Die Ergebnisse des mit Spannung erwarteten Diesel-Gipfels sind für alle Diesel-Fahrer und damit für einen Großteil des Taxigewerbes eine einzige Enttäuschung. Und sie lassen Zweifel aufkommen, ob ein bayerischer Ministerpräsident noch im demokratischen Geiste handelt.
2,8 Millionen Dieselfahrzeuge mit Euro 5- und Euro 6-Motor sollen demnächst mit einer neuen Software ausgestattet werden. Das Update soll für den Fahrzeugbesitzer kostenlos sein und keinerlei Einschränkungen beim Verbrauch und bei der Leistungsfähigkeit beinhalten. Der Schadstoffausstoß von Stickoxid soll dadurch um 25-30 Prozent reduziert werden. Dieses Versprechen haben gestern die Autohersteller Daimler, BMW, Volkswagen und Opel abgegeben. Ford und Importeure wie Nissan, Citroen, (die sich vorgestern Opel offiziell einverleibt haben), Renault, Toyota etc. versprechen solche Updates nicht.
Was eigentlich auch egal ist, denn die Wirkung dieser Korrekturen gilt unter Fachleuten sowieso als zu gering, um die drohenden Fahrverbote in den Städten wirklich verhindern zu können. Das sehen wohl auch die am Gipfel beteiligten Politiker so, die im Anschluss alle von einem „ersten Schritt“ sprachen.
Das Dumme ist nur: Wie eine Flutwelle rasen etliche Klagewellen auf uns zu, die unsere Städte mit allgemeinen Dieselfahrverboten zurücklassen könnten. Um im Bild mit der Flutwelle zu bleiben: Der eigentlich Ur-Instinkt des Menschen in solchen Szenarien ist eigentlich, die Beine in die Hand zu nehmen und sich in Sicherheit zu bringen. Doch was passiert auf dem Diesel-Gipfel? Man präsentiert uns einen „ersten Schritt“ und reicht uns Schwimmflügerl – nach dem Motto: Zieh die an und du wirst schon nicht nass werden.
Diese Haltung ist der Gipfel an Ignoranz. Als gäbe es kein Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts vom vergangenen Freitag, das Software-Updates für nicht ausreichend erklärt, um Dieselfahrverbote zu verhindern. Als gäbe es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass ohne Hardware-Nachbesserungen keine nennenswerten Luftverbesserungen erzielt werden können.
Ja, die Argumente, dass ohne Dieselfahrzeuge die CO²-Ziele nicht erreicht werden können, weil Benziner einen viel höheren Ausstoß haben als Selbstzünder, sind korrekt. Ja, die Nutzung von Elektrofahrzeugen ist lange nicht so umweltfreundlich wie dargestellt, weil die Herstellung der Akkus schon vor dem ersten gefahrenen Kilometer die Bilanz versaut. Ja, auch die Erdgas-Variante steht weiter unter dem Damoklesschwert der irgendwann zu Ende gehenden Ölvorräte.
Aber all diese Argumente beruhigen keinen Dieselfahrer, sie verstärken die Verunsicherung. Wer garantiert, dass künftige Euro-6-Motoren tatsächlich die Schadstoffgrenzwerte einhalten? Dass Benziner nicht das nächste Ziel großer Klagewellen sind? Dass Elektro-Fahrzeuge in großer Anzahl uns nicht an die Grenzen unserer Stromkapazitäten bringen?
Und selbst, wenn wir wollen würden: Wie schnell kann das Taxigewerbe umsteigen? Wie soll es das wirtschaftlich stemmen? Seit gestern wetteifern Fahrzeughersteller darum, wer die höheren Prämien für den Tausch „alt gegen neu“ bezahlt. Ford und BMW versprechen bis zu 4.000 Euro, wenn man sich einen Diesel mit neuem E6-Motor kauft. Toyota lockt mit ähnlichen Angeboten für alle, die auf ein Hybrid-Modell umsteigen.
Die Tatsache, dass alle diese Angebote nur für Privatkunden gelten, ist eine Frechheit gegenüber allen Gewerbetreibenden, die genau aufgrund der hohen Laufleistungen bisher auf Diesel-Modelle gesetzt haben. 15 Millionen Dieselfahrzeuge gibt es derzeit in Deutschland. Da ist eine kleine Randgruppe von 30.000 Dieseltaxis, der man darüber hinaus sowieso schon einen Verwerter Rabatt gewähren muss, zu vernachlässigen.
Dann doch lieber gleich auf Elektrotaxis umsteigen? Seit gestern ist endlich die unsägliche Eichrechtsverordnung modifiziert worden. Jetzt können auch (Elektro-) Modelle ohne offizielles Taxipaket wieder ein Taxi werden. Doch attraktive Angebote für Elektrotaxis sind deswegen nicht zu erwarten. Die Pioniere wie Tesla, Nissan, Hyundai und Co konzentrieren sich auf die Länder, in denen die Politik schon den Zeitpunkt für den Ausstieg aus den Verbrennungsmotor definiert hat: Norwegen 2025, Frankreich 2040, GB endgültig 2050. Dort wird auch massiv die Infrastruktur verbessert. Bei uns wird stattdessen ein Software-Update für einen Bruchteil aller Dieselfahrzeuge als „wichtiger erster Schritt“ verkauft.
Die Konzentration auf den Diesel mit getürkten Abgaswerten war ein Riesenfehler, für den alle noch teuer bezahlen werden müssen. Verantworten müssen dies sowohl die Manager der Fahrzeughersteller wie auch die Politiker der obersten Ebene. Doch deren Wille, dafür endlich geradezustehen, war gestern nicht zu spüren. Das ist die eine bittere Erkenntnis eines Diesel-Treffens, zu dem nicht einmal die Kanzlerin erschienen war und bei dem der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer auf die Einwände, Dieselverbote würden juristisch nicht aufzuhalten sein, mit dem Hinweis konterte: „Die Exekutive sind immer noch wir“. Seehofer stellt damit die Gewaltenteilung in Frage (Richter müssen unabhängig von der Politik, der Exekutive, sein) und somit eine tragende Säule unserer Demokratie.
Womit wir bei der zweiten bitteren Erkenntnis wären: Man muss sich nicht mehr nur Sorgen um die Taxibranche und den wirtschaftlichen Standort Deutschland machen. Man muss allmählich Angst um die demokratischen Grundwerte unseres Landes haben. Noch nie war eine Bundestagswahl so bedeutsam wie jene am 24. September 2017. jh
Foto: Taxi Times
Hinweis in eigener Sache: Diese Meldung können Sie auch in unserer Taxi Times-App nachlesen. Jetzt kostenlos runterladen.