Heidelberg ist ein Aushängeschild für den Deutschland-Tourismus. Bei so vielen internationalen Gästen wollte wohl auch Uber nicht fehlen und ist seit Mai 2023 in der Stadt am Neckar aktiv. Michael Käflein, Geschäftsführer der örtlichen Taxizentrale, hat Taxi Times seine Erfahrungen aus Sicht einer der ersten kleineren Großstädte geschildert, die von der neuen Eroberungswelle des Plattformanbieters infiziert wurden.
Die Stadt Heidelberg hat um die 166.000 Einwohner und liegt am Neckar, südöstlich an Mannheim angrenzend, mit dem Auto oder Zug nur eine gute Viertelstunde von diesem Herzen der Rhein-Neckar-Metropolregion entfernt. In Heidelberg verkehren aktuell 162 dort konzessionierte Taxis. Die Stadt Heidelberg hat inzwischen 93 Mietwagenkonzessionen erteilt, welche vor Ort von Uber-Partnern betrieben werden. Zusätzlich vagabundierten jedoch bis vor Kurzem noch regelmäßig Uber-Mietwagen aus Mannheim in die nahegelegene Touristenhochburg und gefährdeten damit zusätzlich die öffentliche Verkehrsordnung.
Das benachbarte Mannheim ist dagegen schon seit längerem eine Uber-Stadt, konnte jetzt kürzlich aber einige Erfolge bei der Eindämmung des daraus folgenden Mietwagen-Wildwuchses verzeichnen. Hier fanden behördlicherseits über Nachschauen bei den Mietwagenbetreibern statt, was dort dann zum Einzug von diversen Konzessionen führte. Über eine so genannte Nachschau können die Behörden Dateneinsicht in die Auftrags- und Abrechnungsunterlagen der Uber-Subunternehmen erzwingen. Heute gibt es keinen einzigen in Mannheim ansässigen Uber-Unternehmer mehr. Allerdings wird diese Lücke von auswärtigen Uberern gefüllt, die teilweise sogar aus Speyer oder Bad Homburg, aber eben auch aus Heidelberg nach Mannheim einfallen.

Michael Käflein, seit 1999 Geschäftsführer der Auto-Funktaxi-Vermittlungszentrale Heidelberg e. G., stellt wohl das Zentrum des Widerstandes gegen die Uber-Infiltrierung des örtlichen Fahrgastbeförderungsmarktes im Gelegenheitsverkehr dar. Käfleins Ziel ist inzwischen gar nicht mehr die Eliminierung des Uber-Angebotes für seine Stadt, denn denn dieser Kampf sei nicht zu gewinnen. Ihm geht es daher darum, Uber zu zügeln und in rechtlich akzeptable Schranken zu verweisen, um so einen fairen Wettbewerb vor Ort zu ermöglichen.
„Inzwischen haben wir in Heidelberg 93 Uber-Fahrzeuge“, berichtet Käflein. „Ein Teil davon bedient allerdings Mannheim, nachdem dort im Rahmen einer Nachschau Konzessionen eingezogen wurden.“ Eine Nachschau für Heidelberg habe im Übrigen, soweit ihm bekannt ist, keine Feststellungen illegaler Praktiken ergeben. Allerdings zahle Uber dort auch nach wie vor erhebliche Zuschüsse an seine Partnerbetriebe. Auch die Stadt Heidelberg hatte, ähnlich wie der Nachbar Mannheim, Nachschauen bei Uber-assoziierten Mietwagenunternehmen auf den Weg zu bringen versucht. Uber hat zwar postwendend dagegen geklagt, diese Klage vor dem Verwaltungsgericht aber verloren. Die Nachschau konnte schließlich erfolgen, führte aber zu weiteren Verzögerungen.
