Ein Blick über den großen Teich zeigt, dass bald auch Lufttaxis im Marktsegment der individuellen Kurzstreckenbeförderung mitmischen werden. Die Taxibranche in den Großstädten sollte dies als Warnsignal sehen. Es wird Zeit für eine Neuausrichtung.
Die Einschläge rücken näher: Waymo erhält eine erste Genehmigung für Tests autonomer Fahrzeuge in New York City und Lufttaxis von Joby Aviation verkehren zwischen zwei US-Flughäfen – und der Bürgermeister von New York City ist stolz, dass seine Stadt Technologiestandort ist. All das zeigt: Das Personenbeförderungsgewerbe in den Vereinigten Staaten entwickelt sich schnell weiter – sowohl am Boden als auch in der Luft.
Es wird konkret: Waymo hat vom New Yorker Verkehrsministerium die erste Genehmigung für Tests mit autonomen Fahrzeugen in New York City erhalten. Die Tochtergesellschaft des Unternehmens Alphabet wird bis Ende September acht Fahrzeuge in Manhattan und Downtown Brooklyn testen. Nach dem Gesetz des Bundesstaates New York muss das Unternehmen einen Fahrer („safety driver“) am Lenkrad haben, um sicher operieren zu können. Unterdessen geht in Kalifornien die Entwicklung der Joby Aviation Lufttaxi – zusammen mit dem Uber Elevate-Programm – weiter mit einem Flug zwischen zwei öffentlichen Flughäfen.
Die Firma Waymo gab schon im Juni bekannt, dass sie Genehmigungen für Tests ihrer Autos in der Stadt beantragt hat und nun auch landesweit expandiert. Waymo kommt autonomen Fahrten in New York City so einen Schritt näher. Im Rahmen der Genehmigung muss Waymo sich regelmäßig mit dem Verkehrsministerium treffen, Daten melden und eng mit den Strafverfolgungsbehörden und Rettungsdiensten zusammenarbeiten. Tesla, mit dem Robotaxi noch nicht so weit, hofft demnächst auch auf eine Genehmigung für Probefahrten und sucht auf der eigenen Tesla-Website derzeit Fahrer für Probefahrten im Stadtteil Queens.
„Wir sind eine technologiefreundliche Verwaltung und suchen stets nach innovativen Wegen, um unsere Stadt sicher voranzubringen“, sagte der New Yorker Bürgermeister Adams in einer Pressemitteilung. „New York City ist stolz, Waymo begrüßen zu dürfen, um diese neue Technologie in Manhattan und Brooklyn zu testen. Wir wissen, dass diese Tests nur der erste Schritt sind, um unsere Stadt weiter ins 21. Jahrhundert zu führen.“
Waymo expandiert landesweit. Dieses Jahr startete das Unternehmen in Austin, der Hauptstadt des Bundesstaats Texas, und erweiterte seine Aktivitäten im März im Raum San Francisco (Kalifornien). Waymo plant außerdem, autonome Fahrzeuge nach Atlanta (Hauptstadt von Georgia), Miami (Florida) und Washington D.C. zu bringen. Kürzlich kündigte Waymo an, den Betrieb in Philadelphia (Pennsylvania) aufzunehmen, um den Markt im Nordosten weiter zu erschließen. Der Geschäftsführer von Waymo erklärte, das Unternehmen habe im Mai die Marke von 10 Millionen Robotaxi-Fahrten überschritten.
Während die einen auf den Straßen für Taxi-Konkurrenz sorgen, findet ähnliches auch bereits im Luftraum statt. In Kalifornien betreibt das amerikanische Luftfahrtunternehmen Joby Aviation mit dem vertikalen Lufttaxi (eVTOL) ein komplettes elektrisches Lufttaxi und hat dabei eine wichtige Aufgabe übernommen: einen 15-Kilometer-Flug mit FAA-zertifiziertem Pilot zwischen zwei öffentlichen kalifornischen Flughäfen (Marina und Monterey) unter Aufsicht der FAA (Amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde). Der horizontale Flug dauert zwölf Minuten einschließlich Integration in den kontrollierten normalen Flugverkehr über Monterey und einer vertikalen Landung. Joby bezeichnet sich als erster Betreiber, der ein eVTOL-Lufttaxi von einem anderen öffentlichen Flughafen aus fliegen ließ. Das Unternehmen, das 2020 Uber Elevate, das Buchungsportal für „On-demand“-Mobilitätsdienste in der Luft, übernahm, sieht diesen Flug als einen wichtigen Schritt der Zertifizierung. Die FAA verlangt, dass eVTOLs sicher operieren können – im öffentlichen Luftraum, also gemeinsam mit anderen Flugzeugen –, und dass die eVTOLs zwischen mehreren offiziellen Flughäfen fliegen können. Joby erwartet, 2026 mit FAA-Piloten weitere Testflüge zu organisieren. Nach der Zertifizierung hofft Joby, kommerzielle Flüge in Los Angeles und New York City anbieten zu können. wf
Anmerkung der Redaktion: Manch einer mag sich bei diesem Beitrag die Frage stellen, wen es aus der deutschsprachigen Taxibranche denn interessiert, ob in den USA Lufttaxis zwischen zwei Flughäfen fliegen. Antwort: Hoffentlich all jene, die sich auch über die Zukunft ihrer Branche Gedanken machen. Autonome Taxis zu Boden und in der Luft sind technisch längst umsetzbar. Ähnlich wie bei der KI kann es von einem Tag auf den anderen Tag plötzlich selbstverständlich sein, dass solche Fortbewegungsmittel im Taxi-Einsatz sind.
Natürlich zunächst einmal ausschließlich in den Städten. Wie lange wird es dort also noch Taxis geben? Machen wir uns nichts vor: Das heutige Großstadttaxi, das an Halteplätzen auf Gelegenheitsfahrten wartet, wird gegen solche Wettbewerber chancenlos sein. Ein Taxigewerbe, das sich dagegen zum Anbieter für all jene Zielgruppen wandelt, das mehr als nur die schnelle und automatisierte Beförderung von A nach B benötigt, wird auch weiterhin gebraucht.
Taxiunternehmer und Zentralen in Großstädten tun also gut daran, sich strategisch auf diese Sonderzielgruppen auszurichten. Das Rad muss dazu nicht neu erfunden werden. Es genügt eigentlich der Blick auf die Taxibetriebe im ländlichen Bereich. Die haben sich nämlich längst auf Kranken- und Rollstuhlbeförderungen konzentriert, auf Schülerfahrten oder andere Beförderungen, bei denen der Auftragsgeber die Kommune ist.
Beitragsbild: autonomes Taxi (Foto: Waymo) und Lufttaxi (Foto: Joby Aviation); Collage: Taxi Times








