In Belgien hat das Taxigewerbe ähnliche Probleme mit Uber wie in Deutschland. Auch hier wird auf politischer Ebene um einen Rechtsrahmen für den städtischen Taxi- und Mietwagenverkehr gerungen.
Ist es ein Indiz für die neue Taxipolitik der Brüsseler Regierung oder bloß Gewohnheitsrecht? Am 19. September, dem traditionellen autofreien Sonntag, dürfen in der belgischen Hauptstadt lediglich Taxis mit Kennzeichnung 1-TX und einem offiziellen Taxi-Dachzeichen auf den Straßen der 19 angeschlossenen Gemeinden der Brüsseler Region arbeiten. Mietwagen mit Kennzeichnung 1-TL (Limousine) dagegen, die überwiegend für Uber fahren, müssen dafür eine Sondergenehmigung beantragen (Taxi Times berichtete).
Hintergrundinformation: Belgien mit seinen 11,5 Millionen Einwohnern ist ähnlich föderal aufgebaut wie Deutschland (mit einer Föderal-, also Bundesregierung), hat allerdings nicht 16, sondern nur drei „Bundesländer”, die dort Regionen heißen und Regionalregierungen, ähnlich den deutschen Landesregierungen, und Regionalparlamente haben. Die kleinste der drei Regionen, Brüssel-Hauptstadt, umfasst neben der 185.000-Einwohner-Stadt Brüssel 16 weitere Gemeinden (darunter zwei weitere Städte mit über 100.000 Einwohnern) und hat insgesamt gut 1,2 Millionen Einwohner.
Nach Angaben des Brüsseler Taxigewerbes muss laut Businesszeitung L’Echo eine Legalisierung der Uber-Aktivitäten in der belgischen Hauptstadt ausgeschlossen sein. Die neue Taxipolitik, die der Ministerpräsident der Region Brüssel-Hauptstadt, Rudi Vervoor, für diesen Sommer auf der Agenda hatte, ist allerdings nie bei der Brüsseler Regierung zu Sprache gekommen. Dies wird sich voraussichtlich noch bis zum Herbst verzögern.
Die Brüsseler Politik, die bereits eine Reihe von Taxistudien bei teuren Beratern in Auftrag gegeben hat, tut sich seit Jahren schwer, einen neuen Ordnungsrahmen für die Taxis und Mietwagen in der belgischen Hauptstadt zu finden. Im gleichen Zeitraum, in dem die Anzahl von Mietwagen in der Millionenregion auf 1.179 kletterte, stagnierte die Anzahl der Taxis bei 1.251. Es ist Zeit für eine neue Politik. Die Eigentumsfrage der Genehmigungen – manche werden von Taxibetrieben verkauft oder verpachtet – ist neben der „Uber-Frage” das heiße Eisen.
Da sich auf politischer Ebene nicht viel getan hat, arbeitet die Brüsseler Taxibranche jetzt an eigenen Plänen. Eine Reihe von Brüsseler Taxiorganisationen – Brussels Taxi Fed (BFT), Collectifs des Travailleurs du Taxi (CTT) und IngobokaTaxi – hat konkrete Vorschläge zu den Betriebsbedingungen des Mietwagensektors und der Rentabilität der Taxibranche vorgelegt.
Anders als in einer der letzten Studien – die von Deloitte von 2020 – argumentiert wurde, spricht sich das Taxigewerbe nicht für einen exklusiven Status für die Taxifahrer aus. Vielmehr sollte die Branche weiterhin zwischen Taxifahrern und Mietwagenfahrern unterschieden werden. Jeder bedient seine Nische. So sind beispielsweise die Limousinen auf vorbestellte Fahrten, die unter anderem von Botschaften, internationalen Organisationen und VIP-Events, spezialisiert.
Aber was soll in diesem Zusammenhang mit den Hunderten von (Mietwagen-) Fahrern (keine Limousinen) passieren, die derzeit auf der Uber-Plattform aktiv sind? Ein „soziales Massaker”, vor dem Uber warnt, wenn die „falsche” Taxipolitik gewählt wird, ließe sich nach den Plänen des Taxigewerbes durch die Übernahme von mindestens 600 Fahrern vermeiden. Victor Cab beispielsweise ist nicht nur eine Taxizentrale, sondern besitzt auch viele Taxis, für die mindestens 300 Fahrer benötigt werden, sagt Sam Bouchal, Sprecher des Verbandes der Brüsseler Taxis.
Ihm zufolge sollten interessierte Uber-Fahrer zum Taxi wechseln. Auch für diejenigen, die selbstständige Taxifahrer werden oder bleiben wollen, ist Platz: Derzeit gibt es 250 ruhende Genehmigungen, die möglicherweise über die Transferkommission von Brussels Mobility verkauft werden könnten. Zudem sollte es – ähnlich wie in Frankreich – möglich sein, ein Mietsystem für Genehmigungen zu haben.
Schließlich befürwortet das Gewerbe die Beibehaltung der Limitierung von Taxikonzessionen, welche jedoch an die sich ändernden Bedürfnisse der Stadt angepasst werden muss, ohne das Taxigeschäft unrentabel zu machen.
Wie soll das geregelt werden? Vielleicht mit einem Mindestpreis pro Fahrt? Auf das Problem der Rentabilität wurde bereits in der REBEL-Studie aus dem Jahr 2013 (!) hingewiesen. Die Taxibranche plädiert für die Abschaffung des Tarifs II, der außerhalb der regionalen Grenzen gilt. Er wird etwa für eine Fahrt vom Zentrum zum Flughafen Brüssel, wo an der „regionalen Grenze” (vergleichbar mit einer Landesgrenze in Deutschland) der Taxameter von Tarif I (Einzeltarif) auf Tarif II (Hin- und Rückfahrt) umgestellt wird, relevant.
„Wir wissen, dass dieser Tarif manchmal missbraucht wird und zu Spannungen führt, wenn Kunden in die Vororte fahren“, sagte Sam Bouchal. Die Brüsseler Organisationen plädieren deshalb für einen einheitlichen Tarif von 1,80 Euro pro Kilometer oder sogar 2,00 Euro oder 2,20 Euro mit automatischer Indexierung.
Auch ein Mindestpreis von 8 Euro wird vorgeschlagen, damit Kurzstrecken von den Fahrern nicht abgelehnt werden. Der Taxameter läuft dann erst mit wenn die entsprechende Entfernung bzw. Fahrpreis überschritten wird.
Gerade jetzt, da Tourismus und der für Brüssel außerordentlich wichtige Geschäftsverkehr wieder zunehmen, fasst das Gewerbe auch eine Verbesserung des Services ins Auge. Zahlreiche Vorschläge wurden gemacht, darunter mehr und deutlicher sichtbare Taxistände, die Freigabe aller Busspuren für Taxis, der Ausbau des erfolgreichen Sammeltaxi-Systems Collecto (das nachts Linienbusse durch subventionierte Taxis ersetzt) und die Etablierung eines regionalen Buchungssystems in Form von Open Data, an dem alle Taxis in Brüssel teilnehmen könnten. Auch soll in Promo-Aktionen die Nutzung der bestehenden Apps stärker hervorgehoben worden. wf
Beitragsfoto: Wim Faber
Ich glaube jeder arbeitet für maximale 15 Euro pro Stunde. Aber ich verstehe nicht wie verdient man 15 die wenn man nur 3 Euro 7-9 km Fahrt. Deutschland ich glaube wir sind nicht mehr in Europa