Wenn Taxifahrer ein Fahrverbot über ein bis drei Monate erhalten, wird damit zwangsläufig auch die Berufsausübung verhindert. Kann man hier auf „schwerwiegende Härte“ plädieren und dem Fahrverbot so entkommen? Und was hat es mit dem „Augenblicksversagen“ auf sich?
Noch vor einigen Jahren standen Fahrverbote eher ganz am Ende der möglichen Sanktionen für Verkehrsverstöße. Inzwischen ergibt die Kontrollfrequenz der Behörden auch außerhalb der Hauptverkehrszeiten, aber auch der neue Bußgeldkatalog eine viel höhere Wahrscheinlichkeit, sich mit einem Fahrverbot konfrontiert zu sehen. Das geht dann schnell mit existenzbedrohenden Konsequenzen einher.
Einmal morgens um drei in der Spielstraße nicht aufgepasst oder im dichten Verkehr kurz mal zu dicht aufgefahren – gerade für Berufskraftfahrer und dabei insbesondere für Taxifahrer steht ein Fahrverbot auch trotz vorausschauender Fahrweise schnell vor der Tür. Hinzu kommt, dass gerade Geschwindigkeitskontrollen den Kommunen inzwischen als lukrative Einnahmequelle dienen und man behördlicherseits heutzutage oftmals eher auf die Jagd geht, als dass nur zur Unfallprävention kontrolliert wird.
Ein so genanntes „Regelfahrverbot“ unterscheidet sich dabei von einem Führerscheinentzug, da ersteres den Besitz des Führerscheins nicht in Frage stellt, sondern lediglich das Führen eines Fahrzeugs für eine gewisse Zeit untersagt. Wird dementgegen der Führerschein entzogen, so wird in der Regel zunächst einmal das erfolgreiche Ablegen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) verlangt, bevor man den Führerschein neu erwerben darf.
Welche Wege aber gibt es nun, ein solches Regelfahrverbot eventuell doch noch abzuwenden? Zum einen kann es sich bei dem zugrunde liegenden Verkehrsverstoß um ein so genanntes Augenblicksversagen gehandelt haben. Dann kann eventuell sogar ganz auf das Fahrverbot verzichtet werden.
Vorweg: Das Augenblicksversagen kommt nur in Frage, wenn ein einzelner Verstoß zum Fahrverbot führen soll. Addieren sich hingegen mehrere Verstöße, so ist regelmäßig nicht mehr von einfacher Fahrlässigkeit auszugehen. Ansonsten kommt es auf die einzelne Situation und die Überzeugungskraft der Betroffenen an. Anerkannt wurde beispielsweise ein Situation, in der der Fahrer die zulässige Geschwindigkeit innerorts überschritten hatte, da er das Ortseingangsschild übersehen hatte und nicht erkennen konnte, dass er sich in einer geschlossenen Ortschaft befand. Ist die Ortschaft allerdings als solche zu erkennen, gelingt der Vortrag nicht. Erfolg hatte ein Fahrer, der die zulässige Geschwindigkeit auf einer Bundesautobahn überschritten hatte, jedoch nicht schneller als 120 km/h unterwegs war. Nicht anerkannt wurden dagegen Vorträge, nachdem der Fahrer die zulässige Geschwindigkeit innerorts überschritten hatte, jedoch in der Nähe wohnte oder diese Strecke regelmäßig befuhr.
Ansonsten werden Bußgeldstelle oder Gericht vom Regelfahrverbot nur dann absehen, wenn eine schwerwiegende Härte durch nachgewiesenen drohenden Verlust des Arbeitsplatzes oder der daraus resultierende Verlust der wirtschaftlichen Existenzgrundlage droht. Da das Absehen vom Regelfahrverbot jedoch nur eine Ausnahme darstellt, muss grundsätzlich eine besondere Härte aus der Anordnung des Fahrverbotes für den Betroffenen resultieren. Diese besondere Härte muss derart schwerwiegend sein, dass sie vollkommen außer Verhältnis zu dem mit dem Fahrverbot verfolgten Zweck steht. Während das Fahrverbot beim Augenblicksversagen einfach entfällt, wird daher bei einem Absehen vom Regelfahrverbot wegen Existenzgefährdung die Geldbuße im Gegenzug erhöht, bei einem Monat verdoppelt, bei zwei oder drei verdreifacht. Dies beruht darauf, dass die Denkzettel- und Besinnungsfunktion durch eine erhöhte Geldbuße ebenfalls gewahrt werden kann und muss.
