Die Pariser Taxibranche verurteilt einen Fall von übler Nachrede: Der französische Verkehrsminister Beaune hat behauptet, in jedem dritten Pariser Taxi werde Kreditkartenzahlung verweigert.
Das Taxigewerbe ist oft ein einfaches Ziel für Politiker, um sich in der Öffentlichkeit zu profilieren. Kurz vor Silvester gab der französische Verkehrsminister Clément Beaune im sozialen Netzwerk X (ehemals Twitter) eine Warnung heraus, nachdem er plötzlich „entdeckt“ haben wollte, dass eines von drei Taxis in Paris die Bezahlung mit Kreditkarten verweigere. Er kündigte eine Verschärfung der Kontrollen und Sanktionen an.
In Paris hat Verkehrsminister Beaune nicht nur eine Warnung an Taxifahrer ausgesprochen, sondern auch eine überraschende Statistik veröffentlicht. Nach einem am 31. Dezember rasch durchgeführten Mystery-Test hätten Ermittler festgestellt, dass „jedes dritte Pariser Taxi“ die Zahlung per Kreditkarte verweigerte. „Ich habe der Taxibranche bereits gesagt: Das ist illegal und inakzeptabel. Wir werden die Kontrollen und Sanktionen verstärken.“ Das müsse allen klar sein, insbesondere 200 Tage vor Beginn der Olympischen Spiele 2024, zu denen in Frankreichs Hauptstadt Millionen von Besuchern erwartet werden. Nationale und lokale Behörden sowie das Taxigewerbe hoffen, dass Taxis bei den Spielen eine wichtige Rolle spielen werden. So erhöht die Pariser Regierung 200 Tage vor Beginn der Spiele die Zahl rollstuhlgerechter Fahrzeuge.
Nach Beaunes Aussage lehnt jeder dritte Pariser Taxifahrer die Zahlung mit Bankkarte ab, obwohl seit acht Jahren die gesetzliche Verpflichtung besteht, diese zu akzeptieren. Ein Nachrichtenteam von TF1 TV überprüfte am 1. Januar selbst die „mysteriösen Statistiken“ des Verkehrsministers. An einem der verkehrsreichsten Pariser Bahnhöfe, dem Gare du Nord, stellten sie fest, dass das erste Taxi keine Kreditkarten akzeptierte: „Das Terminal funktioniert nicht“, sagte der Fahrer. „Jeden Monat erhalten die Kreditkartenfirmen Provisionen von uns, wenn Sie deklarieren. Bargeld brauchen Sie nicht zu deklarieren. Das machen alle Taxifahrer“, versichert der Fahrer. Da scheint er von sich auf andere zu schließen. Der zweite Fahrer akzeptiert Kreditkarten ohne Problem, versteht aber Kollegen, die das nicht tun. „Das Bankterminal kostet uns 35 Euro pro Monat und die Gebühren betragen 0,13 Prozent“, erklärt er.
Hélène Manceron, Kollegin und Chefredakteurin von „100 % Taxis“, dem führenden französischen Taximagazin, bezeichnet die Behauptungen des Verkehrsministers als „total unbegründet“: „Einige Taxis versuchen immer noch, die Annahme von Karten zu vermeiden, aber das ist eine sehr kleine Minderheit. Seit dem Grandguillaume-Gesetz von 2016, das das Taxigewerbe in Frankreich komplett umkrempelte, haben sich die Zeiten geändert. Das Taxigewerbe wurde neu strukturiert. Seit sieben Jahren riskieren sie bei einer Kontrolle ein Bußgeld, wenn ihr Zahlungsterminal fehlt oder sogar eines nicht funktioniert.“ Sie nennt es einen typischen Fall von „Taxi-Bashing“, nur um am Ende des Jahres politische Aufmerksamkeit zu erregen.
Laurent Grandguillaume von der Sozialistischen Partei PS, Vater des Gesetzes, meldete sich selber auf X zu Wort, um kurz auf die Bemerkungen des Verkehrsministers zu reagieren: „#Taxi-Bashing, wenn es das einzige Transportmittel ist, das einen an alle Punkte des Staatsgebiets bringt 🚖 Ein Beruf, der in allen kritischen Momenten unseres Landes spontan mobilisiert hat. Anerkennung würde nicht schaden.”
