ist jeder neue Anwärter aus Sicht der Genossenschaft. Kepper freut sich über jeden, der nicht nur die nötige Qualifikation mitbringt – Stichwort Sprachkenntnisse –, sondern darüber hinaus vielleicht auch noch die Bereitschaft hat, auch nachts und an Wochenenden und Feiertagen zu arbeiten, was der Erfüllung der Betriebspflicht förderlich ist. ar
Beitragsfoto: Axel Rühle