Das Heidelberger Taxigewerbe hat in der Vergangenheit nicht nur tatenlos zugeschaut, wie sich die Marktchancen für Uber & Co. entwickelten. Ähnlich wie in Frankfurt am Main wurde unter anderem ein Modell zur Zufriedenheitsabfrage der App-Kunden etabliert. Erfreuliches Ergebnis war, dass die Kunden der Heidelberger Kollegen dabei durchaus zufrieden mit deren Dienstleistung waren, denn immerhin ergaben sich 4,5 von maximal 5 Punkten als durchschnittliches Ergebnis dieser Befragungen von 14.000 Kunden. Die Heidelberger kooperieren im Übrigen seit einigen Jahren schon mit der Sixt-Ride-App. Zusätzlich zu den angeführten Maßnahmen strebt man auch für Heidelberg eine Zusammenarbeit mit Free Now an, wie sie in Stuttgart und jüngst in Erlangen aufgenommen wurden, und führte dazu schon im letzten Herbst ein Gespräch mit Alexander Mönch. Leider stockt die Sache im Moment jedoch, berichtet Käflein, wohl aufgrund des großen Andrangs von Taxizentralen bei Free Now.
Mit dem Ziel eines fairen Wettbewerbs vor Augen hat Käflein schon im Herbst 2021, direkt nach dem Inkrafttreten der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), nach dem dort neu etablierten Paragraphen 50 Mindestfahrpreise für Mietwagen für Heidelberg beantragt. Auch liegen – ganz aktuell – nun ein Funktionsfähigkeits-Gutachten zur Lage des Taxigewerbes und ein Entwurf für einen Mindesttarif für Mietwagen vor. Zusätzlich ist ein Antrag auf einen Tarifkorridor (-10 Prozent bis + 20 Prozent) abgegeben worden, der von Linne+Krause begutachtet und ausformuliert wurde. Eine Entscheidung der Behörden liegt in wenigen Tagen an. Käflein ist zuversichtlich, dass die Heidelberger Behörde im positiven Sinne entscheiden wird, und ist sich im Übrigen auch der Unterstützung des Gemeinderats sicher.
Käflein sieht, ähnlich wie andere Branchenkenner, seine örtliche Sachgebietsleitung dabei eher als neutral/unterstützend im Rahmen der gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten. Über die Erfolgsaussichten kann gegenwärtig nur spekuliert werden, was nachvollziehbar ist. Nicht nachvollziehbar erscheint ihm dagegen, warum die Schwarzarbeitsbekämpfung beim Thema Uber offensichtlich immer noch eine Beißhemmung hat, denn dass deren Geschäftsmodell ohne Schwarzarbeit kaum funktionieren kann, ist inzwischen mehr als offensichtlich.
Käflein sagt: „Wir gehen davon aus, dass wir mit dem oben angeführten Maßnahmenpaket den Abwärtstrend in unserer Stadt stoppen werden und mittelfristig wieder aufholen. Eines ist aber auch klar: Wir können damit verhindern, dass in Heidelberg Frankfurter oder Berliner Zustände um sich greifen. Eine Rückkehr zu den Zeiten vor Uber halten wir aber für illusorisch. Aber wenn Waffengleichheit herrscht, haben wir am Markt wieder eine Chance.“ Die Nutzung eines offensiven Qualitätsmanagements als Mittel der Wahl, um Uber am Markt zurückzudrängen, sieht Käflein dagegen zumindest kritisch. „Ein effektives Qualitätsmanagement lässt sich nur dann betreiben, wenn auch eine ausreichende Nachfrage besteht, insofern reicht dies allein als Gegenmaßnahme nicht aus. Ist das Geschäft mit den Touristen, den Geschäftsleuten und den Partygängern vor Ort erst mal fest in Uber-Hand, dann helfen auch keine Qualitätsversprechen mehr.“
Allerdings sieht er die Chance, mit der Kombination aus Mindesttarif, Tarifkorridor und der Einbindung der Plattform von Free Now mit Uber gleichzuziehen. Und: Bei Free Now wird sehr auf Qualitätsmanagement geachtet. Also werde es da auf diesem Gebiet auch Fortschritte geben.
