Anfang Oktober steht die Landtagswahl in Niedersachsen an und der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) positioniert sich mit dreiundzwanzig Wahlprüfsteinen zur kommenden Wahl. Auch wenn dabei in Teilen Forderungen aus Sicht des Taxi– und Mietwagengewerbes formuliert wurden, bereiten einzelne Punkte der Branche im Ergebnis möglicherweise Bauchschmerzen.
Unter anderem prangert der GVN in seinem Maßnahmenkatalog an, dass das gesetzliche Ziel für den ÖPNV nicht die Subventionierung der kommunalen Verkehrsunternehmen sein soll, wie es derzeit der Fall ist. Vielmehr fordert der GVN die sofortige Beendigung der Diskriminierung der Verkehrsunternehmen, die nicht von der öffentlichen Hand subventioniert werden. Es dürfe keine Rolle spielen, ob der Fahrgast von einem kommunalen oder privaten Busanbieter befördert wird.
Parallel fordert der GVN, Taxi- und Mietwagenunternehmen bei der Erstellung und Fortschreibung der Nahverkehrspläne einzubeziehen. Die Ausweitung bzw. Förderung des Bürgerbus-Systems lehnt der Verband ab, weil dabei für ein vergleichsweise geringes Fahrgastaufkommen viel öffentliches Geld ausgegeben wird. Vielmehr gelte es zu prüfen, ob On-Demand- und weitere Verkehre durch bestehende Angebote wie Taxi und Mietwagen erbracht werden können. Insgesamt prangert der GVN eine schleichende Verstaatlichung des ÖPNV an und fordert, alternativ die Anbietervielfalt im ÖPNV zu erhalten. Es gäbe keinen verfassungsrechtlichen Anhaltspunkt für die Kommunen im Nahverkehr auf ein Versorgungsmonopol.
Handlungsbedarf sieht der GVN auch bei der Mobilitätssicherung von Menschen, die auf eine Beförderung in Spezialfahrzeugen (Rollstuhltransport) angewiesen sind. Der Verband fordert hier landesweit einheitliche Taxitarife, einschließlich kostendeckender Taxitarifentgelte für die Beförderung von Menschen mit eingeschränkter Mobilität.
Uber & Co sollen nach dem GVN vor allem durch die aus dem novellierten PBefG vorgegebenen Sanktionen gebremst werden. Parallel sollen die Ausnahmegenehmigungen für Wegstreckenzähler, Alarmanlage und Taxifarbe auf ein Minimum eingeschränkt und die bereits im großen Umfang erteilten Ausnahmegenehmigungen auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Interessant ist die GVN-Forderung nach einer Gleichbehandlung bei der Umsatzsteuer im Reiseverkehr, damit eine spürbare Belebung der Branche und eine Perspektive für die Zukunft geschaffen wird. Es bedürfe einer Reduzierung der Mehrwertsteuer für Busreisen, sowohl für Tickets im Fernbus als auch für Fahrten im Gelegenheitsverkehr. Die Erfahrung beim Schienenfernverkehr zeige, dass eine niedrigere Mehrwertsteuer zu deutlich mehr Fahrgästen führe.
Fast zu komplex für ein Wahlkampfpapier wirkt dagegen die GVN-Position nach einem Kostenausgleichsanspruch für Schülerverkehre. Staatliche/kommunale Stellen dürften nicht sowohl die Fahrpreise als auch den Umfang der Fahrleistungen bestimmen, ohne einen Ausgleich für die Kosten zu leisten. Das Recht zur Fahrpreisgestaltung stünde nach dem PBefG dem Unternehmer zu. Über die Fahrpreisvorgaben den Verkehr zu kommunalisieren, sei eine unzulässige Umgehung der Eigenwirtschaftlichkeit.
Sehr alltagsnah ist dagegen die Forderung zur Möglichkeit von Kameraüberwachung des Fahrgastinnenraums für Taxi und Mietwagen. Der Einsatz der Videoüberwachung im Taxi/Mietwagen als Überfallschutzkamera sei derzeit aus Datenschutzgründen mit erheblichem Aufwand verbunden. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten aber, dass mit Einführung der Bildaufzeichnung die Zahl der Überfälle um über 90 Prozent zurückgegangen sei. Daher müsse die Kameraüberwachung im Taxi/Mietwagen zugelassen werden.
Besonders eine Formulierung lässt aber ernsthafte Probleme im Berufsalltag erahnen, wenn diese Forderung denn Eingang in die Rechtsprechung fände. Zum Thema „Ablenkung“ positioniert sich der GVN wie folgend: „Simsen, appen oder surfen hinter dem Steuer führe immer häufiger zu schweren Unfällen im Straßenverkehr und tippende Zeitbomben gehörten aus dem Verkehr gezogen“. Diese an sich begrüßenswerte Position unterlegt der GVN, indem er Pläne, das Handyverbot am Steuer auf andere elektronische Kommunikationsmittel während der Fahrt auszuweiten, ausdrücklich begrüßt. Die Strafen für die unzulässige Nutzung von Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmitteln während der Fahrt sollten spürbar verschärft werden. Als Branchenstimme für das Taxi- und Mietwagengewerbe, die ihre Aufträge vielfach über Displays in den Fahrzeugen erhalten, die dann durch Antippen bestätigt werden müssen, würde der GVN diesem Klientel so einen echten Bärendienst erweisen, da für den Fall einer Umsetzung keine Alternativen zur Verfügung stehen.
Auch die Forderung nach einer Verdichtung von Verkehrskontrollen treibt vielen Berufskraftfahrern den Angstschweiß auf die Stirn, denn bisher verstehen die meisten Kommunen ihr Kontrollprivileg oft eher als guten Weg, um den Haushalt aufzubessern. Blitzeranhänger, die beispielsweise auch nachts in fehlgeplanten Spielstraßen eingesetzt werden, dienen kaum der konsequenten Ahndung von Delikten, welche die Sicherheit auf den Straßen, aber auch die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Verkehrsunternehmer erhöhen. Die alternativ vom GVN geforderten Mindestlohnkontrollen aber lassen sich kaum auf der Straße realisieren. Daher verursacht auch die pauschale GVN-Forderung, die Kontrolldichte in Niedersachsen zu erhöhen und mehr Kontrollpersonal einzustellen, vielfach eher Bauchschmerzen, als dass sie branchenweit Begeisterung auslösen wird.
Nach der Lektüre des Forderungskataloges kommt aber in jedem Fall das Gefühl auf, dass sich das Verkehrsgewerbe inklusive des Gelegenheitsverkehres mit Taxi und Mietwagen selbstbewusst, aktiv, innovativ und konstruktiv mit guten Ideen in die aktuelle Mobilitätsdiskussion einmischen will und kann. Letztendlich wirkt diese Positionierung damit auch wie eine erste Konsequenz auf die Forderungen von Professor Dr Knie aus dem TMVdirekt in der letzten Woche. rw
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