Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf für ein 49-Euro-Ticket vorgelegt, das am 1. Mai kommen soll. Das Wort Taxi kommt in dem Text erneut nicht vor. Dabei können Taxis der Schlüssel zur Mobilitätsgerechtigkeit sein.
Nach langen Debatten haben die Koalitionsfraktionen am Montagabend den erwarteten „Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes“ vorgelegt. Das Regionalisierungsgesetz (RegG) ist ein Teil des Eisenbahnneuordnungsgesetzes (ENeuOG) von 1993 und regelt ursprünglich die Regionalisierung des Bahnverkehrs, inzwischen aber des gesamten öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und soll eine ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖPNV auch in ländlichen Regionen sicherstellen. Das RegG besteht aus vergleichsweise wenig Text und vielen Zahlentabellen.
Im Unterschied zum Fernverkehr, der wirtschaftlich ist und keiner Zuschüsse bedarf, ist Nahverkehr in der Regel ein Zuschussgeschäft, das von den Ländern zu planen und zu organisieren ist, die dafür aber Unterstützung vom Bund benötigen. Diese Gelder des Bundes, die aus Einnahmen aus der Mineralölsteuer stammen, heißen Regionalisierungsmittel. Ihr Gesamtvolumen ist seit 1996 von knapp 4,5 Milliarden auf rund neun Milliarden Euro jährlich gewachsen und soll bis 2031 auf knapp 10,5 Milliarden steigen.
Um diese Mittel ging und geht es auch bei deutschlandweit gültigen Monatskarten für den ÖPNV wie das 2022 getestete Neun-Euro-Ticket und das nun geplante 49-Euro-Ticket. So wurde das Neun-Euro-Ticket vom Bund mit 2,5 Milliarden Euro finanziert. Über eine Fortsetzung wurde in Bund und Ländern viel gestritten. Vor gut sechs Wochen einigten sich die Bundesregierung und die Landesregierungen auf eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel, so dass von 2022 bis 2031 insgesamt weitere 17,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Die entsprechende Gesetzänderung trat im Dezember 2022 in Kraft.
Kritiker bemängeln aus Nutzersicht, dass solche Billig-Tickets Verkehrsteilnehmern in urbanen Gebieten großen Nutzen bringen, während ihr Nutzen in ländlichen Regionen teilweise dadurch verpufft, dass günstige Busfahrpreise wenig nutzen, wenn der Bus zu selten fährt. Diese Kritik hat das Taxigewerbe aufgegriffen und argumentiert, dass die Einbeziehung von Taxis in das Linienverkehrsangebot den Ländern immense Kostenersparnisse bringen, die Daseinsvorsorge sichern und nebenbei auch die Existenz zahlreicher Unternehmen retten würde. Gerade auf dem Land gelte es, Lücken zu schließen.
Das heutige RegG lässt Regionalisierungsmittel auch für die Einbindung und Subventionierung des Taxenverkehrs zu. Im zuletzt ergänzten Paragraph 2 heißt es: „Der Verkehr mit Taxen ist öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes, wenn er die in Satz 1 genannte Verkehrsnachfrage zur Beseitigung einer räumlichen oder zeitlichen Unterversorgung befriedigt.“ Diese Ergänzung, die im Zuge der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) festgelegt wurde, ist ein entscheidender Baustein, denn damit wurde überhaupt erst die rechtliche Grundlage geschaffen, dass Taxis, die im Auftrag und auf Rechnung der Kommunen den Linienverkehr ergänzen, aus den Regionalisierungsmitteln finanziert werden dürfen.
Allerdings müssen dazu nun auch die unterschiedlichen Nahverkehrsgesetze der Bundesländer angepasst werden, weshalb der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) letzten Sommer ein umfassendes Konzept dazu vor- und haarklein dargelegt hat, in wieweit der Bedarfsverkehr in den Nahverkehrsgesetzen der Bundesländer abzubilden sei (das Konzept ist auf der Internetseite des BVTM abrufbar). Wie Taxi Times vom BVTM erfuhr, kam bis heute keine nennenswerte Reaktion aus den Regierungsfraktionen zu diesem Konzept.
Wie schon 2021 bei den Debatten über die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) stoßen auch hier die Argumente des Taxigewerbes bei Politikern auf taube Ohren. Folge: Im nun vorgelegten Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes kommt das Taxi nicht vor. Der Entwurf schreibt fest, dass „etwaige Mehrkosten“ am geplanten 49-Euro-Ticket, „die den Unternehmen im Einführungsjahr durch Mindereinnahmen entstehen“, je zur Hälfte von Bund und Ländern zu tragen sind.
Der Kritik und den Appellen schließt sich auch der überregionale Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV) an. Bundesgeschäftsführer Patrick Meinhardt äußerte sich zum aktuellen Gesetzentwurf:
„Mit dem sogenannten Deutschland-Ticket ist mit viel Verzögerung ein Gesellenstück gelungen – solange aber nicht für den ländlichen Raum Mobilitätsgerechtigkeit geschaffen wird, ist man vom Meisterstück weit entfernt!“
Im Hinblick darauf, dass die Beratungen in den Ausschüssen und im Plenum des Bundestages und Bundesrates erst jetzt starten und die Fraktionen noch Änderungsanträge einbringen werden, wolle man als TMV weiterhin versuchen, die Tür beim Deutschlandticket für Taxis zu öffnen, indem man an die Verkehrspolitiker der Länder und des Bundes herantrete.
Unterdessen beginnen Landkreise und Kommunen, über eine Einbeziehung des Taxis in das regionale ÖPNV-Angebot nachzudenken. Nahazu zeitgleich zum Gesetzentwurf des Bundes wurden aus einem Landkreis in Nordrhein-Westfalen konkrete Pläne bekannt. ar
Beitragsfoto: Axel Rühle