Für das Jahr 2023 stellt Käflein im Vergleich zu den letzten Vor-Corona-Jahren einen Auftragsrückgang von ca. 20 Prozent für seine Zentrale fest. 2024 war im Vergleichszeitraum sogar ein Rückgang um äußerst schmerzliche 30 Prozent zu verzeichnen. Darüber, inwieweit parallel die Einsteigerverkehre zurückgegangen seien, kann er nur spekulieren, schätzt die Zahl aber um noch einiges höher ein. Dabei liegen die aufgerufenen Uber-Fahrpreise im Schnitt um 37 Prozent unter den örtlichen Taxitarifen. „Bei solchen Differenzen entscheidet dann natürlich nur noch der Preis, vor allem bei den jüngeren Fahrgästen. Mit Qualität brauchen wir insbesondere diesen Kundenkreisen nicht zu kommen“, stellt Käflein dazu fest.
Abschließend meint Käflein, Uber habe in Deutschland inzwischen durchaus Probleme. Behörden und Politik seien aufmerksam geworden, und mit den weltweit angewandten Praktiken der Plattform wie Dumpingpreisen, Lohndumping und Schwarzarbeit ist in Deutschland das Taxigewerbe wohl nicht zu vernichten. Diese Perspektive lässt ihn verhalten positiv in die Zukunft schauen. Parallel sieht er viele Fehler der Vergangenheit in örtlichen Versäumnissen, aber auch generell im Taxigewerbe selbst. Bisher hindere eben die Kleinteiligkeit des Gewerbes die Branche an großen Lösungen. Vor allen Dingen aber müsste bundesweit eine App für alle her, lieber gestern als heute. Als ersten Schritt biete sich dafür aus seiner Sicht die Zusammenarbeit mit Free Now als Königsweg an. rw
Beitragsbild: Remmer Witte
Herr Käflein spricht im Zusammenhang mit Schwarzarbeitsbekämpfung auf Seiten der Behörden von Beißhemmung. Dieses Wort möchte ich allerdings ihm auch zuschreiben im Zusammenhang mit der ihm im Artikel zugeschrieben Behauptung ‚Dieser Kampf (gegen Uber) sei nicht zu gewinnen‘.
Mit dieser Haltung hat man sich schon gebeugt, bald liegt man am Boden!
Mir ist selbst erst im Laufe des Erstarkens dieser illegal operierenden Mietwagen aufgefallen, dass es nur durch die smartphonegestützte Vermittlung plötzlich diese taxiartig handelnden Mietwagen gibt. Vorher waren das weitgehend schmerzfrei koexistierende Marktteilnehmer. Plötzlich ist aber die Zahl der taxiartig handelnden Fahrzeuge krebsartig gewuchert!
Als ob es eine Flut von neuen Taxikonzessionen gegeben hätte!
Solche Taxikonzessionen wurden aber nie erteilt und sind in der Zahl der dann in der Praxis auf der Straße angetroffenen taxiartig handelnden Mietwagen niemals genehmigungsfähig gewesen!
Die Kommunen haben aus dem PbefG heraus die Pflicht, das Taxigewerbe als Ganzes in ihrem Zuständigkeitsbereich funktionsfähig zu halten.
Der allerorten in Ubergebieten festgestellte Rückgang an Taxibetrieben und die gleichzeitig anwachsende Zahl an Mietwagen belegt eindeutig den Mißbrauch von Mietwagen als Pseudotaxi!
Mietwagen sind keine Taxis und sind nach ihrer im PbefG beschriebenen Funktion keineswegs gleichberechtigt. Nur das Taxi hat eben die Vorrechte, aber auch Pflichten des PbefG.
