Normalerweise endet ein Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung – entweder seitens des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers. Doch es gibt eine Alternative: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich einvernehmlich auf einen Aufhebungsvertrag einigen. Er erscheint oft als Königsweg, birgt jedoch für beide Seiten erhebliche Risiken.
„Chef, kannst du mich kündigen?“ Gerade im Taxi- und Mietwagengewerbe kennen viele Betriebe diesen Wunsch von Mitarbeitenden, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr dort arbeiten wollen oder können, aber ungern selbst kündigen. Umgekehrt scheuen viele Unternehmen eine arbeitgeberseitige Kündigung, weil sie mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden ist. Beide wollen sich trennen, doch keiner möchte den schwarzen Peter der Kündigung haben. Ein Aufhebungsvertrag scheint da oft die ideale Lösung – der Königsweg für beide Seiten. Er ist eine freiwillige, schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis zu einem festgelegten Termin zu beenden. Dabei lassen sich Details regeln, die bei einer Kündigung häufig strittig sind.
Die Vorteile eines Aufhebungsvertrags liegen auf der Hand: Gesetzliche Kündigungsfristen können umgangen werden, ohne Kündigungsschutzklagen zu riskieren. Auch Details wie Freistellungen müssen nicht angeordnet, sondern können verhandelt werden. Häufig werden dabei Ausgleichszahlungen vereinbart – oft verbunden mit dem Verzicht auf bestimmte gesetzliche Ansprüche. So wissen beide Seiten genau, wann und unter welchen Bedingungen das Arbeitsverhältnis endet. Besonders attraktiv kann eine sogenannte Turbo- oder Sprinterklausel sein, die eine sofortige Trennung ermöglicht.
Trotz der Vorteile birgt ein Aufhebungsvertrag auch Risiken, die beide Seiten kennen sollten. So verhängt die Agentur für Arbeit in der Regel eine Sperrzeit, weil sie die freiwillige Unterschrift als aktive Mitwirkung an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wertet. Das bedeutet: In den ersten zwölf Wochen der Arbeitslosigkeit gibt es meist kein Arbeitslosengeld. Zudem verzichtet der Arbeitnehmer mit seiner Unterschrift auf den gesetzlichen Kündigungsschutz – einschließlich besonderer Schutzrechte, etwa für Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder. Eine Sperrzeit lässt sich nur vermeiden, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt und im Vertrag ausdrücklich genannt wird. Das kann etwa eine drohende betriebsbedingte Kündigung sein, weil zu wenig Arbeit vorhanden ist, oder eine personenbedingte Kündigung, wenn gesundheitliche Probleme die Tätigkeit als Taxi- oder Mietwagenfahrer erheblich erschweren. Eine drohende verhaltensbedingte Kündigung gilt dagegen nicht als wichtiger Grund. Hier ist also gegenseitiges Einvernehmen nötig, um statt eines Fehlverhaltens eher mögliche betriebliche Gründe in den Vordergrund zu stellen.
Arbeitgeber tragen stets das Risiko einer Anfechtung: Ein Aufhebungsvertrag ist nicht gültig, wenn er unter unlauterem Druck oder unter Verstoß gegen faire Verhandlungen zustande gekommen ist. Das ist etwa der Fall, wenn der Arbeitgeber mit einer ungerechtfertigten Kündigung droht („Unterschreib das, sonst fliegst du!“) oder den Arbeitnehmer ohne Vorankündigung, ausreichende Bedenkzeit oder unter psychischem Druck zur Unterschrift zwingt. In solchen Fällen kann der Vertrag unwirksam sein – auch ein darin enthaltener Klageverzicht ist dann in der Regel hinfällig.
Ein Aufhebungsvertrag sollte immer in Ruhe verhandelt werden, idealerweise mit persönlichen Beratern auf beiden Seiten. Wird er als Alternative zu einer verhaltensbedingten Kündigung diskutiert, sollten die Vorgänge getrennt verhandelt werden, um Vorwürfe unfairer Verhandlungen zu vermeiden. Außerdem sollte eine dokumentierte Bedenkzeit vereinbart werden, in der der Arbeitnehmer den Vertragsvorschlag in Ruhe prüfen kann, bevor er unterschreibt.
Um nachträglichen Streit zu vermeiden, sollte ein Aufhebungsvertrag stets auch den Resturlaub regeln. Weitere wichtige Punkte sind Verschwiegenheitsklauseln, Wettbewerbsverbote und mögliche Freistellungen. Bei diesen Themen wird der Arbeitgeber kaum um eine anwaltliche Beratung herumkommen, wenn er sie rechtssicher formulieren will. Bei unwiderruflichen Freistellungen besteht zum Beispiel das Risiko, dass dem Arbeitnehmer die Arbeitspflicht vollständig erlassen wird und er während dieser Zeit andere Tätigkeiten ausüben darf, ohne die Vereinbarung zu gefährden (Entgelt trotz Nichtarbeit – LAG Köln, Urt. v. 3.2.2022, 6 Sa 465/21).
Abfindungen und Zeugnisse spielen im Taxi- und Mietwagengewerbe meist eine untergeordnete Rolle. Abfindungen werden bei gütlichen Trennungen meist nur als kleine Ausgleichszahlungen vereinbart. Bei Zeugnissen kennt man sich im Gewerbe ohnehin, und außerhalb werden Arbeitgeber ihren ehemaligen Mitarbeitenden kaum Steine in den Weg legen. Sind gute Leistungs- und Verhaltensbewertungen sowie die üblichen Dankes-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formeln enthalten, sind beide Seiten in der Regel zufrieden.
Zuletzt ist wichtig: rückdatierte Aufhebungsverträge bergen besondere Risiken. In der Praxis werden sie manchmal genutzt, um eine bereits eingetretene Trennung nachträglich rechtssicher zu gestalten. Ein solcher Vertrag darf jedoch nicht zur Umgehung gesetzlicher Vorschriften dienen, insbesondere nicht, um die Bundesagentur für Arbeit zu täuschen. Ein weiteres Problem betrifft das Sozialversicherungsrecht: Das Bundessozialgericht (BSG) stellt klar, dass ein Beschäftigungsverhältnis erst an dem Tag endet, an dem die Vereinbarung tatsächlich geschlossen wird – nicht an dem rückdatierten Datum. Wird ein Arbeitnehmer etwa Mitte des Monats fristlos gekündigt und einige Wochen später ein rückdatierter Aufhebungsvertrag vereinbart, muss der Arbeitgeber für die Zwischenzeit Sozialversicherungsbeiträge zahlen, und der Anspruch auf Arbeitslosengeld beginnt erst nach Vertragsabschluss. Daher empfehlen Anwälte, den Beendigungszeitpunkt in die Zukunft zu legen und für die Zwischenzeit eine unwiderrufliche, unentgeltliche Freistellung zu vereinbaren. Das schafft Rechtssicherheit für beide Seiten und vermeidet böse Überraschungen.
Fazit: Ein Aufhebungsvertrag kann für beide Seiten eine gute Lösung sein, wenn er fair verhandelt, schriftlich abgeschlossen und alle Details klar geregelt werden, beide Seiten ihre Berater frei wählen dürfen und ausreichend Bedenkzeit eingeplant ist. Ohne juristische Ausbildung wird es den meisten Arbeitgebern jedoch schwerfallen, alle Punkte rechtssicher zu formulieren. rw
Beitragsfoto: Symbolgrafik, Remmer Witte








