Nach Uber ist nun auch der Fahrdienst Bolt in Dänemark legal auf dem Markt: Der Konkurrent aus Estland hat ein Taxiunternehmen gekauft, kooperiert mit einem weiteren und will den dänischen Taximarkt „anständig erobern”.
Lange Zeit glaubte man in Dänemark, dass die strengen Marktzugangsregeln für Taxiunternehmen (z. B. Zugehörigkeit zu einer anerkannten Taxizentrale und obligatorische Nutzung von Sitzkontakten, die mit dem Taxameter verbunden sind) Plattformvermittlern den Zugang verwehren würden. Dies war lange Zeit auch der Fall. App-Vermittler taten sich schwer mit den strengen dänischen Regeln. Nachdem Uber sich nicht an die neue, strengere Taxigesetzgebung halten wollte und sich 2017 aus Dänemark zurückzog, offenbarte sich ein großer Skandal: Viele der 2.000 Uber-Fahrer in Kopenhagen hatten ihre Uber-Einkünfte nicht beim Finanzamt angegeben.


Im Februar kehrte Uber jedoch durch eine Zusammenarbeit mit dem Taxiunternehmen Drivr auf den dänischen Markt zurück. Diese Woche verkündete Bolt-Gründer und ‑Geschäftsführer Markus Villig triumphierend, dass seine Marke aus Tallinn durch die erste strategische Übernahme ihres Bestehens ebenfalls in den dänischen Markt eingetreten sei. Auch in Dänemark liefern sich die beiden Apps nun bald einen harten Kampf, wenn auch anders als üblich. Laut dänischem Taxirecht – dem die Apps unterliegen – ist Preiswettbewerb nicht erlaubt. Beide Apps müssen die üblichen Regeln und Tarife für Taxiunternehmen einhalten.
Lars Speekenbrink, Bolt-Manager für Nordeuropa, betont, dass Bolt anders als Uber den dänischen Markt „anständig“ erobern wolle. Deshalb habe man sich die Zeit genommen, auch die dänischen Behörden in den Übernahmeprozess einzubeziehen.
Bolt bediente sich des gleichen Tricks wie Uber: der Übernahme eines bestehenden Taxiunternehmens, nämlich Viggo. Es war die erste Übernahme in Bolts zwölfjähriger Geschichte. Zahlen wurden wie üblich nicht genannt.
„Wir haben die Messlatte für Übernahmen schon immer hoch gelegt, teilen aber Viggos Mission, Städte zu verbessern, und waren von ihrem vollelektrischen Betrieb beeindruckt“, sagt Bolt-Chef Villig. „Die Übernahme bedeutet, dass wir zum größten Taxidienstleister Dänemarks werden. Wir freuen uns darauf, auf Viggos Erfolg aufzubauen und den lokalen Taximarkt mit weiteren Innovationen zu versorgen, um unsere Kunden in Dänemark noch besser zu bedienen.“
Selbstverständlich zeigte sich Kenneth Herschel, Geschäftsführer von Viggo, auch begeistert: „Viggo wurde gegründet, um ein hochwertiges und nachhaltiges Fahrerlebnis zu bieten, und wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben. Durch den Zusammenschluss mit Bolt können wir unsere Wirkung skalieren und sowohl Fahrern als auch Fahrgästen durch neue Technologien, steigende Nachfrage und unser kontinuierliches Engagement für Qualität zugute kommen lassen.“

Weltweit nutzen bereits mehr als 4,5 Millionen Kunden die Bolt-Plattform. Das Unternehmen möchte den Übergang vom Privatwagen zur geteilten Mobilität beschleunigen, indem es für jeden Anwendungsfall bessere Alternativen anbietet. Zu den Produkten gehören Taxis, Roller- und Autovermietungen, Lebensmittellieferungen sowie Mobilitätslösungen für Unternehmen.
Auch als E-Bike-Verleih ist Bolt in Dänemark bereits stark vertreten. Die Einführung von Ride-Hailing schafft ein multimodales Verkehrssystem, bei dem Kunden je nach Fahrt zwischen E-Bikes und Autos wählen können.