Manceron: „Taxis, die mit Taxizentralen wie G7 oder Apha Taxis verbunden sind, akzeptieren seit langem Kreditkartenzahlungen, sogar mit der G7-App, In-App-Zahlungen, sogar sobald sich der Kunde in der App registriert hat und auch wenn der Kunde dies nicht tut oder kein privilegiertes Konto hat. Nicht angeschlossene Taxis verfügen in der Regel über Bordterminals vom Typ SumUp, für die kein Bankabonnement erhoben wird und die relativ geringe Provisionen bieten.“
„Warum hat unser Verkehrsminister diese Aussage auf X gemacht?“, fragt sich Manceron. „Im Moment habe ich keine andere Erklärung, als ein altes Vorurteil über die Branche bekannt zu machen. Die mysteriöse Untersuchung, die er angeblich durchgeführt hat, ist ebenso mysteriös wie die Ergebnisse, die er bekannt gibt, da er keine Quelle nennt. Etwas dürftig für einen Staatsvertreter, der mit dem Finger auf die Branche zeigt. Taxi-Bashing ist nach wie vor eine gute Möglichkeit für Politiker, auf sich selber aufmerksam zu machen, ohne dafür Geld auszugeben.“
Für den Präsidenten der Gewerkschaft CFTC Taxis, Nordine Dahmane, ist die Verschärfung der Kontrollen und die Erhöhung der Strafe auf deutlich mehr als derzeit 68 Euro keine Lösung. „Wir werden das Problem nicht durch Unterdrückung lösen. Die meisten Taxis akzeptieren gerne Kartenzahlungen, und eines Tages werden wir das zu 100 Prozent% tun können“, versichert er. Er weist außerdem darauf hin, dass Taxis, die Karten nehmen, besser mit Uber & Co. konkurrieren können. wf
Beitragsfoto: G7 Taxis
Man nehme ein paar Fakten aus dem Artikel: Französische Taxifahrer*innen sind seit vielen Jahren verpflichtet Kartenzahlung anzubieten – offensichtlich OHNE Ausnahmen.
Hélène Manceron hält die Vorwürfe für total (!) unbegründet. Gibt aber zu, dass eine kleine Minderheit sich der Kartenakzeptanz verweigert. Also: Von „total unbegründet“ kann also keine Rede sein
Ein Gewerkschaftspräsident des Gewerbes (Bravo, dass es ihn gibt) ordnet es sachlich ein: Die „meisten“ gerne und „eines Tages“(!!!) auch zu „100%“. Also irgendwann werden auch alle französischen Taxifahrer*innen Kartenzahlung akzeptieren…was sie ja schon längst müssten.
Meine Erfahrung gerade in Frankreich: Noch bei jeder (!) Taxifahrt – und ich bin in diesem Land seit Jahrzehnten sehr regelmäßig und gerne zu Gast – egal ob an den großen Bahnhöfen in Lyon, Paris und Rennes oder im kleinsten Dorf am Mittelmeer oder Atlantik wurde ich vor Fahrtbeginn (freundlich) oder am Fahrtende (barsch) darauf hingewiesen, dass Kartenzahlung NICHT möglich sei. Das mag Zufall und persönliches Pech sein
Trotzdem: Es dürfte ja in Frankreich GAR NICHT vorkommen. Und erinnert mich leider fatal an mein „Einsatzgebiet“ Oldenburg. Auch hier ist die Kartenakzeptanz zu jeder Zeit zwingend vorgeschrieben. Die Berichte der Fahrgäste über Nichtakzeptanz sind haarsträubend.
Wir haben in München ein ähnliches Problem, erst heißt es, ja klar Karte akzeptiert und dann ist plötzlich das gerät defekt oder der Akku leer, dann soll au kosten der Fahrgäste zum Geldautomaten gefahren werden.
Da wundert es nicht das die Fahrgäste zu freenow oder anderen wechseln, da gibt’s keine Probleme und Diskussionen über kartenzahlung, geht alles über die App.
die Fahrer/innen könne das Gerät wenn App Zahlung von der Taxi App kommt nicht bedienen.
Ich halte die Vorwürfe ebenfalls für einen Standard. Auch meine Erfahrungen als Kunde sind erschreckend. Allerdings reihen wir uns in das übrige Dienstleistungsgewerbe ein. Denn auch z. B. in Gaststätten wird aussen mit Akzeptanz geworden, bei der Bezahlung dann auch das plötzliche Phänomen, heute ist keine Kartenzahlung möglich.
Erinnert mich immer irgendwie an die Schilder: „Morgen hier Freibier“.