In dem kleinen Land Luxemburg plant die Regierung eine Modernisierung der Taxiregulierung. Doch der vor kurzem vorgelegte Gesetzentwurf wurde jedoch mit dem eigentlichen Taxiverband nicht abgesprochen. Im Boot saß dagegen ein Uber-Vertreter.
Die Idee ist nicht neu: Man möge doch die Abwicklung der appbasierten Personenbeförderung einfach dem Markt überlassen. Solche Deregulierungspläne gab es schon vor einigen Jahren in den skandinavischen Ländern. Doch deren Auswirkungen waren dermaßen katastrophal, dass Finnland & Co längst wieder zurückgerudert sind und viele Länder nach Protesten aus der Taxibranche mittlerweile wieder Regeln eingeführt haben.
In Luxemburg scheint man von all dem nichts mitbekommen zu haben, man geht dort stur den Weg einer Deregulierung. Vor zwei Wochen legte die luxemburgische Ministerin für Mobilität und öffentliche Arbeiten, Yuriko Backes, einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Rechtsrahmens für den Sektor der Taxis und Fahrzeuge mit Chauffeur (VLC) vor.
Laut dem luxemburgischen Mobilitäts-Ministerium zielt der Gesetzentwurf darauf ab, den Sektor der entgeltlichen gelegentlichen Personenbeförderung, der sowohl Taxis als auch VLC umfasst, zu optimieren und den bestehenden Rechtsrahmen zu harmonisieren. Der Gesetzentwurf wird in Kürze dem Luxemburger Abgeordnetenhaus vorgelegt.
Diese Initiative soll der Entwicklung der Branche Rechnung tragen. Diese ist geprägt von der Digitalisierung, dem Aufkommen neuer Akteure und der steigenden Nachfrage von Kunden und Gewerbetreibenden nach flexiblen und jederzeit verfügbaren Dienstleistungen, Preistransparenz und einem qualitativ hochwertigen Serviceangebot. Mit Inkrafttreten wird ein Numerus Clausus für Taxi- und VLC-Lizenzen bis 2030 eingeführt, mit einer schrittweisen Erhöhung, einer ‘Entdeckelung’ der Taxilizenzen, damit mehr Taxi-Angebot entsteht.
“Katastrophal” ist die erste Reaktion des Taxiunternehmers und Verbandsfunktionärs Olivier Gallé auf dieses Vorhaben der Regierung. Gallé ist Direktor von Taxis Colux, einem der größten Taxiunternehmen in der Stadt und im Land Luxemburg mit 65 Fahrzeugen. Er leitet auch einen der zwei Taxiverbände in Luxemburg und verritt somit die Interessen von ungefähr 250 Taxis.

Gallés Gegenspieler ist der Busunternehmer Emile Weber, der Uber in Luxemburg einführte. Weber leitet den zweiten Taxiverband mit etwa 150 Fahrzeugen, der vor allem die Interessen der Plattformen vertritt und nicht die Interessen der Betriebe. Weil der ÖPNV in ganz Luxemburg gratis ist, werden Weber und andere Busunternehmer für ihre ÖPNV-Dienstleistungen vom Staat bezuschusst. Für Weber reicht das aus, um sich um Uber zu kümmern und sich Gedanken zu machen über eine andere Ausrichtung des Luxemburger Taxigewerbes.
Bevor Gallé auf Nachfrage von Taxi Times auf die verschiedenen Maßnahmen eingeht, die Minister Backes einführen möchte, fragt er sich, warum das Taxigewerbe weder konsultiert geschweige denn vorab über den endgültigen Gesetzentwurf informiert wurde. “Ich las es in der Zeitung und war völlig überrascht”, sagt der Unternehmer, der mit seine Flotte vor allem den geschäftlichen Markt (75%) abdeckt und zu 25% Privatfahrten ausführt.
Das Ministerium sieht es deutlich anders, glänzender: “Die Ergebnisse der Arbeiten, die zu diesem Ergebnis geführt haben, basieren auf einer offenen Konsultation aller Beteiligten, darunter dem Taxiverband, der Handwerkskammer, dem Verband der luxemburgischen Busunternehmen (FLEAA), den Gewerkschaften, den Buchungsvermittlern und den zuständigen öffentlichen Verwaltungen.” War das wirklich so? Gallé jedenfalls beklagt sich darüber, dass das Taxigewerbe kaum Gesprächspartner des Ministeriums war. “Ziel der Minister ist es, das Taxi billiger zu machen. Aber wie billig soll es sein, fragte ich, doch auf diese Frage habe ich nie eine Antwort bekommen.”
Nach Angaben des Ministeriums zielt die Reform darauf ab, einen Sektor zu optimieren und deutlich zu transformieren, der einer an die heutige Gesellschaft angepassten Umstrukturierung bedarf. Dabei stehen sieben Hauptziele im Mittelpunkt: Modernisierung und Harmonisierung des Rechtsrahmens; Anreize für Preissenkungen durch Förderung des Wettbewerbs; Transparenz gewährleisten und den Kundenschutz stärken; Servicequalität verbessern; den ökologischen Wandel fördern; Verwaltungsverfahren vereinfachen und technologische Innovationen fördern.
Um diese Ziele zu erreichen, wurden zehn Maßnahmen vorgeschlagen: Ausweitung des Rechtsrahmens auf Fahrzeuge mit Chauffeur (VLC, bzw. Plattformtaxis); Aufhebung geografischer Zonen; Übergangsregelung für Numerus Clausus und schrittweise Liberalisierung; Harmonisierung und Transparenz der Preisgestaltung; Digitalisierung von Verwaltungsverfahren; Stärkung der Fahrerausbildung; Regulierung von Buchungsvermittlern; Kundenschutz und Beschwerdemanagement; Umweltanreize und Lizenzen für wissenschaftliche Tests.
In den Luxemburger Medien betonte Ministerin Backes, dass durch Öffnung des Taximarktes und intensivere Konkurrenz die Taxitarife sinken würden. Dass dies jedoch eine alte Liberalisierungsidee ist, die in manchen Länder nicht aufging, durchschaut sogar die Presse. In einem redaktionellen Beitrag in der Luxemburger Presse äußert der Redakteur schon in der Headline seine Zweifel: ‘Mobilität verbessern, mehr anbieten? Wetten, so wird Taxifahren nicht billiger’ heißt es dort. Mehr Fahrten anzubieten und die Auswahl zu vergrößern habe noch nirgendwo zu einem wirklichen Preisnachlass für Konsumenten geführt.

