Alljährlich trifft sich die niedersächsische Fachvereinigung Taxi und Mietwagen im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe (GVN). So geschehen auch in diesem Jahr, diesmal besonders stilvoll in der Alten Werft in Papenburg im Emsland.
GVN-Jahreshauptversammlung – diese zweitägige Veranstaltung ist gute Tradition für das niedersächsische Verkehrsgewerbe. Sie bietet neben den nicht öffentlichen Delegiertenkonferenzen der verschiedenen Fachvereinigungen sowie der anschließenden Jahreshauptversammlung am ersten Tag sowie interessanten Fachvorträgen und einer kleinen Hausmesse der Fördermitglieder am darauffolgenden Unternehmertag vor allem das optimale Umfeld für ein spannendes Get-together der Unternehmer und Unternehmerinnen aus dem Nordwesten der Republik. Krönender Abschluss des ersten Veranstaltungstages ist dabei traditionell der Niedersachsenabend, bei dem das leibliche Wohl und die Geselligkeit im Vordergrund stehen.
Auch in diesem Jahr konnte die Veranstaltung ihrem Anspruch auch aus Sicht der Taxi- und Mietwagenbranche mehr als gerecht werden. Der Hauptakt der Veranstaltung fand in dem Theatersaal des Forums Alte Werft statt, der den Papenburgern als mehr als stilvolles Veranstaltungszentrum dient, wie Papenburgs Bürgermeisterin Vanessa Gattung in ihrem Grußwort an die Teilnehmer stolz berichtete. GVN-Präsident Matthias Krage führte mit einer Begrüßung in die Jahreshauptversammlung ein, bevor der Europäische Parlamentsabgeordnete Jens Gieseke von der CDU als Hauptgast die Verkehrsvisionen der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament vorstellte.
Man will weniger regulieren, berichtet Gieseke, dafür aber trotzdem an den richtigen Stellen eingreifen. Gieseke sprach sich für die schon so oft bemühte Technologieoffenheit aus und kritisierte die aktuelle Fokussierung auf die Elektromobilität. An der aus seiner Sicht aktuell mangelhaften Transformation des Verkehrssegments im Rahmen der Herausforderungen des Klimawandels sei vor allem die grüne Politik der Planwirtschaft schuld. Gleichzeitig blieb Gieseke aber auch sowohl die Vorstellung einer klimaorientierten Alternativstrategie der EVP-Fraktion als auch jede Selbstkritik an den diesbezüglichen Versäumnissen der Merkel-Ära schuldig. Hier hätte man gerade vor einem Fachpublikum aus der Verkehrssparte doch etwas mehr erwarten dürfen.
Im Anschluss präsentierte Benjamin Sokolovic als Geschäftsführer des GVN die Aktivitäten seines Verbandes. Aus Sicht von Taxlern und Mietwagenunternehmen sieht Sokolovic durch die erheblichen Verzögerungen, die sich in einigen Regionen bei den Genehmigungen von anstehenden Taxi-Tarifanpassungen ergeben, den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung für die betroffenen Unternehmen als erfüllt an. Anders könne man die bis zu zweijährigen Verzögerungen einfach nicht mehr interpretieren. Nicht nur deswegen begrüßte Sokolovic sowohl die Aktivitäten der Fachgruppe Taxi und Mietwagen und ihrer Unternehmen als auch die demonstrative politische Unterstützung aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium bei dem Entwurf eines landesweit einheitlichen Taxitarifs, dem so genanntem Niedersachsentarif. Derzeit existierten mehr als fünfzig verschiedene Taxitarife in dem zweitgrößten Bundesland der Republik – so unterschiedlich könnten die Bedingungen vor Ort doch wohl nicht sein. Möglicherweise ließen sich dabei ja vielleicht sogar Rollitarife integrieren, wobei man hier jedoch nicht so optimistisch sei. Als mögliches Vorbild sieht er dabei die erneut gelungene Weiterführung der Vereinbarung landesweiter Krankenfahrttarife, bei der sich gerade die AOK Niedersachsen erneut als verlässlicher und fairer Partner des Gewerbes erwiesen habe.
