Die Stimmung am Donnerstagmorgen war trotz früher Uhrzeit und ungemütlichen Wetters gut. Außer Tino Schopf, Kristian Ronneburg, Raed Saleh, Maik Penn und Johannes Kraft waren kaum Politiker zu sehen.
Die Taxifahrer-Demo vor dem Abgeordnetenhaus von Berlin war von Michael Klewer mit Hilfe von Sonja von Rein, Klaus Meier und weiteren Taxiunternehmern und Gewerbevertretern gut organisiert worden. Einer der ersten, den die Teilnehmer gegen 9 Uhr zu sehen bekamen, war für viele ein alter Bekannter: Lothar Kubig, Ehrenmitglied der Berliner Taxi-„Innung“ und weit über 80, betätigte sich persönlich als Einweiser.
Nach und nach trafen sowohl Teilnehmer mit ihren Taxis ein als auch etliche Gewerbevertreter, unter anderem vom Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM), von Taxi Deutschland Berlin e. V., dem Taxiverband Berlin, Brandenburg e. V., der „Innung“ des Berliner Taxigewerbes e. V. und der Facebook-Gruppe „Taxi Gruppe Berlin“, außerdem von der Funkgesellschaft Taxi Berlin und von der Gewerkschaft ver.di. Auch Pressevertreter, zum Teil von überregionalen Medien, waren vor Ort.
Die Rechnung, dass die Abgeordneten auf dem Weg zur Plenarsitzung, die um 10 Uhr begann, durch die Demo müssten, ging nur zum Teil auf: Da vor dem Landesparlament des Öfteren demonstriert wird, ist es üblich, dass der Zugang zum hohen Haus mit Absperrgittern freigehalten wird. Einige Politiker, die sich nicht ohnehin unter die Demo-Teilnehmer gemischt hatten, sahen sich das Treiben aber zumindest interessiert an, sprachen mit Demonstranten oder ließen sich interviewen – wie etwa Johannes Kraft, der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion. Kraft sagte, seine Fraktion habe mit dem Taxigewerbe die Festpreise vorangetrieben, da man keinen Verdrängungswettbewerb wolle, der zu einem Monopol und steigenden Preisen führe.
Am Rande der Demo übergab Einzelunternehmer Hilmar Werner seine Petition für Mindesttarife an Maik Penn (CDU), den Vorsitzenden des Petitionsausschusses. Stefan Kamarys, ehemaliger Taxiunternehmer und heute Berater im Berliner Arbeitslosenzentrum e. V. (BALZ), war mit einem „Beratungs-Bus“ zur Demo gekommen und hatte die ver.di-Vertreter Andreas Komrowski und Klaus Meier, den Berliner „Taxi-Soziallotsen“ und Taxifilmfestival-Initiator, mitgebracht.
Vom Bundesverband Taxi und Mietwagen waren Vizepräsident Hermann Waldner, Geschäftsführer Michael Oppermann und Journalist Matthias Tüxen gekommen. Waldner ist zugleich Inhaber der Taxifunkgesellschaft Taxi Berlin (von der auch Jens Schmiljun gekommen war) und Vorsitzender des Berliner Landesverbandes Taxi Deutschland e. V., von dem auch Irene Jaxtheimer und Ahmad Vahdati anwesend waren. Der Taxiverband Berlin Brandenburg war durch den Vorsitzenden Boto Töpfer vertreten, begleitet von den ehemaligen Vorständen Holger Pätzeldt und Ralf Titzmann. Von der Berliner Taxi-„Innung“ waren der Erste Vorsitzende Leszek Nadolski, Halteplatz-Koordinator Danielo Baltrusch und Ex-Vorstand Lothar Kubig gekommen.
Auch die Demo-Initiatoren Sonja von Rein und Michael Klewer sind „Innungs“-Mitglieder, Klewer außerdem wie Boto Töpfer IHK-Vertreter. Taxi-Gruppe-Berlin-Inhaber Erkan Özmen hatte mit seinem Sohn den wohl jüngsten Demonstranten mitgebracht – und zahlreiche Gruppenmitglieder. Auch Free-Now-Präsident Alexander Mönch war wieder anwesend.