Olivier Gallé kann dies auch mit wissenschaftlichen Studien belegen: „In 2007 beauftragte das Wirtschaftsministerium Ernst & Young, genau zu untersuchen, wie es mit der wirtschaftlichen Struktur des Taxigewerbes in Luxemburg aussieht. Wir, die Taxibetriebe, haben dem Gutachter all unsere Daten gegeben, die sie verglichen haben mit ihren eigenen wirtschaftlichen Daten. Dabei kam zweimal heraus, dass die Preisstruktur des Taxigewerbes im Vergleich zu den anderen wirtschaftlichen Faktoren genau richtiglag. Das gleiche haben wir 2024 gemacht und an Frau Backes übergeben – aber keine Reaktion.”
Auch hier hängt das Ministerium an dem alten Glauben des Liberalismus: “Dank der neuen Preisgrundsätze (Anmerkung der Redaktion: die sowieso nicht festgelegt sind in Luxemburg) dürfte die erhöhte Transparenz den Kunden zugutekommen. Darüber hinaus soll die regulierte Öffnung des Sektors für Buchungsvermittler nicht nur den Wettbewerb ankurbeln, sondern auch die Auswahl für Verbraucher erweitern, indem sie Anreize zur Senkung der Fahrpreise bietet.” Gallé hält dagegen: „Die Transparenz für den Kunden besteht schon: Anzeige des Preises, freie Wahl vom Taxi auf den Halteplätzen, europäisch ausgerichtete Vermittlungsapps, die sogar feste Preise anbieten und vieles mehr.”
Auf einem Taximarkt mit höchstens 550 Taxis (Luxemburg hat eine Bevölkerung von 677.777 Einwohner) meint Gallé, dass nur 250 Taxis regelmäßig im Einsatz sind. “Und selbst das sind zu viele.” Er ist besonders beunruhigt über das Ende der Zonierung. Im Gesetzentwurf werden die Taxizonen im Land abgeschafft. Somit wird Luxemburg zu einer Taxizone – mit fatalen Auswirkungen für die Hauptstadt: “Die Taxiunternehmer in Esch sur Alzette oder Diekirch bleiben dann nicht mehr in ihrem eigenen Gebiet, sondern sind dann gleich am überfülltem Flughafen oder in Luxemburg Stadt zu finden. Die lokale Beförderung wird es nicht mehr geben.” Erschwerend kommt dazu, dass sehr viele Anbieter wie Hilfsdienste auch Personenbeförderung machen ohne Genehmigung.”
Regelrecht im Widerspruch steht das Gesetzvorhaben zu den eigentlichen Zielen der Ministerin: „Hintergrund der Diskussionen und Verhandlungen war die Einhaltung des Arbeitsrechts und die Aufrechterhaltung sozialer Leistungen“, so Ministerin Backes. “Für mich war dies eine wesentliche und nicht verhandelbare Voraussetzung für eine Reform im Interesse der Branche und ihrer Kunden.”
Wer trotz dieser Ziele dann aber einen Entwurf vorlegt, der Taxifahren billiger machen soll, dem muss klar sein: Das geht nur über niedrigere Löhne und verfehlte Sozialleistungen. “Schon jetzt nimmt die Anzahl von ‘inoffiziellen’ Taxifahrer ohne Lizenzen, die schwarz bezahlt werden, wieder zu,” kommentiert Gallé. “Es wird weniger kontrolliert, sowohl im Taxisektor als im Plattformgeschäft. Dazu kommt, dass man seit kurzem ganz einfach eine Handelsermächtigung bekommt ohne jegliche Prüfung.”
Solch eine Prüfung verlangt Gallés Taxiverband schon lange. „Wie sollen die Gesetze befolgt werden, wenn der Unternehmer schon keine Ahnung hat? Es wird wie in Deutschland sein. Gesellschaften werden geöffnet und nach drei Jahre wieder geschlossen. Und am nächsten Tag wird eine neue Firma geöffnet. Während den drei Jahre kann der Unternehmer so viele Leute einstellen, wie er will, ohne den sozialen und fiskalen Aspekt zu respektieren. Es gibt jetzt schon Unternehmer, die zwei Lizenzen haben, aber selber keine Fahrerkarte und auch keine Fahrer. Es ist die Eröffnung zur Schwarzarbeit zugunsten von Uber und Co. Solche Banditen sollen dann das Taxigewerbe aufmotzen?” wf
Das Beitragsfoto zeigt den Taxiunternehmer und Verbandsfunktionär Olivier Gallé. Foto: Taxi Times









Transparenz bei Uber? Guter Witz!