Bei einer digitalen Infoveranstaltung zum „Projekt Zukunftstaxi“ standen heute die Ziele und die Lade-Infrastruktur im Vordergrund. Dazu wurden zahlreiche Fragen der rund 100 Teilnehmer beantwortet.
Die Telekom und der Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. (BVTM) haben heute Vormittag ihre Webinar-Reihe „Taxi Driving Innovation“ fortgesetzt. Einziges Thema der dreistündigen Veranstaltung, die von Taxi-Times-Redakteur Simon Günnewig moderiert wurde, war dabei das Hamburger „Projekt Zukunftstaxi“. Darin fördert die Stadt den Umstieg auf Elektro- und E-Inklusionstaxis mit bis zu 20.000 Euro.
Dirk Ritter von der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende stellte in seinem Vortrag den Umfang der Förderung und den genauen Ablauf vor. Anträge können ab dem 12. April per E-Mail eingereicht werden. Sie werden in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet. Ritter verspricht eine Zusage innerhalb von einer Woche. Liegt diese dem Unternehmer vor, hat er sechs Wochen Zeit, einen rechtsgültigen Kaufvertrag des E-Taxis vorzulegen. Die Konzessionierung des Taxis muss spätestens zum 31.12.2021 erfolgen.
Ritter nannte drei Ziele des Projekts: Erstens bedeute eine größere Zahl an Elektro- und E-Inklusionstaxis einen Qualitätsgewinn, der ganz im Interesse des Kunden stünde. Zweitens wäre es für die Taxibranche eine Stärkung ihrer Zukunftsfähigkeit und drittens erreiche man damit eine massive Hebelwirkung bei der CO2 Einsparung aufgrund der hohen Jahres-Fahrleistungen eines Taxis. Diese liegen im Schnitt bei über 70.000 Kilometern und habe damit einen Faktor 6 gegenüber Privatfahrzeugen.
Die Stadt müsse in den nächsten Jahren 1,4 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Elektro-Taxis könnten dazu rund 25.000 Tonnen beitragen, berichtete Ritter weiter und kündigte das Bestreben an, ab 2025 nur noch emmissionsfreie Taxis zuzulassen.
Hamburg wäre damit auf einer Wellenlänge mit anderen europäischen Städten wie Oslo, Wien oder Städte in den Niederlanden, die ähnliche Ziele formulieren. Darauf hatte vor Ritters Ankündigung auch schon Dominik Eggers Referent Public Affairs beim BVTM hingewiesen. Der Druck auf die Taxibranche zu einem Wechsel auf E-Mobilität würde auch in Deutschland ansteigen, weshalb die Thematik innerhalb des Bundesverbands zu den Kernthemen der gewerbepolitischen Arbeit zähle.
Auch Christian Brüggmann, Vorstand der Hamburger Taxen-Union, bekannte sich in seinem Vortrag zur Elektromobilität. Er appellierte an die Hamburger Kollegen, zahlreich mitzuziehen und hofft auf einen Nachmacheffekt bei vielen anderen Städten („Versuch macht klug“). Im Vergleich zu den ersten Bemühungen seines Verbands für einen Umstieg auf E-Taxis vor rund drei Jahren hätten sich die Einflussfaktoren deutlich verbessert. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Reichweiten zu gering waren, die Autos zu klein, der Kofferraum nicht ausreichend und die Ladesäulen zu wenig und zu langsam beim Laden seien.
Brüggmann zeigte Verständnis für die Zweifler, die ihre Bedenken weniger als Ausreden, sondern als Tatsachen sehen. „Aus der individuellen Sicht mag dies auch richtig sein. Ganz besonders wenn man sich weniger mit den Vorteilen und mehr mit den Nachteilen beschäftigt“, sagte der Unions-Vorstand. Trotzdem sei die Zeit nun reif. „Wir sollten nicht mehr erklären, warum es nicht funktionieren kann, sondern Lösungen aufzeigen, warum es funktioniert. Einfach mal machen.“
Dieses „Machen“ bedeutet, dass man als Unternehmer von der bisherigen Routine in eine neue Routine wechseln muss, was sicherlich zu Beginn nicht reibungslos klappen wird, wie Jürgen Starck in seinem Vortrag zugibt. Der Hamburger Unternehmer ist bereits auf E-Taxis umgestiegen und berichtete von seinen bisherigen Erfahrungen.
Eigene Ladesäulen hat er sich für seinen Zwei-Wagen-Betrieb nicht angeschafft, er nutzt die städtischen Ladesäulen und überrascht mit der Aussage, dass er meistens die deutlich langsameren AC-Stationen ansteuert als die Schnelllader (DC). Es passe in seinen betrieblichen Alltag deutlich besser, die Leerzeiten zwischen zwei Festfahrten zum Laden zu nutzen als am Schichtende von 20 Prozent auf 80 bis 100 Prozent hochzuladen.
Die Ladethematik hatte vor Starcks Erfahrungsbericht bereits einen breiten Raum während des Webinars eingenommen. Referenten aus den verschiedenen Bereichen der Lade-Infrastruktur hatten sowohl über den Status-Quo als auch über die Ziele berichtet. Thomas Börger, Leiter Mobilität bei Stromnetz Hamburg berichtete von den Bestrebungen, die bisherigen 1.000 AC-Ladepunkte auf 1.600 auszuweiten. Bis Herbst wolle man diese zudem auch noch mit Bodensensoren ausstatten, so dass die Information abrufbar wird, ob der Parkplatz vor einer Säule besetzt oder frei ist. Spätestens dann soll auch eine Reservierungsfunktion nutzbar sein. Von den insgesamt 65 Schnellladern sollen zwei DC-Ladesäulen ausschließlich dem Taxigewerbe zur Verfügung stehen.
