AdBlue ist für den Betrieb von modernen Dieselfahrzeugen mindestens genau so wichtig wie der Dieselkraftstoff selbst. Jetzt haben führende Hersteller die Produktion der wässrigen Harnstofflösung reduziert oder ganz eingestellt. Branchenverbände, der ADAC und jetzt auch Nochverkehrsminister Andreas Scheuer warnen deshalb vor Lieferengpässen.
AdBlue wird in kleineren oder größeren Gebinden im Fachhandel angeboten oder kann auch an entsprechenden Zapfsäulen abgefüllt werden. Nun warnte der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer diese Woche vor einem Szenario, welches man sich kaum vorstellen kann: Es könnte zu ernsthaften Lieferengpässen beim AdBlue-Additiv kommen. Zumindest im PKW-Segment verfügen wohl nur wenige Endverbraucher über eine gewisse Vorratslagerung. Viele moderne Diesel-Taxis würden so über kurz oder lang zum Stillstand verurteilt, bis sich die Lieferkrise wieder entspannt.
Nicht nur LKWs, sondern auch die meisten Diesel-PKW benötigen heutzutage AdBlue als Additiv, um den Stickstoffausstoß der Motoren zu senken. Dies wird erreicht, indem das in den Abgasstrang eingespritzte AdBlue sich zunächst in Ammoniak umwandelt um dann im SCR-Katalysator Stickoxide in Wasser und Stickstoff umzuwandeln. Ohne diesen Prozess könnten kein Fahrzeug die modernen Abgasnormen einhalten.
Der Betrieb des Motors wäre aus technischer Sicht natürlich auch ohne AdBlue möglich, nur wird er dann, zu einer echten Dreckschleuder. Ist der AdBlue-Zusatztank leer, verhindert deshalb folgerichtig die Fahrzeug-Elektronik den Start des Motors. AdBlue-Tankfüllungen reichen zwar oftmals für mehr als 10.000 Kilometer. Im Taxiregelbetrieb muss trotzdem regelmäßig nachgefüllt werden.
Die Hersteller verweisen darauf, dass die Produktion von AdBlue derzeit nicht rentabel machbar ist. Sie ist sehr energieaufwändig und schon jetzt haben sich die Einkaufspreise für AdBlue innerhalb kurzer Zeit mehr als verdreifacht. Das ursächliche Problem ist aber anders gelagert: AdBlue fällt als Nebenprodukt in der Düngemittelindustrie an, es wird daher nicht marktorientiert produziert. Und die muss schon immer sehr genau planen, um tunlichst Überproduktionen vermeiden. Derzeit warten viele Hersteller aufgrund der derzeitig noch anhaltenden Explosion der Energiekosten die Entwicklung und die Wintersaison ab und haben daher auch die AdBlue-Produktion gleich mit auf Eis gelegt.
In der Folge könnte eine AdBlue zumindest zeitweilig eintreten, bis die Düngemittelnachfrage die Produktion wieder ankurbelt. Der Güterverkehrsverband BGL hatte bereits im Oktober gewarnt, dass mehrere Hersteller wie auch der Chemieriese und weltgrößter Harnstoffproduzent BASF angekündigt hätten, die Produktion runterzufahren. In der Folge warnen inzwischen diverse Branchenverbände vor einem anstehenden Lieferengpass. Diese Warnungen könnten zudem unerwünschte Marktmechanismen wie Hamsterkäufe auslösen, wodurch die Verknappung sich sogar noch verstärken würde.
Der geschäftsführende Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) betonte im Interview mit dem Handelsblatt: „Wir haben die Lage genau im Blick und nehmen die Warnungen der Logistiker sehr ernst. Oberstes Ziel muss es sein, unsere Lieferketten weiter am Laufen zu halten.“ Er unterstütze den Vorschlag der Branche nach einem Runden Tisch im Wirtschaftsministerium, um schnell Abhilfe zu schaffen, so Scheuer: „Die internationalen Transportketten sind durch Corona immer noch sehr angespannt. Dass Teile des Straßentransports durch einen Rohstoffmangel ausfallen, können wir uns da einfach nicht leisten.“
Mit diesen Ausführungen macht der scheidende Minister dann gleichzeitig auch klar, wer im Zweifel bei einer AdBlue-Versorgung an erster Stelle steht. Insofern scheint es zumindest für Kilometerfresser aus dem Taxi- und Mietwagengewerbe tatsächlich dringend angeraten, sich ein kleines AdBlue-Lager anzulegen, welches zumindest bis zum kommenden Frühjahr ausreicht. rw
Beitragsfoto: AdBlue ist mindesten genau wichtig wie der Dieselkraftstoff selbst. Foto: Witte