Turnusgemäß wird im Juni 2020 die Mindestlohnkommission tagen. Auf dieses Treffen sollte man dieses Jahr verzichten oder zumindest von einer weiteren Erhöhung des Mindestlohns Abstand nehmen.
Diesen Denkanstoß liefert der Oldenburger Taxiunternehmer Remmer Witte in einem Leserbrief an Taxi Times. Man würde dem Taxigewerbe damit endgültig den Todesstoß versetzen, „zumindest, wenn man dort mehr als beispielweise 9,50 EUR beschließt“, befürchtet Witte und liefert auch gleich die Begründung hinterher, warum eine weitere drastische Mindestlohnerhöhung besonders das Taxigewerbe hart treffen würde: „Weil wir solche mindestlohnbedingten Mehrkosten eben nicht über simple Eigeninitiative auffangen können, sondern immer abhängig von den fahrpreisgestaltenden Kommunen sind. Wenn also der erwünschte Neustart nach Corona zeitgleich mit der Notwendigkeit, ab Januar relevant erhöhte Mindestlöhne finanzieren zu müssen belastet wird, könnte dies das endgültige Todesurteil zumindest für viele professionelle Mehrwagenbetriebe sein.“
Witte schlägt deshalb vor, die Beratungen der Mindestlohnkommission für ein Jahr lang komplett auszusetzen oder aber zumindest für die erste Jahreshälfte 2021 keine weiteren Erhöhungen zu beschließen. „Mich gruselt es in jedem Fall jetzt schon, wenn wir nun bis zum Sommer warten müssen, um dann zu erfahren, was wir noch alles in der zweiten Jahreshälfte in unseren angeschlagenen Betrieben auf den Weg bringen müssen.“ jh
Anmerkung der Redaktion: Es ist nicht das erste Mal, das sich der Oldenburger Unternehmer Remmer Witte über den Tellerrand seines eigenen Taxibetriebs hinaus engagiert. Als Mitglied der Taxi-Erfagruppe ist er darüber hinaus im regen Austausch mit anderen Taxiunternehmen. Mit solch einem Engagement wäre Remmer Witte sicherlich auch innerhalb der Fachvereinigung Taxi im Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen eine Verstärkung. Wir haben Herrn Witte daher vorgeschlagen, dort mehr als „nur“ ein Mitglied unter vielen zu sein.
Ihr solltet auch mal an eure Fahrer denken. Leider kann man von diesem niedrigen Mindestlohn als professioneller Fahrer nicht leben. Qualität wollen aber alle haben.
Der Fehler steckt in diesem unflexibelen und veraltetem System.
Solange es keine Flexibilität in der Preisgestaltung gibt wird es weiter abwärts gehen.
Da man als Pförtner inzwischen mehr als ein Taxifahrer verdient, werden es auch immer weniger.
Daran solltet ihr Unternehmer mal arbeiten.
Ich bin seit 1994 angestellter Fahrer und habe noch Spaß dabei. Aber ohne Moos nix los.
Dem kann ich mich nur anschließen. Zusätzlich ist natürlich zu erwähnen das es die Fahrer und Fahrerinnen sind die dann jeden Tag die minderbewertete Erfahrung machen dürfen, das sie nicht vom Fleck kommen mit dem schmalen Lohn der sich aus dem MiLo ergibt. Wenn ein höherer Mindestlohn das TODESURTEIL für das Gewerbe ist, sehe ich darin nur eine Projezierung auf die Schwächsten in der Reihe. Verursacht wird die ganze Misere doch durch mangelnde Regulation der Konzessionen und vielerorts mangelndem Behördenwillen, die prekäre Bezahlung hinter den Tarifen zu erkennen. Leider scheinen auch die Unternehmer im Taxigewerbe erst das Druckpotential der Arbeitsplätze erkennen zu müssen. Nach dreissig Jahren im Beruf mit 9,50 € nach Hause geh’n zu müssen ist eine Schande. Gerade die derzeitige Situation bietet doch die Möglichkeit diesbezüglich mal reinen Tisch zu machen.
Gruß
Joachim Schäfer
Wir zahlen unseren Taxi / Mietwagen Mitarbeiter schon seit Jahren 3,50 € über den jeweiligen aktuellen Mindestlohn – Qualität muss ordentlich bezahlt werden . Ich würde die Erhebung des Mindestlohn auf mindestens auf 11€ nur begrüßen .
Der Mindestlohn stellt die kleinste Entlohnung dar. Gibt es denn immer noch Unternehmer, die es für richtig halten, ihren Fahrern nur diesen Lohn zu zahlen? Unglaublich.
