Da soll noch einer sagen, die Schotten seien geizig. In Aberdeen erhalten die Taxifahrer eine einmalige zusätzliche Finanzhilfe. Sogar eine, die schnell ausbezahlt werden soll.
Überall in Europa ist der Umsatz von Taxifahrern um bis zu 80 Prozent gesunken und in manchen Städten und Regionen hat das Taxigewerbe vergeblich finanzielle Unterstützung beantragt. In vielen Fällen, wo es finanzielle Hilfe gab, zeigten sich die Stadträte dann wieder nicht gerade großzügig. Da, wo es Möglichkeiten gab, das Gewerbe z. B. bei Impffahrten einzubeziehen und so zu unterstützen wie in Berlin, wurden Taxis oft komplett ignoriert. Die europäische Bilanz ist nicht gerade positiv.
Aber es gibt hin und wieder auch gute und inspirierende Nachrichten. Im schottischen Aberdeen (229.000 Einwohner) werden die Taxifahrer für den durch Corona erlittenen Geschäftsrückgang jetzt einmalig – neben parallel bestehender Staatshilfen – mit 1.000 Pfund (1.155 Euro) entschädigt. Schon zu Beginn der Pandemie hatten sie 1.500 Pfund (1.730 Euro) bekommen. Dieselbe Gruppe bekommt nun auch automatisch die neue Summe.
Die führende Gewerkschaft Unite, die feststellte, dass in Aberdeen das Taxigeschäft seit Anfang der Pandemie um 75 Prozent zurückgegangen ist, lobt die Stadtoberen. Obwohl es wegen geschlossener Kneipen, Restaurants und Schulen wenig Kundschaft gab, hatte das Taxigewerbe während der Lockdowns weiterhin zur Verfüging gestanden. Manche Fahrer hatten am Ende ihrer Schicht lediglich 30 Pfund verdient. Erschwerend kam eine weitere Entscheidung hinzu: Viele Bereiche im Stadtzentrum wurden zu Fußgängerzonen. Die dortigen Taxistände mussten weichen.
Die neue Soforthilfe hat einen „Wert” von 860.000 Pfund (992.000 Euro) und kommt direkt von der schottischen Regierung, die sich schon früher während der Pandemie gegenüber Taxifahrern großzügiger gezeigt hatte als ihre europäischen Nachbarn. Durch dieses Programm erhielten Aberdeen-Fahrer seit Anfang der Pandemie schon fast 1,28 Millionen Pfund (1.48 Mio Euro).
Die Gewerkschaft Unite Scotland lobte den Schritt des Stadtrats und forderte alle lokalen Behörden auf, sich von Aberdeen und der Stadt Dundee – wo ähnliche Programme laufen – inspirieren zu lassen. „Das zusätzliche Geld ist eine willkommene Erleichterung für Fahrer, die seit über einem Jahr Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen”, sagte Marc Johnson von Unite, zeigte sich aber dennoch nicht komplett zufrieden. „Es muss noch viel mehr getan werden, um das Taxigewerbe zu unterstützen, einschließlich der Aussetzung der Lizenzgebühren. Wir hoffen, dass andere lokale Behörden aufstehen zur Kenntnis nehmen, was hier in Aberdeen getan wurde, und sofort nachziehen.“
Derek Davidson, Taxifahrer in Aberdeen, sagte der Zeitung Press&Journal: „Es ist gut, dass wir diese 1.000 Pfund bekommen, und dass es schnell erledigt ist. Sie sagten uns zu, es würde nur ungefähr zehn Tage dauern.“ Bei der letzten Hilfe hatte es noch deutlich länger gedauert, weil der Stadtrat den Zuschuss wegen fehlender E-Mail-Adresse nicht ausbezahlt hatte. wf
Anmerkung der Redaktion: Vor allen Taxiunternehmer*Innen in bayerischen Städten dürften bei dieser Meldung vor Neid erblassen. Trotz intensiver Gespräche und Bemühungen werden dort sämtliche Coronahilfen für das Taxigewerbe von Ministerpräsident Söder und seinen Gehilfen komplett ignoriert. Impftaxis? Fehlanzeige. Länderspezifische Soforthilfe? Fehlanzeige. Reaktionen auf eine große Taxidemo? Fehlanzeige.
Ministerpräsident Markus Söder, der sich so gerne als „Alleskümmerer” inszeniert, dessen Bundesland aber mit die höchsten Corona-Zahlen aufweist, hat für das Taxigewerbe keine Lösung. Stattdessen wollte einer der größten Taxi-Ignoranten auch noch Bundeskanzler werden. Nun ist es einer geworden, der als Ministerpräisdentz von Nordrhein-Westfalen auch keine Kosten für Impffahrten übernehmen will.
Da kann man nur hoffen, dass die Kandidat*Innen anderer Parteien ein größeres Faible für das Taxigewerbe haben.
Beitragsfoto: Wim Faber