In Hessen brennt die Luft, denn der Krankenversicherer DAK hat den Rahmenvertrag mit dem Fachverband Pkw-Verkehr Hessen gekündigt und bietet den Taxi- und Mietwagenunternehmern stattdessen Einzelverträge zu deutlich niedrigeren Konditionen an. Die Branche hält dagegen. Einer Interessengemeinschaft haben sich bereits mehr als 200 Betriebe angeschlossen. Damit wächst der Druck auf die Krankenkasse.
Schon im Herbst, unmittelbar nach der Kündigung, hatte der Fachverband Pkw-Verkehr Hessen e.V. die gesamte Branche aufgefordert, nicht auf die von der Krankenkasse „DAK Gesundheit“ als Einzelverträge angebotenen Vereinbarungen einzugehen (Taxi Times berichtete), da diese wesentlich schlechtere Konditionen enthalten als der bisherige Rahmenvertrag.
Die DAK Hessen sieht sich einem großen Spardruck ausgesetzt und den möchte sie auf diesem Wege weitergeben. Aber auch die Fahrgastbeförderern sehen sich parallel einem enormen Kostendruck ausgesetzt. „Eine unter Spardruck stehende DAK Gesundheit darf sich nicht auf dem Rücken der Beförderungsbranche und zu Lasten ihrer eigenen Versicherten gesundstoßen wollen“, so Mathias Hörning, der Geschäftsführer des hessischen Fachverbandes. Die Branche benötige daher eine Erhöhung ihrer Krankenfahrten-Vergütungen und keine Kürzung (Taxi Times berichtete ebenfalls)
Der Fachverband versucht seitdem – mit dem klaren Mandat seiner zahlreichen Mitgliedsbetriebe – mit der DAK zu verhandeln, doch diese spielt auf Zeit. So kommt es nun zum Jahreswechsel, wie es kommen musste und die DAK-Versicherten Patienten mit Anspruch auf eine Kostenübernahme für Fahrten zu medizinischen Behandlungen steuern auf die Situation zu, die zumindest deren Beförderungspartner eigentlich unbedingt vermeiden wollten: Die Fahrgäste werden ab dem kommenden Jahr selbst zur Kasse gebeten. Sie müssen ihre Taxifahrten zunächst bar bezahlen und können diese dann auf Basis der Quittungen zur Erstattung bei der DAK einreichen. „Das Recht auf Kostenerstattung einer Taxi- bzw. Mietwagenfahrt steht allen Patienten nach Paragraf 60 des Fünften Sozialgesetzbuches zu (SGB V), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind und vom Arzt verordnet werden,“ klärt Hörning auf. Diesen enormen bürokratischen Aufwand haben bisher die Taxi- und Mietwagenbetriebe für ihre Fahrgäste übernommen. Künftig werden sich die Patienten selbst um die Rückerstattung ihrer Fahrtkosten kümmern müssen.
Nach wie vor hofft der hessische Branchenverband auf ein rechtzeitiges Einlenken der DAK Gesundheit, die ihr Bewusstsein dafür schärfen muss, dass auch die Beförderungsunternehmen unter einem enorm hohen Kostendruck stehen und Kürzungen keineswegs möglich sind. Der Fachverband und seine Mitglieder führen hier viele Punkte auf, die sich aktuell als Kostentreiber für die Branche auswirken. Neben den regelmäßig steigenden gesetzlichen Mindestlöhnen sowie den ebenfalls steigenden Lohnnebenkosten verweist man auf extreme Kostensteigerungen bei den Kfz-Versicherungen und stark gestiegene Preise bei der Anschaffung geeigneter Fahrzeuge und deren Ersatzteile. Bei den Reifen hätten sich die Anschaffungskosten teilweise sogar mehr als verdoppelt.