Viggo wurde 2019 gegründet, betreibt eine Flotte von über 300 Elektrofahrzeugen und bedient damit 450.000 Nutzer in Kopenhagen und Aarhus, den beiden größten Städten Dänemarks. Mit über 500 professionellen Fahrern hat sich das Unternehmen laut eigener Aussage „einen Namen für nachhaltige Mobilität, erstklassigen Service und hohe Kundenzufriedenheit gemacht.” Viggo ist der erste Taxidienst in Skandinavien mit einer Flotte von 100 % Elektrofahrzeugen. Laut Viggo hat dies seine Position als leistungsstärkster Taxidienst Dänemarks gefestigt.
Nach der Übernahme von Viggo ging Bolt den nächsten Schritt und unterzeichnete umgehend eine Partnerschaft mit dem Taxiunternehmen Taxa 4×27, das zur großen skandinavischen Cabonline-Gruppe gehört. Die estnische App hat ihre Position in Dänemark damit weiter gestärkt. Durch die Partnerschaft kann die über 600 Fahrzeuge umfassende Flotte von Taxa 4×27 über die Bolt-Plattform gebucht werden. Bolt sucht, wie Uber, weiter aktiv nach Taxiunternehmen für eine Partnerschaft. wf
Beitragsbild: Lars Speekenbrink, Nordeuropa-Manager bei Bolt (links) und Kenneth Herschel, Geschäftsführer von Viggo; Foto: Bolt
Die dänischen Regeln sind mir durch den Artikel leider nicht wirklich klar geworden. Wenn diese Regeln im Grundsatz ähnlich einem deutschen Taxitarifsystem sind und sich die durch globales Auftreten bekannt gewordenen Marken uber und bolt dran halten müssen und es auch tun, – dann bedeutet das, sie sind ein Werkzeug zur Auftragsvermittlung. Ohne eigenen Einfluss auf die Fahrpreise.
Deshalb gehen sie den nächsten strategisch geplanten Schritt zum Aufbau eigener Fahrzeugflotten. Um aus eingesetztem Zockergeld (beschönigend Investorengeld oder auch Wagniskapital genannt), investiert in Taxibetriebe, wieder Erträge zu erwirtschaften. Im Prinzip normales kapitalistisch-marktwirtschaftliches Verhalten, in dem wir uns ja auch befinden.
Das erreichen sie durch entsprechend hohe Summen, die offenbar in die Übernahme möglichst großer Taxibetriebe investiert werden.
Bei uns in Deutschland ( mit seiner Sozialen Marktwirtschaft) haben wir aber (noch) ein sehr kleinteiliges Taxigewerbe mit nur relativ wenigen Großbetrieben.
Deren Stärke ist ihr Zusammenhalt durch die Zentralen, sofern sie sich nicht gegenseitig zerstörerisch bekriegen.
Genau diese Zentralen unter Kontrolle zu bringen ist aber das strategische Ziel dieser globalen Plattformen. Dazu unterminieren sie seit Jahren durch Anschlußverträge mit einzelnen Taxiunternehmern den Zusammenhalt.
Derzeit sind also die Zentralen ihr Hauptangriffsziel! Durch die Zerstörung des Zusammenhalts hin zu möglichst vielen von ihnen abhängigen Taxibetrieben. Umso langfristig auch bei uns diese Betriebe zu übernehmen und den Profit abzuziehen.
Vor Jahren wurden die Taxifahrpreise in Skandinavien freigegeben, konkret weiß ich von Schweden. Mit der Konsequenz des Zusammenbruchs der vielen kleinen Taxibetriebe. Das Unterlaufen der geregelten Taxitarife passiert bei uns derzeit durch die Mietwagen als Pseudotaxis.
Danach entstanden monopolistisch auftretende Großbetriebe mit z.T. absurden Preisgestaltungen, bis hin zur asozialen Abzockerei. Das blieb uns bisher erspart.
Doch unsere Schwäche ist die zu geringe flächendeckende Bekanntheit unserer eigenen Vermittlungsintrumente. Diese Schwäche muß beseitigt werden. Dazu brauchen wir aber unsere eigenen Zentralen!