Wird auf Existenzgefährdung plädiert, liegt die gerichtliche Messlatte inzwischen sehr hoch. Die Einschränkungen durch das Fahrverbot dürfen nicht durch andere Maßnahmen ausgeglichen werden können. Da das Fahrverbot einen Erziehungszweck verfolgen soll, schadet es dabei auch nicht, wenn diese Maßnahmen lästig und zeitfressend sind. Für angestellte Berufskraftfahrer lassen sich diese möglichen Maßnahmen allerdings im Wesentlichen darauf reduzieren, für den Zeitraum des Fahrverbots entweder Urlaub nehmen zu müssen oder sich, sofern möglich, für diese Zeit auf einen Arbeitsplatz versetzen zu lassen, für den kein Führerschein benötigt wird, also beispielsweise die Zentrale.
Ist der Jahresurlaub allerdings aufgebraucht, kommt die Überbrückung des Fahrverbotes durch Urlaub nicht mehr in Frage. Gleiches gilt natürlich für ein dreimonatiges Fahrverbot. Aber Achtung: Ein drohendes Fahrverbot lässt sich durchaus auch um ein paar Wochen ins Folgejahr verschieben. Daher hat dieses Argument bei Verhandlungen im letzten Jahresquartal vielleicht etwas weniger Gewicht. Sowohl der nicht mehr verfügbare Jahresurlaub als auch die Bestätigung, dass für die Zeit des Fahrverbotes innerbetrieblich kein anderer Arbeitsplatz verfügbar ist, muss durch eine entsprechende schriftliche Äußerung des Arbeitgebers belegt werden.
Bei Arbeitnehmern kann ansonsten nur vom Regelfahrverbot abgesehen werden, wenn durch die Anordnung des Fahrverbotes konkret der Verlust des Arbeitsplatzes droht. Aber auch diese drohende Kündigung muss arbeitgeberseitig nachgewiesen werden. Sofern der Führerschein dabei Einstellungsvoraussetzung war oder sich der Betroffene noch in der Probezeit befindet, unterstützt dies die Kündigungswahrscheinlichkeit natürlich maßgeblich. Gelegentlich werden Arbeitgeber persönlich als Zeugen geladen. Dies ist vor allem darin begründet, dass die Staatsanwaltschaften gern mal Rechtsbeschwerde gegen Urteile einlegen, bei denen vom Fahrverbot abgesehen wurde.
Bei selbstständigen Taxi- und Mietwagenunternehmern verbleibt von Anfang an dagegen lediglich die Frage nach einer konkreten Existenzgefährdung. Diese wird zumindest bei Einzelunternehmern meistenteils gegeben sein, weil die berufliche Tätigkeit schlichtweg nicht mehr ausgeübt werden kann und dadurch die wirtschaftliche Lage des Unternehmens konkret gefährdet wird. Mehrwagenunternehmer werden dementgegen gerade deswegen besonders schlechte Chancen auf eine Aufhebung des Fahrverbots haben, weil ihre Mitarbeiter in dieser Zeit natürlich trotzdem aktiv sein können.
Bei alledem wird deutlich, dass man wahrscheinlich auf anwaltliche Unterstützung zurückgreifen sollte, will man in diesem juristischen Minenfeld bestehen. Zählt man sich als Berufskraftfahrer also zu dem Personenkreis, der mit einem Fahrverbot in existenzielle Nöte geraten könnte, so empfiehlt es sich, schon präventiv eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen – was oft überraschend günstig sein kann. Wer kein Fahrzeug auf sich zugelassen hat, kann eine reine Verkehrsrechtsschutzversicherung schon für weit unter 100 Euro pro Jahr abschließen. Mit Fahrzeug ist es ungefähr doppelt so teuer.
Eine Abkürzung kann es noch sein, schon zu Beginn mit der Bußgeldstelle zu verhandeln, ob der „Deal – Verzicht aufs Fahrverbot, dafür Erhöhung der Strafe“ vielleicht auch schon ohne richterlichen Entscheid in Frage kommt, denn damit kann man sich den Anwalt und den Gerichtstermin ersparen. Hier ist es jedoch sinnvoll, zunächst für sich selbst zu prüfen, ob die Straferhöhung zugunsten der Option, dafür durchgehend arbeiten zu dürfen, auch tatsächlich in Frage kommt. rw
Beitragsbild: Remmer Witte