Hörning dazu: „Wie sollen die Beförderungsunternehmen gesetzliche Vorschriften einhalten und die gestiegenen Kosten stemmen, wenn die DAK Gesundheit im Gegenzug die Vergütungssätze kürzen will? Das ist verantwortungslos und gefährdet eine ganze Branche.“ Mit Knebelverträgen Existenzen zu gefährden und diese Unternehmen damit zwangsläufig vom Markt zu verdrängen, sei geradewegs fahrlässig von der DAK Gesundheit, denn in einer immer älter werdenden Gesellschaft würden genau diese Beförderungsunternehmen unbedingt gebraucht.
Anders als in anderen Bundesländern bekommt der Fachverband Hessen die notwendige Rückendeckung aus dem Taxi- und Mietwagengewerbe. Denn während beispielsweise in Bayern und Schleswig-Holstein viele Betriebe aus Angst vor dem Verlust wichtiger Fahrten letztlich doch die wenig lukrativen Einzelverträge unterschrieben haben, wuchs in Hessen in den vergangenen Wochen der Widerstand massiv und zahlreiche Beförderungsunternehmen haben sich zu einer regionalen „Interessengemeinschaft für faire Vergütungen von Krankenfahrten für die DAK Gesundheit“ zusammengeschlossen, welche die Kürzungsverträge der DAK Gesundheit kategorisch ablehnen. Mit im Boot dieser IG ist auch der hessische Unternehmer und Podcaster Jens Marggraf, der mit Videos an den Zusammenhalt seiner Kollegen appelliert.
Da sich diesem Verbund bereits mehr als 200 Taxi- und Mietwagenbetriebe angeschlossen haben, die insgesamt über 2.000 Konzessionen besitzen und man so ein breites Gebiet abdeckt, in dem die DAK keine Beförderungsunternehmer mit Einzelverträgen vorweisen kann, wird es für die Krankenkasse in diesen Gebieten kaum bis gar nicht zu schaffen sein, die Mobilitätsversorgung für ihre Versicherten zu gewährleisten. Folglich wird es ab dem Jahresbeginn 2025 dazu führen, dass DAK-Versicherte vielerorts keinen Fahrdienst mehr finden werden, wenn sie nicht selbst in die oben beschriebene Vorleistung treten.
Wenn es zum Jahreswechsel wirklich hart auf hart kommt, dann zeigt der Fachverband zwei Optionen für die betroffenen DAK-Versicherten auf: „Entweder treten die DAK-Versicherten zunächst in Vorkasse. Als Versicherte/r der gesetzlichen Krankenversicherung haben sie einen Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten, wenn diese im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind und vom Arzt verordnet werden. Sie erhielten dafür von ihrem Arzt eine Verordnung für eine Krankenbeförderung und von den Beförderungsunternehmen abrechnungskonforme Dokumente wie eine Quittung oder eine Rechnung, die sie nach der Beförderung bei ihrer Krankenkasse DAK-Gesundheit zwecks Erstattung einreichen können.“
Als zweite Option nennt der Fachverband die Möglichkeit, dass DAK-Versicherte ihre Krankenversicherung kündigen und zu einer Krankenkasse wechseln, die weiterhin mit den hessischen Krankenbeförderungsunternehmen rahmenvertraglich abrechnet.
Mathias Hörning vom Fachverband ist aber nach wie vor optimistisch: „Es bleibt am Ende für alle zu hoffen, dass es nicht dazu kommen wird und die DAK Gesundheit von ihren vollkommen inakzeptablen Kürzungsplänen Abstand nimmt und die prekäre Lage noch rechtzeitig abwendet.“
Noch in dieser Woche werde es zu einem weiteren Gespräch mit den DAK-Verantwortlichen kommen – mit einer klaren Zielsetzung: Ein Angebot fairer Verträge zu auskömmlichen Vergütungen statt Kürzungen sei auch kurzfristig jederzeit akzeptabel, betonen die Taxi- und Mietwagenunternehmer. Dies sei auch den DAK-Versicherten zu wünschen, die ja auch zukünftig zu ihren medizinisch notwendigen Behandlungseinrichtungen gelangen müssen. rw + jh
Beitragsfoto (Symbolbild): Bislang keine guten Aussichten für Versicherte der DAK Hessen. Remmer Witte