Im Zusammenhang mit dem endlich durchzusetzenden Datenaustausch (siehe im Artikel beschriebene Nachschau) kann mit dem angemessen über dem Taxitarif liegenden Mindesttarif auch die Rückkehrpflicht durchgesetzt werden. Ursprünglich war die Rückkehrpflicht das Mittel der Abgrenzung zum Taxi.
Mit der neuen Fassung des PbefG 2021 kam der Mindesttarif ins Spiel. Zu Beginn nicht so richtig erkannt, scheint er das wirksamere Instrument zu sein, um über marktwirtschaftliches Handeln(sprich den Preis) den Kunden zum Taxi zurück zu bringen. Wer für repräsentative oder längere Fahrten bucht, wird weiterhin Mietwagen nutzen. Außerhalb der Pflichtfahrgebiete sind wir sowieso im hoffentlich fairen Wettbewerb.
Aber der Bereich des öffentlichen Nahverkehrs mit Versorgungsauftrag ist die Domäne des Taxi. Siehe auch hierzu das Leipziger Urteil mit seiner bemerkenswerten, klaren Begründung.
Ein zweites Thema von höchster Dringlichkeit ist die einheitliche überregionale Vermittlung von Aufträgen.
Ob dafür ausgerechnet FreeNow der richtige Partner ist?
Wir brauchen einen in UNSERER Hand liegenden einheitlichen überregionalen Zugang für die Aufträge unserer Kunden. Genossenschaftliche Lösungen sichern uns den Einfluss noch am besten.
Verträge mit rein finanzorientierten Investoren bieten keine langfristige Sicherheit.
Kein Kuschelkurs bitte mit Raubtierkapitalisten. Die können uns ganz schnell mit ‚price-surging‘ oder einfach gesagt erpresserischen Verhandlungen die Haare vom Kopf fressen. Sobald die den Fuß in der Türe haben.
Sich mit dem Feind ins Bett zu legen, der nur darauf aus ist ordentliche Provisionen (12% plus) für jede Vermittlung zu nehmen, ist sehr kurz gedacht und bedeutet ein Sterben auf Raten. Selbst schuld!
siich selbst ins bein schiessen um den einbrecher einzuschüchtern
Einfach von Eurer Konzessionsbehörde das „Hamburger Modell“ fordern: „UBER nur mit Taxilizens“
Es kann ja leider sogar sein, daß unsere bundesweiten Funktionäre vor lauter Zeitnot nicht taxi times lesen und schon gar nicht die sog. Leserbriefe. Sonst hätte man ja wohl längst die profunden Schreiber
wie z.B. J. CHRONOR in die Arbeit (ja, ja, bezahlt !!!) eingebunden. Oder hat man etwa Angst vor deren Können oder gar Geldneid ?????
„Waffengleichheit“? Also Mindesttarife?
In diesem Fall hat sogar das Taxi das Momentum auf seiner Seite:
Da UBER-Partner für jede Fahrt mindestens 25% an UBER abgeben müssen, die höhere MwSt abführen müssen und die Rückkehrpflichten beachten müssen (auch hier wäre deutlich mehr Druck nötig!) ist das Modell UBER einfach nicht wirtschaftlich, da diese bei einem Mindesttarif teurer sein müssten als das Taxi.
Auch Kunden wird es wohl nicht zu UBER ziehen. Mag es bei Einhaltung des Mindestarifs ggü. dem Taxi zu kleinen finanziellen Vorteilen für den Kunden kommen, lohnt das nicht für UBER-Partner, da sie an Wochenenden oder Starkregen ihr Surge Pricing nicht mehr in ausgleichende Stellung bringen können.
Die Kunden würden erschreckt ihre UBER-App löschen.
Sauer und mit dem gezogenen Fazit: „An ruhigen Tagen spare ich bei denen ja vielleicht was, aber an regen Wochenenden und einigen anderen Tagen im Jahr ledern die mich voll ab!“
Darum Mindesttarif!