Gerade Mehrwagenbetriebe sollten sich fragen, ob sie nicht zu viele Fahrzeuge mit zu geringer Auslastung betreiben, sprich, für die es schlicht keine genügend große Nachfrage gibt. Auch meist deren Reflex, immer höhere Taxentarife zu fordern, hat dazu geführt, dass der Mietwagen und App-basierte Anbieter wie UBER, MOIA und Co. in diesen Markt eindringen konnten. Das Taxi ist nach der gesetzlichen Intension doch eigentlich das preiswerteste Gelegenheitsverkehrsangebot. Darüber hinaus ist es eine Möglichkeit, sich selbständig zu machen – ein Mann – ein Auto. Wenn Mehrwagenbetriebe, die doch eigentlich pro Fahrzeug kostengünstiger sein müssten, aber teurer sind, ist vielleicht auch das Geschäftsmodell mal zu hinterfragen. Mit den immer höheren Tarifforderungen machen diese Unternehmer den Ein-Mann-Unternehmen nämlich auch den Markt kaputt.
… ja, wir als Mehrwagenunternehmen zahlen Mindestlohn – zzgl. 25% Nachtzuschlägen und zzgl. einer kleinen umsatzbedingten Prozentualregelung und das für jede Arbeitsminute – auch fürs Warten am Taxistand – und es werden 5 Minuten Pause pro Arbeitsstunde minutengenau digital notiert und dann auch tatsächlich gewährt. Und wir sind stolz darauf, denn eine solche Regelung bieten meines Wissens nach gar nicht mal so viele Taxiunternehmen in Deutschland.
Der Taxitarif wird kommunal festgelegt und basiert auf dem Mindestlohn – insofern sind die Unternehmen, die tatsächlich die gesetzlichen Regelungen umsetzen nicht die richtigen Ansprechpartner für eine Lohndiskussion für Taxifahrer – dies ist dann tatsächlich wohl die Mindestlohnkommission.
Mein Wunsch ist auch nicht die grundsätzliche Deckelung des Mindestlohns, sondern eine kurze Verschnaufpause nach der Corona-Krise, denn die 6 Monate zwischen der Entscheidung der Mindestlohnkommission Ende Juni bis zur Umsetzung der Entscheidung zum folgenden Jahresbeginn ist für viele Kommunen zzur kurz, um die beschlossene Erhöhung dann in den Tarifen umzusetzen.
Fatal aber wäre es, wenn diejenigen Unternehmen, die die Mindestlohnregelungen tatsächlich 1:1 umsetzen wollen in diesem Jahr dann ins Schleudern kommen könnten – und das Ergebnis wäre dann, dass die 80-Minuten-pro-Stunde-Front der „Semiprofessionellen“ nun doch wieder die erst gerade mühsam gewonne Tendenz raus aus der Schmuddelecke wieder umdrehen würde.
Wer das also wünscht, oder wer als selbstfahrender Unternehmer weiterhin legale Selbstausbeutung unterhalb des Mindestlohns für alternativlos hält, der sollte weiter Mehrwagenunternehmerbashing betreiben, ansonsten wäre eine etwas differenzietere Auseinandersetzung wünschenswert. Und wer mein SStatement genauer liest, der liest auch, dass nicht eine höherer Mindestlohn das Todesurteil fürs Gewerbe wäre sondern ein höherer Mindestlohn zum 01.01.2021 .
Die zumeist unterbewertete Untätigkeit der Aufsichtsbehörden ist durchaus eine wichtige Größe in der Wettberbsgerechtigkeit zu unseren ‚Neuen‘ Konkurrenten.
Würden alle Marktteilnehmern so wie das Taxigewerbe konsequent auf Einhaltung aller gültigen ‚Spiel‘ – Regeln kontrolliert und bei Verstoß konsequent geahndet, wären längst etliche davon schon vom Markt verschwunden.
Da sich nun auch CS wieder mal zum Teil vom Markt aus betriebswirtschaftlicher Unrentabilität verabschiedet, zeigt im Umkehrschluß, dass auch andere nicht wirklich rentabel sein können.
Dass sie sich doch halten, lässt sich mit Adam Riese nur erklären, dass sie Geld aus anderen Quellen schöpfen!
On ni soi qui mal i pense!
Ja, die Konzessionstückzahlen sind in vielen Städten ein großes Problem. Aber natürlich soll man nicht die Kleinst- bzw. Einzelunternehmer reduzieren (schon gar nicht zuerst), sondern den Mehrwagenunternehmern erlauben, einzelne Konzessionen VERKAUFEN zu dürfen, Oder hat sich da sowieso schon was geändert, ohne daß ich es mitbekam ??