Neben den Politikern Tino Schopf und Kristian Ronneburg, die sich bekanntermaßen für das Taxigewerbe engagieren, besuchte diesmal auch SPD-Fraktionschef Raed Saleh die Demonstration und sprach mit den Gewerbevertretern.
Gegen 9:45 Uhr eröffnete Moderator Timuçin Çampınar die Kundgebung, sprach einige warme Worte zur Begrüßung und gegen das noch ungemütliche Wetter und übergab das Mikrofon an Michael Klewer, der die Demonstration angemeldet hatte.
Klewer dankte den Teilnehmern für das frühe Erscheinen und erinnerte an den legendären Ausspruch „ein Arschloch namens Taxi“ vom Fahrdienst Uber aus dessen Anfangszeit. Zur heutigen Situation stellte Klewer fest: „Wir sind noch da und wir werden weiter kämpfen.“ Taxi sei das Original und werde sich nicht von Kriminellen aus seinem Revier vertreiben lassen. Die Genehmigungsbehörde habe sich dazu bewegen lassen, bei Neuanmeldungen und Konzessionsverlängerungen sehr viel genauer hinzusehen als früher. Dazu habe maßgeblich der nächste Redner beigetragen, der sich seit Jahren engagiere: Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der so einige Skandale aufgedeckt habe. „Es gibt Politiker, die reden nur, und es gibt die Macher, und Tino hat gemacht.“
Tino Schopf wies zunächst darauf hin, dass sein Parlamentskollege Kristian Ronneburg von der Linken sich ebenso engagiert für das Taxigewerbe einsetze und man gemeinsam sowohl in Zeiten der Koalition als auch jetzt, da Ronneburg der Opposition angehört, sehr gut zusammenarbeite. Schopf lobte seinerseits das Engagement des Taxigewerbes und nannte erzielte Erfolge: Die Zahl der in Berlin zugelassenen Mietwagen sei von rund 6.500 (darunter 2.000 ganz illegale) auf rund 3.000 zurückgegangen. Er sprach von Organisierter Kriminalität – eine Formulierung, die auch die Genehmigungsbehörde, das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), explizit verwende. „Diesen Verbrechern muss das Handwerk gelegt werden. Der kriminelle Sumpf muss ein für allemal in Berlin trockengelegt werden.“ Dies sei bereits im Gange.
Das LABO werde bis Jahresende voraussichtlich sämtliche Betriebssitze von Mietwagenunternehmen überprüft haben. Der Kontrolldruck sei hoch. Das veranlasse Unternehmer zunehmend zum Umzug in das Umland. Darauf habe Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) schnell reagiert und die Verwaltungen der umliegenden Landkreise in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband sensibilisiert. Schopf dankte LABO-Direktorin Kirsten Dreher, dass sie „das Problem zur Chefin-Sache gemacht“ habe. In der Behörde habe ein Umdenken stattgefunden. Es werde jetzt wesentlich genauer hingeschaut und kontrolliert. Schopf dankte auch Medien wie rbb und Tagesspiegel, deren Journalisten mit ihren investigativen Recherchen zur Aufdeckung krimineller Netzwerke beigetragen und zu staatsanwaltlichen Ermittlungen geführt hätten.
Kristian Ronneburg, verkehrspolitischer Sprecher der oppositionellen Linke-Fraktion, sprach von zahlreichen Anhörungen zum Thema Taxi und Uber in der laufenden Legislaturperiode. „Wir haben keinen Erkenntnismangel in Berlin, wir haben einen Umsetzungsmangel. Den muss man ganz klar benennen […] und Druck machen – im Parlament und auf der Straße.“ Man sei noch nicht am Ziel angelangt. Das Durchsetzungsdefizit beim LABO müsse entschieden angegangen werden – was heute allerdings deutlich mehr der Fall ist als in den letzten zwei Legislaturperioden, in denen seine Partei mitregierte. Betreffs Mindesttarif für Mietwagen könne Berlin sich ein gutes Beispiel an Leipzig nehmen, wo dieser bereits vor drei Jahren eingeführt wurde. Er könne die Ausreden der Behörden nicht mehr hören, dass man befürchte, von der Mietwagenbranche beklagt zu werden.