Mit Spannung erwartet Sokolovic das Fortschreiten der Planung des so genannten Rettertaxis. Die Stadt Oldenburg und die Region Diepholz seien hier als Pilotregionen ausgewählt worden und es sei schon jetzt ein bundesweites Interesse an den Fortschritten des Projekts festzustellen, bei dem die Krankentransportfahrzeuge durch Taxen entlastet werden sollen. Kritisch sieht er dagegen die offensichtlich anstehende Ausweitung der Aktivitäten des Plattformanbieters Uber über die Metropolen hinaus. Für Niedersachsen gäbe es erste Anfragen des internationalen Anbieters bei Unternehmen in Braunschweig, Oldenburg oder auch Göttingen. Uber drängt nun also definitiv auch in die Fläche. Sokolovic stellte allerdings keine Strategien zur Abwehr des übermächtigen Branchengegners vor. Dies überlässt er offensichtlich der zuständigen Fachvereinigung.
Nach diesen Vorträgen kam der Veranstalter der ordentlichen Jahreshauptversammlung auch noch seinen Verpflichtungen als Verband nach. Zunächst wurden die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse des vergangenen Jahres vorgestellt, bevor dann unter anderem über eine geringfügige Erhöhung der Betragssätze der Mitglieder abgestimmt wurde. Hier überraschten die Delegierten der Fachvereinigung Taxi und Mietwagen mit der Enthaltung eines Großteils ihrer stimmberechtigten Mitglieder. Sie verhinderten damit – offensichtlich durchaus bewusst – zwar nicht die anstehende Beitragserhöhung, sendeten aber das Signal, dass man mit bestimmten Entscheidungen des Gesamtverbandes nicht konform gehe. Es bleibt also spannend, ob sich hier in der Zukunft noch weitere Details herauskristallisieren.
Der zweite Tag startete mit vier teilweise parallel stattfindenden Vorträgen. Hier konnten sich die Teilnehmer zwischen einer Vorstellung der verkehrsrechtlichen Grenzwerte beim neuerdings ja legalen Cannabiskonsum sowie einem arbeitsrechtlichen Fachvortrag zu einer möglichen Beweislastumkehr vor allem im Rahmen nichtdigitaler Krankmeldungen sowie alternativ einem Vortrag zur Elektromobilität im Güterverkehr entscheiden. In einem zweiten Slot gab es die Wahl zwischen einer Diskussion um die Optionen bei einer anstehenden Unternehmensnachfolge und der Vorstellung der Arbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls, über welche Taxi Times gesondert berichten wird.
Im ersten Slot konnten sich die Taxler ausnahmsweise einmal entspannt zurücklehnen, da die Null-komma-Null-Promille-Regelung in der gewerblichen Fahrgastbeförderung sich eins zu eins auf andere nunmehr legale Drogen übertragen lässt. Daher ist eine diesbezügliche Grenzwertdiskussion für andere gewerbliche und private Verkehrsteilnehmer aus Sicht der Taxi- und Mietwagenbranche glücklicherweise eine rein akademische Diskussion, denn bekiffte Taxi- oder Mietwagenfahrerinnen oder -fahrer sind genauso eindeutig illegal unterwegs wie alkoholisierte Fahrzeuglenker in der Fahrgastbeförderung, und das ist sicherlich auch gut so. Und bei der Elektromobilität können Taxis und Mietwagen ja inzwischen mehr oderweniger von der Stange einkaufen und sind so bei der Elektromobilität zwar nicht immer ausnahmslos glücklich, aber doch immerhin zum Großteil bei Bedarf versorgt.
Interessantes aus der ansonsten größtenteils nicht öffentlichen Delegiertenversammlung gibt es im Übrigen trotz allem zu berichten, denn der Vorstand der Fachvereinigung konnte die Delegierten darüber informieren, dass nunmehr mit dem 30-jährigen Malte Sandeck ein Nachfolger für Harald Gast gefunden werden konnte, den langjährigen Referenten der Fachgruppe, der sich zeitnah in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden wird.
Gleichzeitig wurde – voraussichtlich für kommenden März – eine Informationsveranstaltung zum Thema der alsbald verpflichtenden Datensignierung durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) angekündigt, auf der sich die niedersächsischen Taxi- und Mietwagenunternehmen über die anstehende Pflicht und ihre diesbezüglichen Umsetzungsoptionen schlau machen können. Geplant sind dazu sowohl Vorträge hochkarätiger Fachleute als auch Präsentationen der verschiedenen Hard- und Softwarehersteller. Wer sich also bisher noch nicht für ein System entschieden hat, wird dann eine letzte Chance bekommen, bevor zum Jahresende 2025 die Nichterfüllung dieser Pflicht ordnungsgeldbewährt wird. rw
Fotos: Remmer Witte