Die Ausschreibung zur Vergabe von sogenannten Sozialfahrten in Den Haag hat das Taxigewerbe und die Wasserstofflieferanten verärgert. Der Vertrag, der 2023 beginnt, schließt eine Beförderung durch Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb aus.
Der lokale Wasserstoffversorger – BP-Tankstelle Kerkhof und OrangeGas – zog deshalb vor Gericht und musste eine Schlappe einstecken. Das Gericht entschied am 12. Januar in dem Verfahren, welches gegen die Gemeinde Den Haag angestrengt wurde, im Sinne der Stadt. Die Entscheidung sorgte für Empörung und Unverständnis bei Befürwortern von grüner Mobilität, zumal die neue Regierung in den Niederlanden bereits stark in die neue Wasserstoffwirtschaft investiert hat. Für viele Taxibetriebe hat sich gezeigt, dass der Einsatz von wasserstoff-betriebenen Fahrzeugen praktikabler als der Einsatz batterie-elektrischer Fahrzeuge ist – gerade bei Sozialfahrten. Als Sozialfahrten werden in den Niederlanden Beförderungen von älteren Menschen, Behinderten und Schulkindern bezeichnet, deren Kosten der Staat übernimmt.
Der Ausschluss trifft auch teile des Taxigewerebs hart. So hatte beispielsweise der Taxibetrieb Noot Personenvervoer vor fast drei Jahren in 35 Toyota Mirai Taxis investiert. Bis zum Beginn des neuen Vertrags am 1. August 2023 werden die Fahrzeuge zur Beförderung von älteren Menschen, Behinderte und Schulkinder in Den Haag eingesetzt. In der neuen Ausschreibung eines 6 bzw. 8-jährigen Vertrags hat die Gemeinde Den Haag diesmal den Einsatz von Wasserstoff ausgeschlossen, weil angeblich zuwenig ‘grüner’ Wasserstoff verfügbar sei. Das wird vehement von den lokalen Lieferanten dementiert. Auch wird – unter Einfluss der Plug-in Elektrolobby – in den Niederlanden in solchen Ausschreibungen zunehmend Wasserstoff ausgeschlossen, mit der Begründung, dass häufig ‘Tank-to-Wheel’ (was aus dem Auspuff kommt) statt ‘Well-to-Wheel’ (die ganze Kette) gemessen wird.
Diskutiert wurde vor Gericht, ob die Gemeinde in der Ausschreibung verlangen darf, dass die (emissionsfreien) Sozialfahrten ausschließlich mit batterie-elektrischen Fahrzeugen durchgeführt werden und damit wasserstoffbetriebene Fahrzeuge ausschließen darf und ob dies eine rechtswidrige Handlung gegenüber dem Kläger darstellt. Im Sommer 2021 startete Den Haag diese Ausschreibung für den Zeitraum 2023-2028. Dabei strebte die Gemeinde einen emissionsfreien Verkehr auf Basis von nur batterie-elektrischen Fahrzeugen an.
Der Richter schloss sich jetzt der Vision und Argumentation der Gemeinde an und stellt in seinem vorläufigen Urteil fest, dass Den Haag bei dieser Ausschreibung durchaus zwischen batterie-elektrischen und wasserstoff-elektrischen Fahrzeugen unterscheiden darf. Nach Ansicht des Richters sind die beiden Energieträger nicht gleichwertig. Den Haag hatte betont, dass vor allem die Erzeugung von Wasserstoff alles andere als “grün” ist.
Im Gegensatz zu den emissionsfreien Wasserstofftaxis sei das Fahren mit (Grau-) Strom (also nicht 100 Prozent ‚grün‘) nachhaltiger, so die Gemeinde. Die H2-Unterstützer waren von der Entscheidung der Stadt, Wasserstoff komplett von der Ausschreibung auszuschließen, überrascht. Die Argumente der Gemeinde seien inhaltlich falsch und nicht nachvollziehbar.
Auch der belgische Wasserstoffspezialist Mark Pecqueur, Dozent im Studiengang Fahrzeugtechnik an der Thomas More University of Applied Sciences in Mechelen, ist über den Haager Ansatz äußerst überrascht: „Aber ja, jeder macht Fehler.“ Und der Wasserstoffspezialist stellt gleichzeitig fest, „dass die Elektrolobby in den Niederlanden groß ist. Ich sehe das so: Alles, was einmal Diesel war, wird zu Wasserstoff. Wer hätte gedacht, dass der Diesel etwas für PKW wäre, bis VW in den 70er-Jahren mit dem Golf auf den Markt kam. Ein Jahrzehnt später verkauften sie mehr Diesel- als Benzinversionen.“
„Und was den grünen Aspekt betrifft: „Die Leute denken immer noch, dass wir hier in Europa den erneuerbaren Wasserstoff herstellen werden. Die wirklich großen Mengen an erneuerbarem Wasserstoff werden aus Nordafrika und dem Nahen Osten kommen. Also wen interessiert die Rendite, solange sie emissionsfrei ist!“
Die am 3. August 2021 gestartete Ausschreibung ‘Harmonisierung Sozialfahrten’ zielt darauf ab, verschiedene Verkehrsströme im sozialen Bereich in Den Haag zu harmonisieren, inklusive den Schülerverkehr. Die geplante Vereinbarung hat eine Laufzeit von sechs Jahren, mit der Möglichkeit der zweimaligen Verlängerung um je ein Jahr. Das geplante Datum des Inkrafttretens der Vereinbarung ist der 1. August 2023. wf
Beitragsfoto: Das Haager Gericht urteilte zugunsten der Gemeinde: Wasserstoff sei für den Sozialfahrten nicht „grün“ genug. Noot Personenvervoer wird die Wasserstofftaxis anderweitig einsetzen müssen. Foto: Noot Personenvervoer