Natürlich werde Leipzig beklagt, so Ronneburg, und natürlich werde auch Berlin Auseinandersetzungen haben, denn „Uber & Co. werden nie loslassen, die werden immer versuchen, alle rechtlichen Möglichkeiten, die sie haben, zu nutzen.“ Mittlerweile gebe es aber ein Urteil, das ganz klar sage: Die Mindestentgelte sind zulässig. Daher müsse Berlin jetzt handeln. Über die Frage, wie hoch die Fahrpreise sein dürfen, könne man sich später noch streiten.
BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann sagte, Uber & Co. tanzen den Taxifahrern, der Stadt und dem Rechtsstaat auf der Nase herum. Zwar habe man die „komplett Illegalen“ von der Straße genommen, doch seien Sozialdumping, Schwarzarbeit und Ausbeutung von Fahrern weiter an der Tagesordnung. „Deswegen müssen die Mindestentgelte kommen und sie müssen schnell kommen.“ Nachdem gerichtlich bestätigt sei, dass die Behörden das dürfen, gehe es nun darum: Wollen sie das? Im Berliner Koalitionsvertrag stehe, man wolle alles machen, um klare Regeln für alle Formen des öffentlichen Verkehrs aufzustellen.
Jetzt müsse die Koalition Wort halten. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) stehe in der Verantwortung und müsse das einhalten, was die Koalition versprochen hat. Mindestfahrpreise für Mietwagen seien etwas gutes, was nun kommen müsse, und: „Es gibt nichts Gutes, außer Kai tut es.“ Wichtig sei, dass es „jetzt kommt“, da dem Taixgewerbe die Luft ausgehe. Es müsse in den letzten drei Wochen des Jahres noch „in’s Abgeordnetenhaus kommen“. Es würde Berlin gut zu Gesicht stehen, die erste Millionenstadt mit Mindestfahrpreisen für Mietwagen zu sein.
Letzter planmäßiger Redner war Andreas Komrowski von der Arbeitsgemeinschaft Taxi bei der Gewerkschaft ver.di, der wie seine Vorredner bereits auf anderen Demonstrationen gesprochen hatte. Komrowski sagte, er sei seit 30 Jahren angestellter Taxifahrer, werde seinen Arbeitsplatz jedoch voraussichtlich in knapp vier Monaten verlieren, da der ruinöse Dumpingwettbewerb von Uber seine Firma zur Schließung bringen würde. Er sei nicht bereit, für eine Bezahlung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns zu arbeiten. Die vom Taxigewerbe geforderten Mindestentgelte für Mietwagen sieht Komrowski als „übergangsweise Maßnahme zur Eindämmung der illegal ins Taxigeschäft eingedrungenen“ App-vermittelten Mietwagen.
Da diese Maßnahme alleine nicht genügen werde, fordert ver.di darüber hinaus vom LABO Transparenz in Form öffentlich einsehbarer Taxistatistiken, Beteiligung der Gewerkschaft an Genehmigungsvorgängen für Taxis und Mietwagen, wirksame Kontrollen der Zahlung des Mindestlohns im Mietwagen- und auch im Taxigewerbe, Konzessionsentzug von Betrieben, die diesen Regeln nicht nachkommen. Zudem müsse Taxifahrer ein Beruf mit anerkannter Qualifikation werden, um Qualität und „würdige“ Entlohnung sicherzustellen.