Auch die Telekom betreibt in Hamburg über ihre CPO-Tochter Comfort-Charge Schnellladesäulen und wird zwei von ihnen demnächst ebenfalls exklusiv den Hamburger E-Taxis zur Verfügung stellen. Derzeit seien neun Ultra-Schnelllader im Hamburger Stadtgebiet aufgestellt. Insgesamt über 150 Säulen würden sich zudem über ganz Deutschland verstreuen, so dass Hamburger Taxifahrer auch bei Fernfahrten nach Kiel oder sonst wohin jederzeit und schnell wieder nachladen könnten, wie Robert Buch von Comfort Charge in seinem Vortrag klarmachte.
Sein Kollege Maximilian Schnelle von der Telekom konzentrierte sich bei seiner Präsentation auf jene Betriebe, die sich eine eigene Lade-Infrastruktur aufbauen wollen. Hierzu biete man sowohl Wallboxen an, die mit bis zu 22 kW pro Stunde für alleinfahrende Einzelunternehmer geeignet sind. Zum Serviceangebot der Telekom gehöre neben dem Verkauf auch die Installation sowie die Organisation der nötigen Genehmigungs- bzw. Meldevorgänge. Für Mehrwagenbetriebe bietet die Telekom Schnellladesäulen an, deren Anschaffungspreis im Vergleich zur Wallbox allerdings deutlich höher ist.
Diese Kosten relativieren sich allerdings, indem man auf die Fördermöglichkeiten für die Lade-Infrastruktur zurückgreift, beispielsweise eine Unterstützung über die KFW-Bank oder eine spezielle „Elbe-Förderung“. Hier unterstützt das Unternehmen HySolutions bei der Beratung und Antragstellung, wie Christoph Steinkamp in seinem Vortrag erläuterte. Die KFW-Förderung sollte man dabei als Privatmann beantragen, während man den „Elbe“-Antrag auf den Firmennamen stellen sollte. Zudem muss bei letzterer zwingend ein Betreiber der Ladestation mit eingebunden werden. Sämtliche Förderungen sind übrigens steuerfrei, das bekräftige Steinkamp auf Nachfrage eines Teilnehmers.
Rund 100 Interessierte hatten an der virtuellen Vortragsreihe teilgenommen und dabei zahlreiche Fragen per Chat formuliert. Zum Beispiel, ob die Förderung auch für Hybrid-Fahrzeuge gewährt wird, was Ritter verneinte. Einzige Ausnahme seien Fahrzeuge, die höchst 25 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen und rollstuhltauglich sind. Dadurch erscheine auch das London-Taxi (LEVC) auf der Liste der förderfähigen Fahrzeuge. Weiterhin, so betonte Ritter, sei das Projekt offen für alle Hersteller. So seien beispielsweise die batterieelektrischen Fahrzeuge von Volvo und Jaguar zwar nicht in der eigens produzierten Info-Broschüre aufgeführt, aber erfüllen alle Voraussetzungen der Förderung. Diese Hersteller wolle man aber auf einer speziellen Homepage der Behörde noch aufnehmen, sobald auch von dort entsprechende Angebote definiert werden – inklusive des Versprechens, dass die Modelle so rechtzeitig ausgeliefert werden, dass eine Inbetriebnahme bis spätestens 31.12.21 gewährleistet ist.
Hamburg meint es ernst mit seinem „Projekt Zukunftstaxi“ und dazu ziehen die Politik, die Behörde, die Hersteller, die Lade-Infrastruktur-Industrie, die Fahrtenvermittler und die Gewerbevertreter alle an einem Strang. Das wurde während des Webinars sehr deutlich. jh
Hintergrund: am 1. April 2021 hat die Stadt Hamburg unter dem Namen „Projekt Zukunftstaxi“ eine Fördermaßnahme gestartet, bei der die Anschaffung eines Elektrotaxis sowie der Umbau eines Taxis zu einem Inklusionsfahrzeug (Beförderung mit mindestens einem Rollstuhlinsassen) mit jeweils 10.000 Euro pro Taxi bezuschusst werden. Zur Verwirklichung arbeitet die Stadt dabei ganz eng mit Industriepartnern zusammen, zu denen die Fahrzeughersteller, die Anbieter der Lade-Infrastruktur sowie die Vermittlungsplattformen zählen. Taxi Times begleitet das Projekt als Medienpartner auf seiner Hamburger Website www.taxi-times.com/hamburg, auf Facebook sowie über eine WhatsApp– und eine Telegram-Gruppe.
Eine Übersicht über alle bisher veröffentlichten Beiträge finden Sie hier
Einige Beispiele:
31.3.21: Ankündigung: die Förderoffensive für Hamburger Taxiunternehmer
31.3.21: Nomen est Omen: Warum dieses Projekt eine Chance (verdient) hat
1.4.21: Zukunftstaxi-Projektpartner Mercedes-Benz: eVito Tourer und EQV
2.4.21: Zukunftstaxi-Projektpartner KIA: e-Soul und e-Niro
6.4.21: Zukunftstaxi-Projektpartner Volkswagen-PKW: ID.4
Beitragsfoto: Taxi Times