Während einer Veranstaltung der Berliner Taxi-Innung hat der als Gast eingeladene Tino Schopf (SPD) kein gutes Haar an seinem früheren Koalitionspartner, den Berliner Grünen, gelassen. Zurecht!
Ein Kommentar von Taxi-Times-Herausgeber Jürgen Hartmann zum rückständigen Umgang der Berliner Grünen mit dem Taxigewerbe
Das Berliner Taxigewerbe kann einem leidtun. Es war bis zum Frühjahr über anderthalb Legislaturperioden einer grünen Partei ausgeliefert, deren Vertreter zu keinem Zeitpunkt verstanden haben, dass Verkehrswende und mobile Daseinsvorsorge nur zusammen mit dem Taxigewerbe funktionieren. Das ist umso erstaunlicher und ärgerlicher, weil es andere Städte gibt, in denen die Grünen längst weiter sind: Erfolgreiche Verkehrspolitik und der Schutz der Daseinsvorsorge kann nicht gegen, sondern nur mit dem Taxi bewerkstelligt werden.
In Hamburg hat unter der Verantwortung der dortigen Grünen das Projekt „Zukunftstaxi“ einen so großen Erfolg, dass in der Hansestadt mittlerweile nicht nur 600 Elektro-Taxis fahren, sondern letzte Woche nun auch beschlossen wurde, dass ab 2025 gar keine Verbrenner-Taxis neu zugelassen werden – ohne dass die Hamburger Taxiunternehmer deswegen auf die Barrikaden gehen.
Auch in München fällt Verkehrspolitik in das Ressort der Grünen. Hier gibt es – initiiert von der damaligen zweiten Bürgermeisterin – einen regelmäßig stattfindenden runden Tisch mit dem Taxigewerbe, den Behörden, der IHK und vielen mehr. Dank solcher Gespräche wird das Bewusstsein für die Rechtsbrüche der Plattformbetreiber bzw. deren Mietwagen geschärft, was längst zu strikteren Kontrollen führt. Als Ergebnis des runden Tisches wird über die Möglichkeiten der PBefG-Novelle nicht nur geredet, sondern auch bereits gehandelt, indem man zum 1. September Korridor-Festpreise für Taxis einführte. Und als kürzlich bekannt wurde, dass die Deutsche Bahn den Münchner Taxlern keinen Standplatz mehr am Bahnhofsausgang zur Verfügung stellen wird, waren es die Münchner Grünen, die sich sofort einschalteten und nun nach Alternativen auf städtischen Grund Ausschau halten.
In Berlin dagegen fällt es in die Verantwortung der Grünen aus dem Bezirk Mitte, dass kürzlich auf der Nordseite des Berliner Hauptbahnhofs sämtliche Taxiplätze komplett weggefallen sind, man aber sehr wohl Platz findet für das Abstellen von Fahrrädern und E-Skootern.
Liebe Berliner Grüne! Werdet endlich erwachsen! Umweltschutz ist viel komplexer als nur „Fahrrad statt Auto“. Verkehrswende bedeutet, einen gesunden Mix an Alternativen zum Privatauto zu schaffen. Wer das Taxi mit einem Privatauto gleichsetzt, lebt im Denken von vorvorgestern. Solange bei euch keine Erkenntnis reift, dass Taxis Teil des ÖPNV sind, die mit umweltfreundlichen (emissionsfreien) Fahrzeugen einen enormen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes leisten, solange wird keine Verkehrswende gelingen. Da hilft dann auch die Maßnahme nichts, dass man einen E-Taxi-Fördertopf bereitstellt, wenn man auf der anderen Seite nichts gegen die unlautere Marktverdrängung des Taxigewerbes durch Plattformvermittler unternimmt.
Bei der Berliner Wahl seid Ihr Grünen nur knapp an einer Regierungsbeteiligung gescheitert. Mit einer weitsichtigen und klugen Taxipolitik hättet ihr vielleicht die nötigen Stimmen aus dem Taxigewerbe erhalten. Es wird Zeit, liebe Berliner Grüne, dass ihr endlich umdenkt. Nehmt euch ein Beispiel an Hamburg und München. Hier beweisen eure Parteifreunde, dass man sich als grüne Partei gesamtgesellschaftlich weiterentwickeln kann, ohne dabei die eigenen grünen Werte aufgeben zu müssen. jh
Beitragsbild: Taxi Times