Schließlich hielt Taxiunternehmer Klaus Fischer spontan eine Rede. Er beklagte die Desillusionierung zahlreicher Taxiunternehmer und kritisierte die Abschaffung der Ortskundeprüfung. Er thematisierte leidenschaftlich den Verdruss über Uber & Co., stellte aber eine beginnende Rückkehr von abgewanderten Fahrgästen fest, die mit Mietwagen unzufrieden seien. Dennoch habe die Abschaffung der Ortskundeprüfung zu einem Qualitätsverlust auch im Taxigewerbe geführt, der den Ruf der Branche schwer schädige. Wie sein Vorredner sprach er sich für die Einführung einer Fachkundeprüfung auf Landesebene aus. Hier lassen die Landesverbände seiner Meinung nach Engagement vermissen. Internet und Navigationsgeräte seien kein adäquater Ersatz für Fachwissen. Zudem zeige die Abwesenheit von Uber-Mietwagen in Städten wie Hamburg, in denen die Behörden effektiv kontrollieren, dass die plattformvermittelten Mietwagen nur abzocken wollten.
Moderator Timuçin Çampınar dankte den Teilnehmern nochmals für ihr Erscheinen und beendete die Veranstaltung – bei strahlendem Sonnenschein, der mittlerweile herrschte. ar
alle Fotos: Taxi Times
Legendär 🤝
Jeder einzelne der 3000 Uber ist einer zu viel.
Jeder einzelne der 3000 Uber Bolt ist einer zu viel.
Berlin und Brandenburg sollten endlich handeln.
Leider hat wohl nur Berlin die passenden Politiker auf der Seite. NRW reagiert nicht. stark betroffen ist z.B. Leverkusen, die permanent von Köln/Bonn/Düsseldorfern Uber/Bolt belagert werden. Die dann auch weiter die Nachbarstädte belagern, sobald sie Fahrten dahin bekommen.
Nur zur Erinnerung: die in Berlin abgemeldeten Mietwagen wurden 1:1 in Brandenburg angemeldet und fahren immer noch in Berlin herum! Der Erfolg hält sich also in Grenzen…
Ihr seid nicht ehrlich genug. Wer ehrlich sein möchte, muss zunächst Mitglied eines der Verbände werden. Das Ziel sollte dann sein, dass die Verbände unter einem Dach zusammenkommen. Nur so kann man gemeinsam VIEL erreichen.
1: Mietwagen Unternehmen mit Plattformanbietern muss mindestens so teuer sein wie taxi. Wenn nicht sogar etwas teurer
2: die Mietwagen Unternehmen müssen Disponenten im Büro haben, und dann die Aufträge weiter verteilen, nicht nur einfach mit einem Handy beim Fahrer. Bei uber und Co hockt keiner im Büro, und geschweige von der Rückkehrpflicht bis Einladen der Fahrgäste auf offener Straße.
3: Wenn die Mietwagen Fahrer von uber und Co, Leute auf der Straße einsammeln per Anhalter, haben die nicht mal Quittung beim verlangen, sie sagen wir haben keine Quittung, nur online.
4: eine gewisse chronische ortskenntnis, über seine eigene Stadt bzw Land wo man lebt sollte man schon wissen. Daher eine Prüfung auf deutsch. Mehr als 90 Prozent der neuen Fahrer ohne ortskenntnis ist Katastrophal. geschweige von der deutschen Sprache
5: ein Navi weiß auch nicht alles. Und kennt die taxi freien Straßen nicht
6: oder man verbietet die Plattform wie manch andere Länder.
Ist halt leider was nur die Politiker entscheiden können und eigentlich müssen. Bevor es viel zu spät ist
Gebe ich Dir zu 100% recht. Aber man hat doch beim letzten mal gesehen… Die Entscheidung war Mindesttarif sollen die Kommunen festlegen. Haben sie sich schon aus der Affäre gezogen, nur um keine eventuellen Wahlstimmen zu verlieren. So wird das Deutschland weit einfach abgeschoben auf die Städte.
Das Personenbeförderungsgesetzt sollte GRUNDLIEGEND geändert werden das auch alle Kreise den Mindesttarif für Mietwagen einzuhalten haben, angepasst am Taxitarif. Dann ist es fairer für alle und nicht das Festpreis Prinzip